AW: Fundstücke...
Ein wahrhaft komischer Vogel. Aber gewisse "moderne" Konstruktionsmerkmale gab es schonmal. Die Kragenklemmung der Sattelstütze bspw. war schon in den 50ern üblich, bevor die Mode aufkam, Gewindeaugen anzulöten. Außerdem hat das rechte Ausfallende noch eine Öse an der Vorderseite, womöglich für die Befestigung einer Kettenschiene. Auch das war zur genannten Zeit üblich.
Die Muffenform und die Pumpenspitzen stärken den Verdacht nach einem Baujahr in den50ern. Und erst Recht das nur für hinten vorgesehene Schaltkabel. Damals wurden oft Hebelumwerfer benutzt, die direkt bedient wurden.
Etwas verwunderlich ist aber die Schaltzgverlegung doch. Denn in den 50ern gab es verschiedene Schaltungen mit jeweilsunterschiedlichen Befestigungen (noch bis in die 70er Jahre hatte bspw. Huret eigene Ausfallenden). Die Schaltungen hatten normalerweise alle nötigen Schrauben und Schellen als Beigabe, damit man sie am Rahmen anbringen konnte, der möglichst "neutral" gemacht sein musste, also für möglichst alle passend. Jedenfalls für Montagerahmen, die ja damals ebenfalls üblich waren, kaum jemand kaufte ein fertiges Rennrad. Diese Schaltzugführung legt aber den Benutzer fest auf gewisse Schaltungen.
Das
Schaltauge ist angeschweißt. Ob das original so ist oder nachträglich gemacht wurde, ist nicht so einfach festzustellen. Wenn es original ist, dann ist der Rahmen für Campagnolo-Schaltung gebaut worden.
Wie man an dem Tretlagerbild sehen kann, war der Rahmen mal lackiert oder lasiert. Dass auf Chrom die Farbe nicht gut hält, ist eine Binsenweisheit, man hat die dann oft runtergeschliffen, damiz wieder schön aussieht.
Der Rahmen ist auf jeden Fall ein sehr seltenes und wundervoll erhaltenes Exemplar mit einigen Schmankerln dran, die dem Kenner die Tränen in die Augen treiben und den "Habenwill"-Reflex auszulösen riskieren.
Aber was soll man machen? Den Rahmen mit alten Teilen "rückbauen"? Das Rad wird doch gefahren, dafür ist die 600er auf jeden Fall besser geeignet. Man könnte dem Eigner einen passenden Rahmen vermachen (z.B. Miyata oder Gazelle), um die 600er ranzupopeln und zum Fahren und ihm helfen, eine zeitlich passende Ausstattung für den Chromrahmen zusammenzustellen.