Ich bin ja immer etwas zwiegespalten, wenn Oldtimer "artgerecht" bewegt werden, denn "dafür wurden sie gebaut".
Einerseits stimmt das natürlich, andererseits würde man auch keinem Menschen im Rentenalter Dreischicht im Bergwerk zumuten.
Das geht mir auch so:
Einerseits ist es schade, wenn ein seltenes Schmuckstück zu Bruch geht.
Andererseits ist es aber auch schade, bei einem echten Rennen auf einer echten Rennstrecke (nix "Gleichmäßigkeitsprüfung") echten Rennwagen bei einer Spazierfahrt zuzuschauen.
Am Ende wäre mir dort die echte Action lieber, notfalls auch mit Bruch und ganz sicher beides, sollte ich selbst fahren und das Auto mein eigenes sein. Das wird aber mit echten Oldtimern bei echten Rennen sicher nicht passieren, nicht mal irgendwas davon.
Mit dem Wintereinsatz sehe ich es ähnlich:
Wer auf genügend Oldtimer und Normalfahrzeuge zugreifen kann, muss sicher keinen ausgesprochenen Schatz im Alltag bewegen, aber ich bin jedes Mal beeindruckt, wenn es eben doch jemand tut.
Dann denke ich eher: "Siehste, so war das mal gedacht und funktioniert auch immernoch!", als "Oh, der arme Oldtimer."
Hier in Kassel tauchte 20 Jahre lang immer wieder mal ein BMW 1800 TiSA auf, nachträglich leicht angehottet mit Überrollbügel usw., aber ganz normal im Straßenverkehr - und am Steuer saß ein weiterer Oldtimer, der das Gerät irgendwann mal so gekauft, angehottet und auch auf Pisten gefahren hat, als er noch jünger war. Der Wagen war in gutem Zustand, aber nicht traumhaft restauriert, falls überhaupt jemals. Sowas finde ich einfach nur cool und vergleiche es eher damit, dass auch ein Opa mit 80 Jahren natürlich noch Jeans tragen darf, statt beiger Bundfaltenhosen.
Dann denke ich gerade, ob "Seltenheit" wirklich ein Argument ist.
Ich fahre seit 19 Jahren ganz normal, Sommer wie Winter und früher auch erbarmungslos bei Trackdays, einen Allerwelts-Hausfrauenkombi, der in Wirklichkeit alles andere als allerweltsmäßig ist - nämlich in dieser Ausführung (Karosserie und werksseitiger Motor) nur noch 6 Mal in Deutschland zugelassen und mit dem Motorumbau vielleicht der einzige.
In den letzten 10 Jahren bin ich im Straßenverkehr häufiger einem Bugatti Chiron begegnet, als einem Accord Aerodeck "CB", nämlich vier Mal zu kein Mal. In 19 Jahren bin ich auch insgesamt nur vier anderen CB-Aerodecks begegnet.
Wert ist der Hausfrauenkombi nach wie vor nur ein paar Hunderter, schön war er nie und ich hätte auch wenig Bedenken, ihn zu zersemmeln, falls er nochmal rennstreckentauglich werden sollte, oder auch einfach so.
Fehlen würde er mir anschließend trotzdem, und Ersatz würde sehr schwierig werden.
Im Vergleich dazu hat mein Bruder hat mehrere alte BMWs aus der "Neuen Klasse", von denen bestimmt auch mal wieder einer fahrfähig wird, dann in gutem Zustand als echter Oldie.
BMW 2002 tii gab es laut KBA-Statistik in Deutschland über 300 zugelassene, als ich zuletzt geschaut habe.
Gegen den Aerodeck ist der tii also das Allerweltsauto, trotzdem ist er viel mehr wert - uns ganz persönlich, aber auch in echtem Geld aufgewogen.
Ob mein Bruder den tii auf einer Rennstrecke "voll Stoff" fahren würde, falls es mal dazu kommen sollte?
Aber sicher!
Polycarbonat-Scheinwerfergläser werden im Alter übrigens auch zu einer recht kritischen Sache und möchten wie rohe Eier behandelt werden.
Ein Kumpel wollte seine vom Coupe jetzt 2 Wochen vor dem TÜV ein bisschen aufpolieren und versiegeln. Scheinwerfer auseinandergebaut, die geklebten Polycarbonatabdeckungen vorsichtig heraus gelöst und mit polieren angefangen. Blöd nur, dass das 25 Jahre alte Plaste schon soviele Weichmacher verloren hat, das es auf die Prozedur überhaupt keinen Bock mehr hatte mit dem Ende vom Lied, dass die Scheinwerfer jetzt irreparabel zerstört sind.
Meine Erfahrung damit:
Lieber in eingebautem Zustand gut und gleichmäßig von Hand anschleifen, nass mit 800er, bis alle vergilbten Bereiche verschwunden sind. Dann ordentlich abwaschen, rundum alles abdecken und mit normalem 2K-Acryl-Klarlack lackieren, plus einem Schuss Weichmacher.
Das hält für ca. 6-10 Jahre ganz passabel und platzt auch nicht großflächig ab, obwohl man ja davon ausgehen muss, dass Polycarbonat sich überhaupt nicht vernünftig lackieren lässt. Falls das überhaupt wirklich Polycarbonat sein sollte, bei den Scheinwerferabdeckungen.
Eingebaut oder jedenfalls zusammengebaut lasse ich die Scheinwerfer, um keinen Bruch zu riskieren, und ich schleife von Hand, um rechtzeitig zu merken, wenn was schief geht oder nichts mehr bringt.
Dafür habe ich schon zu viele "wellig polierte" Abdeckungen nach Maschineneinsatz gesehen.