...ein Fenster und die Geschichte dahinter:
Unverbautes kleines einstöckiges Bauernhaus im Nachbardorf, um die vorletzte Jahrhundertwende errichtet.
Selten das es keine An- und Umbauten in dieser Zeit gegeben hat und dass die originalen Fensteröffnungen nicht verändert wurden.
Insgesamt ein für meinen Geschmack nettes Ensemble mit Scheune und Nebengebäude, was vor zwei Jahren meine Begehrlichkeit weckte um in dem letzten Lebensdrittel noch einmal den Resetknopf lange zu drücken.
Bedeutet Umzug nur mit dem Notwendigsten und Besinnung auf das Wesentliche. Stück Wald zur Brennholzversorgung, Brunnen/Zisterne für Brauchwasser und Nutzgarten samt Kleintiere.
Dazu eine kleine Werkstatt um den Lebensunterhalt bis zum MHD aufzustocken.
Aber das Leben ist kein Wunschkonzert und so steht dieses nette Anwesen weiter leer...
...durch die Flüchtlingshilfe im Dorf lernten wir den Besitzer dieses leerstehenden, etwa 8x12 Meter messenden Häuschens kennen und bekamen die Gelegenheit es von innen besichtigen zu dürfen.
Da es seit ca. 15 Jahren unbewohnt ist, war der Zugang nur mit Umweg möglich. Der Dornröscheneindruck atmet innen wie außen. Am Eingang sieht man auch gleich die einzige Wasserstelle - im Haus selber gibt es kein fließendes Wasser.
Im inneren habe ich verständlicherweise keine Bilder gemacht, weshalb hier eine Beschreibung genügen muß.
Der Eingang ist für diese Art Häuser traufseitig mittig. Links der Wohnbereich, rechts norm. der Stall und ein Zimmer.
Beim öffnen der Tür strömt uns gleich dieser Geruch alter Häuser entgegen, der zu einem großen Teil der Holzfeuerung geschuldet ist.
Der Flur, mit rechtseitiger steiler Treppe, ist schmal aber schön mit polierten Solnhofener Plattenkalk ausgelegt. Unter der Treppe ist ein Kellerabgang.
Links geht es die gute Stube und ein erste Überraschung erwartet uns. Alles ist fast so unberührt, wie es die über 90jährige Tante des jetzigen Besitzers zurückgelassen hat und großteils aus der Bauzeit des Hauses - eine Zeitreise wie in einem Heimatmuseum.
Die gute Stube war gleichzeitig Schusterwerkstatt ihres Mannes und kopfhoch mit grau gestrichen Holz verkleidet. Hier ist auch der einzige beheizte Raum des Hauses. Der Ofen steht noch prominent in der Mitte. Ein Drittel des Raumes ist durch eine Holzwand abgetrennt; dahinter das sog. Kabinettchen (eine warme Ruhestätte).
Geht man den Flur gerade durch, kommt man in die etwa 2,5x2,5 Meter große Küche. Hier die nächste Überraschung. Obwohl das Haus von 1906 ist, besitzt es noch keinen Ofen, sondern eine offene Feuerstelle zum kochen. An der Decke baumelt eine bunte Glaslampe mit Flaschenzug an der textilummantelten Elektroleitung, sowie einer Möglichkeit zur Stromentnahme an derselben.
Rechts im Flur eine Tür zum Ziegenstall und eine weitere Tür zum Verkaufsraum und Schuhlager. Ist wußte gar nicht, das dieses kleine Dorf so eine Infrastruktur hatte (Schuster). Hier wurden Schuhe aus eigener Produktion verkauft aber auch Schuhe aus dem nahe gelegen Bamberg angeboten.
Es riecht noch deutlich nach Leder und Schuhcreme.
Geht man die steile Treppe hinauf stößt man oben zuerst auf eine schwere Futterwaage, wie sie fast in jedem alten bäuerlichen Haus zu finden war. Links ist das große Schlafgemach. Es ist komplett möbliert mit Stücken aus der späten Gründerzeit. Mannshohe funierte Spiegel mit Kapitellen, schwere Bettgestell etc.. Auch die kleineren Schlafstellen rechtsseitig sind an den Dachschrägen sauber verputzt und geweißelt aber gänzlich unbeheizt.
Hier lebten bis zu 9 Personen ohne Bad und sonstigen Komfort aber verglichen mit uns modernen Menschen bei weitem verträglicher für ihre Umwelt.
Mal sehen, wie es mit dem Haus weiter geht...