AW: Fundstücke...
Will sagen, nur weil das hochnäsige Stadtmenschentum unserer Landeshauptstadt sich ihrer kulturell gewachsener Mundart nicht mehr besinnt, heißt das noch nicht dass die Bevölkerung des bayerischen Oberlandes intellektuell wenig differenziert ist. Diese Hypothese gibt die Tatsachen verkürzt wieder...
Das hab' ich aber auch nicht gesagt - ich halte die ländliche Bevölkerung Oberbayerns nicht für per se dümmer oder klüger als die Münchner Bevölkerung, aber besagte Landbevölkerung ist nun mal - wen wundert's - ländlich geprägt und stützt sich auf die Sitten, Gebräuche und Denkweisen des ländlichen Raums (auch, wenn wiederum klar ist, dass sich da ab dem 20. Jahrhundert einiges geändert hat). Und zu diesen mentalen Traditionen gehört nun mal die kritisch-ironische Selbstbetrachtung des lokalen Gemeinwesens eher nicht, das ist halt ein großstädtisches Phänomen. Typisch ist doch eher das Beharren, eben das "Des hamm mir schon imma so g'macht (und daher muss es richtig sein) und das "Mia san mia (und wem's nicht paßt, der soll sich schleichen)"; das Verständnis für anders Denkende/anders Handelnde/anders Aussehende/anderswo Lebende stößt doch immer schnell an Grenzen, und die 'liberalitas bavariae' ist eine - höflich gesagt

- relativ spezielle Variante der Toleranz ...
Und das vom Edi erfundene Bayern-Gleichnis "Laptop und Lederhose" stimmt ja auch irgendwie, nur eben doch nicht so gleichmäßig: Natürlich ziehen auch die Laptop-Münchner zum Oktoberfest gerne mal die Lederhose an (wirken sehr dekorativ, diese Faschingskostüme "im Bayrischen Stil"

) und natürlich ist die Landbevölkerung durchaus in der Lage, einen Laptop zu bedienen, aber es sind doch immer noch zwei unterschiedliche "Welten", auch, wenn sich das stellenweise mischt.
... weist doch gerade die Gegend südlich Münchens eine kulturell wert- und reizvolle Landschaft auf, in der sich die Bewohner durchaus poetisch und vielfältig im Bewußtsein echter und gelebter Traditionen auszdrücken verstehen.
Absolut, ja; die Landschaft ist wundervoll, die Luft geradezu berauschend gut, das Bier einzigartig - Bayern ist ein schönes Urlaubsland ...

Aber wie las ich doch gerade gestern in der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung: Die Bayern sind sich einig, dass man lieber keinen Preußen (Achtung, liebe Nicht-Bayern: Ihr seid aus bayrischer Sicht auch Preußen, egal, ob ihr in Nord-, West- oder Ostdeutschland lebt ...) derschlogn soll (ich übersetz' das mal lieber nicht ...), weil sonst 100 andere Preußen zu seiner Beerdigung kommen, von denen dann 99 hierbleiben, weil es hier so schön ist ...
"Wir brauchen kein Gegenargument, weil wir sind schon dagegen!" (Gerhard Polt - Miesbach - Oberland)
Ja, auch das ist typisch und traditionell bayrisch - dieser Zug ins Anarchische ...
