Lieber
@USC,
meine Augen sind vom Rollen nach oben, dann nach hinten und unten herum und wieder zurück immer noch nicht wieder richtig nach vorne ausgerichtet. Meine Haare stehen vom Kopfschütteln ab wie auf dem Photo von
@DocEmmetBrown und wäre ich Gebissträger, wären meine Dritten rausgeflogen und hätten nicht nur Scheiben, sondern ganze Wände durchschlagen.
Ich bin ein wenig ratlos. Es steht doch alles in den Links, die ich in meinem letzten Post versendet habe. Gelesen?
Du machst ein Experiment, machst Dir die völlig falschen Gedanken dazu, was dabei passiert und was Du dabei als Schlußfolgerung ziehen kannst. Du schreibst dann unglaublich viel dazu und forderst ungebührlich ein, man möge Dir aufzeigen, wo denn da bitteschön ein Fehler darin sein soll. Das ist ganz schön aufwendig, ich weiß gar nicht, wie ich das anstellen soll, ohne Dir (zu sehr) auf die Füße zu treten (was ich durch das herauslassen von Namen in meinem letzten Posting versucht habe).
Zunächst mal ganz grundsätzlich zu der völlig falschen Interpretation Deines Experimentes: Über das Gewicht an der Kurbel bringst Du das Laufrad von einem ruhenden Zustand in einen bewegten. Du beobachtest, dass das trägere Rad langsamer beschleunigt wird und sich nach der Beschleunigung langsamer dreht. Und dann leitest Du völlig --- aber wirklich: VÖLLIG -- falsch davon ab, die gleichmäßige Drehbewegung an sich würde Energie "kosten".
Du schreibst ja, dass Du ein abgeschlossenes FH-Ingenieurstudium hinter dir hast. Ohne Dich ärgern zu wollen, aber da bin ich wirklich ein wenig erschrocken. Ich stelle selber Ingenieure (meist TU, aber auch FH) und Chemiker ein. Mit der Ausbildung erwarte ich dann schon die Fähigkeit, Zusammenhänge, wie diese hier von alleine komplett richtig zu verstehen. Das versetzt meinem Glauben an eine grundsätzlich gute Ausbildung an deutschen Hochschulen jetzt wirklich einen herben Schlag. Keine Koketterie. Aber ob Du wirklich einen solchen Abschluss hast?
So, jetzt mal zu der Frage, was bei Deinem Experiment eigentlich passiert ist und wie man das mechanisch richtig beschreiben würde (und wie ich das von einem Ingenieur erwarten würde, unabhängig davon, ob er das in seinem Beruf täglich macht):
- Du bringst über die potentielle Energie der Lage des Gewichts m_gewicht Energie in Dein System ein. Das Gewicht senkt sich ab um genau die zweifache Kurbellänge l_Kurbel. Demgemäß ist die Energie der Lageänderung: E_input = m_gewicht * g * (2 * l_Kurbel).
- Nach dem Erreichen des unteren Totpunktes der Kurbel ist die in das System eingebrachte Energie in kinetische Energie umgewandelt worden. Damit gilt E_input = 1/2 * J_Laufradsatz * omega^2. Dabei ist J das Massenträgheitsmoment und omega die Winkelgeschwindigkeit. Schon hier kann ich folgendes sehen: Da E_Input ja gegeben ist, wird bei einem trägeren Laufradsatz mit größerem Massenträgheitsmoment J eine kleinere Winkelgeschwindigkeit omega herauskommen, damit auf der rechten Seite zahlenmäßig der gleiche Wert herauskommt.
Genau hier hat es bei Dir mit dem Verstehen nicht geklappt: Du interpretierst die langsamere Geschwindigkeit als "Bremsmoment bei der gleichmäßigen Rotation schwerer Körper".
Die Betrachtung vernachlässigt die Reibung in der Kurbel, in der Kette, in der Nabe und den Luftwiderstand des LRS. Vernachlässigt wird ebenso, dass die Tretkurbel sich über den unteren Totpunkt hinaus weiterbewegt, dann zurückschwingt und zur Ruhe kommt. Die kinetische Energie von Kurbel und Gewicht im unteren Totpunkt wird nicht an den LRS weitergegeben.
- Nachdem der Antrieb durch das Gewicht beendet ist, dreht der Laufradsatz weiter, aber nicht drehmomentfrei. Wir haben in der Nabe einen Widerstand und der Luftwiderstand trägt ebenfalls zum Abbremsen bei. Der weniger träge Laufradsatz verliert tendenziell mehr Energie durch den Luftwiderstand, weil dieser quadratisch mit der Geschwindigkeit steigt und er ja schneller dreht als der träge LRS. Das trägt tendenziell zum früheren Stillstand beim weniger trägen LRS bei. Unterm Strich kann man aber keine Aussage treffen, welcher LRS eher stehenbleibt, denn da spielt die Lagerreibung eine wichtige Rolle, ganz besonders auch die Dichtungen der Lager. Da könnte der eine oder der andere LRS eher stehenbleiben, man weiß es nicht.
- Wenn man denn unbedingt wollte, könnte man den gesamten Bewegungsablauf auch ganz einfach mathematisch mit zwei gekoppelte Differentialgleichungen beschreiben, und zwar ohne die oben gemachten Vereinfachungen:
(1/Übersetzungsverhältnis*(J_Kurbel + m_gewicht*l_Kurbel) + J_LRS) * d_omega/d_t = { sin(phi_kurbel) * m_gewicht * g * l_Kurbel - 1/Übersetzungsverhältnis * M_Reib_Kurbel } - M_Reib_LRS - 1/2* C_Luftwiderstand * (l_kurbel * omega)^2 * l_Kurbel
d_phi_kurbel/d_t = 1/Übersetzungsverhältnis * omega
mit den Anfangsbedingungen der beiden DGL omega(t=0) = phi_kurbel(t=0) = 0
Dabei sind:
o omega - Winkelgeschwindigkeit des LRS
o phi_kurbel - Winkelstellung der Kurbel, 0 entspricht oberen Totpunkt
o J_Kurbel - das Massenträgheitsmoment von Kurbel und Kette
o J_LRS - dito für LRS
o Übersetzungsverhältnis das Verhältnis der Drehung zwischen Kurbel und LRS
o sin(phi_kurbel) * m_gewicht * g * l_Kurbel ist das Moment, das das Gewicht in Abhängigkeit von der Kurbelstellung phi_kurbel bewirkt
o der letzte Term beschreibt den Luftwiderstand mit der quadratischen Abhängigkeit von der Geschwindigkeit (d_phi/d_dt)
o die zweite Differentialgleichung integriert aus der Winkelgeschwindigkeit der Tretkurbel den Winkel der Tretkurbel, der für das Winkelabhängige Moment des am Pedal befestigten Gewichts benötigt wird.
Das Gleichungssystem gilt, bis das Gewicht unten angekommen ist, also phi_kurbel = 180° bzw. phi_kurbel= pi. Danach wird der in der geschweiften Klammer gesetzte Term auf Null gesetzt bis die Geschwindigkeit omega Null erreicht hat.
Das ganze könnte man jetzt numerisch lösen, Größen wie die Reibmomente und C_Luftwiderstand wären entweder experimentell zu bestimmen (dazu bräuchte man nur wenige gezielte Versuche) oder abzuschätzen. Mit einem Werkzeug wie Scilab (kostenlos) wäre das für einen **STANDARDMÄSSIG AUSGEBILDETEN INGENIEUR** nicht weiter schwierig und in einem Viertelstündchen erledigt. Der STANDARDMÄSSIG AUSGEBILDETEN INGENIEUR schreibt sowas auch einfach hin, das hat er ja mal gelernt und er hat hoffentlich auch einen Berufsethos, der ihn nicht nach jeder Prüfung hat sagen lassen "Gut das ich das hinter mir habe, das macht keinen Spaß, das braucht kein Mensch, das vergesse ich jetzt schnell mal wieder!".
Ich befürchte, mein lieber
@USC, von all dem verstehst Du nichts. Das wäre ja nicht schlimm, aber schlimm ist, dass Du es nicht verstehen willst, es noch nicht einmal versuchst. Lektüre hatte ich Dir genug angeboten.
Auch wenn ich nicht auf Details Deiner Ausarbeitung eingehen möchte (das ist einfach zu krude), hier zumindest der erste Einstiegspunkt in Deiner "Herleitung":
Also muß ich die Analogie zwischen Rotation und Translation herstellen:
1/2mv^2=1/2Jw^2 daraus folgt: mv1^2/mv2^2=J1w1^2/J2w2^2
Hier hast Du völlig wahllos Dinge gleichgesetzt, die nicht gleich sind. Wo kommt das her? Das sind jeweils von der Termform her kinetische Energien. Warum sollten die gleich sein? Das einzige was, man hier sinnvoll mit den Termen machen könnte, wäre die Betrachtung der Gesamtenergie E_ges = 1/2mv^2 + 1/2Jw^2. Das hätte dann eine gewisse Bedeutung. Siehe oben, was man mit der Energieerhaltung erreichen kann, wenn man sie denn richtig anwendet. Im Übrigen hatte ich schon gefühlt 100fach geschrieben, dass v und omega natürlich gekoppelt sind (Umfangsgeschwindigkeit = Gesamtgeschwindigkeit) und sich dadurch beides auf einen Term zusammenfassen läßt (sofern man weiß, wie sich J ergibt) in dem nur noch Massen und die Geschwindigkeit v vorkommen, siehe Links meines vorherigen Postings
Das Ganze macht schon den Eindruck, dass Du einfach nach Belieben eine Formel aus dem Physikbuch herausgegriffen hast, ohne auch nur ansatzweise das dahinterliegende Konzept verstanden zu haben. Am Impuls hat Dich wahrscheinlich der "Impulsantrieb" von Raumschiff Enterprise angesprochen. Anders ist das kaum mehr zu erklären.
[PerlenVorDieSäueModus]
Nur der Vollständigkeit halber, wo man die Impulsbilanz z.B. anwenden kann, denn Du hast ja keinerlei Plan, wozu diese da ist.
Wenn sich zwei Körper, z.B. Billiardkugeln, vollkommen elastisch treffen, so gilt im Vergleich vor dem Stoß und nach dem Stoß der Impulssatz und die Energiebilanz. Darüber bekommt man die Geschwindigkeiten beider Kugeln heraus.
Beim unelastischen Stoß (zwei Lehmkugeln, die dabei "verschmelzen) gilt der Impulssatz, aber nicht die (kinetische) Energieerhaltung. Da sich beide Körper nach dem Stoß mit der gleichen Geschwindigkeit bewegen, reicht die Impulsbilanz aus, um diese Geschwindigkeit zu berechnen.
Über den Impulssatz kann man wunderbar bei strömenden Fluiden rechnen, welche Kräfte zum Beispiel an Düsen oder Rohrbögen wirken. Gutes Beispiel ist der Düsenantrieb.
Wenn man den wollte, könnte man auch ohne Problem bei einem zeitveränderlichen Vorgang den bewirkten Impuls berechnen, der z.B. durch ein ungleichmäßig auf das Pedal tretender Fuß bewirkt. Der Impuls ist nämlich das zeitliche Integral über die veränderliche Kraft. Genauso wie das zeitliche Integral über das ungleichmäßig über den Fuß in die Tretkurbel eingebrachte Drehmoment am Ende den Drehimpuls bewirkt. Das will man hier aber gar nicht berechnen, denn die Energiebilanz und die Bewegungsgleichung F = m*a sind alles was man für die Zusammenhänge braucht.
[/PerlenVorDieSäueModus]
Den ganzen Kram hier habe ich weitestgehend heute morgen schon geschrieben, da wusste ich noch nicht, wie sich das in dem Thread weiterentwickelt. Bei der Ignoranz glaube ich inzwischen auch an einen Mega-Troll. Ich sende es aber trotzdem ab, vielleicht ist es für den einen oder anderen ganz interessant.