@Sechsmalpapa Meine kritische Haltung bezieht sich auf innerörtliche Radwege. Ein Blick in Unfallstatistiken zeigt nämlich (leider), dass überdurchschnittlich viele und schwere Unfälle mit Radlern dort passieren, wo Radler auf einem Radweg unterwegs sind, geradeaus fahren wollen und dürfen und auch Vorfahrt haben, aber der abbiegende Autoverkehr übersieht sie - und das war's dann.
Verkehrsteilnehmer, die vom Autofahrer nicht als "im Verkehr teilnehmend" wahrgenommen werden, werden deutlich weniger beachtet bzw. fallen einfach aus dem Aufmerskamkeitsraster des Autofahrers heraus. Das hat mit dem Auto nichts zu tun, sondern mit der menschlichen Aufmerksamkeit. Beim Abbiegen werden diese anderen Verkehrsteilnehmer dann übersehen.
Radler, die direkt im Verkehr "mitschwimmen", werden dagegen dauerhaft wahrgenommen und damit in einen Abbiegeprozess einbezogen. Das sichert sie. Verkehrsplaner haben sich deshalb längst ausführlicher mit Radschutzstreifen befasst, die natürlich auch ihre Grenzen haben, weil diese eben sichereren Raum für Radler erzeugen und den Radler gleichzeitig in der Wahrnehmung anderer Verkehrsteilnehmer belassen.
Radlerunfälle auf der Geraden bzw. im fließenden Verkehr sind dagegen durchaus selten. Für diesen Verkehr ist ein Radweg deshalb als Sicherheitsmaßnahme weniger bis gar nicht erforderlich.
Natürlich gibt es in Großstädten mehrspurige Hauptstraßen, die radverkehruntauglich erscheinen. Da mag es anders aussehen, auch wenn ich da dann durchweg raduntaugliche Wegeführungen vorfinde. Wenn der Autofahrer auf der Vorfahrtstraße durchfahren kann, muss der Radler ständig anhalten, weil der abbiegende Straßenvekehr Vorfahrt hat. Das kostet den Radler Kraft und Nerven - und Motivation.
Der Gesamtzusammenhang dieser Verkehrsführungen ist natürlich klar: Man hat den Autoverkehr geplant und dann den Radverkehr irgendwo dazwischengefriemelt, wo noch Platz war.
Hinzukommt, dass Radwege in ihrer Wegeführung und Ausgestaltung schon lange nicht mehr am tatsächlichen Radfahren orientiert sind. Abgesehen davon, dass sie vielerorts in katastrophalem Zustand sind, sind sie vor allem viel zu schmal und Kurvenradien erheblich zu eng. Ein Verkehrsplaner hat mir bestätigt, dass Radwege für ein Tempo von 15 bis 20 km/h ausgelegt sind. Spätestens seit dem Aufkommen der Pedelecs ist das ein Treppenwitz und macht viele Kurven viel zu eng bzw. sie hindern den Verkehrsfluss.
Da Radler sehr unterschiedlich schnell unterwegs sind, was bei Autos im städtischen Autoverkehr viel weniger bis gar nicht der Fall ist, kommt es hier ständig zu Überholsituationen. Hierfür sind Radwege viel zu schmal, weil es ja auch nicht vorgesehen ist.
Ich weiß, dass viele Menschen Angst vor dem Autovehrkehr haben und deshalb das Rad stehen lassen. Ein Radweg würde sie vielleicht zum Radfahren bringen. Aber die dadurch gefühlt höhere Sicherheit, die faktisch an vielen und eben entscheidenden Orten eine geringere Sicherheit bedeutet - ist das die Situation, in die man Menschen bringen möchte, die ohnehin wenig bis keine Routine Alltagsradverkehr haben?
Die Situation mit Kindern bedarf sicher ganz besonderer Vorsichtsmaßnahmen. Meine Erfahrungen hier sind aber die, dass Kinder vor allem durch ihre Größe Probleme haben: Sie sehen weniger und werden spät gesehen oder übersehen. Hier müssen die Eltern mit mehr Überblick ran. Ich bin mit meinen Kindern immer so gefahren, dass sie vor mir fahren, so dass ich nah an ihnen dran bin, seh, was sie tun, und entsprechend "anweisen" kann. Hinter mir war ich immer unsicher, ob dort alles klar ist, mit Worten waren sie auch schwer zu erreichen, um sie zu sehen, musste ich mich ständig umdrehen und dabei selbst den Blick abwenden vom Verkehr vor mir. So etwas mag auf Radwegen teilweise einfacher sein, weil man weniger nach den Kindern gucken zu müssen meint. Aber ob es so ist? Ich weiß nicht.