Guten Abend,
es folgt mal wieder ein überlanger Wettkampfbericht. Bei Nichtinteresse bitte einfach ignorieren. Konstruktives Feedback dagegen ist willkommen
Wettkampfbericht Ironman Frankfurt 2014
Die Vorbereitung
Nach der "Enttäuschung" auf Lanzarote wollte ich in Frankfurt einen 2. Anlauf unternehmen, ein sehr gutes Ergebnis zu erreichen und damit ein Ticket nach Hawaii zu lösen. Für ca. 2 Wochen erholte ich mich, dann folgten noch einige durchaus anspruchsvolle Trainingseinheiten. Sie waren teilweise durchwachsen, teilweise ziemlich gut, aber immerhin hatte ich keine Ausfälle mehr wie noch in der Lanza-Vorbereitung.
Schließlich brach die letzte Woche vor Frankfurt an, mit den letzten Arbeitstagen und letzten sehr übersichtlichen Trainingseinheiten. So langsam spürte ich den Erholungseffekt des Taperings, fühlte mich ausgeruht und zunehmend stark. Am Donnerstag musste ich wegen des Jobs nach Frankfurt, da holte ich gleich die Startunterlagen, am Freitag gab es ein schönes kleines Forentreffen mit Triduma und Cube, die Wettkampfbesprechung, einen Termin beim Adrenalino und eine zum Public Viewing umfunktionierte Pastaparty, und Samstag spielte ich daheim Beuteljockey und brachte Rad und Wechselbeutel an den See.
Jetzt war ich aufgeregt, und irgendwie auch nicht. Bei der sechsten Langdistanz ist man schon entspannter als zu Beginn dieser "Karriere". Aber ich hatte mir so viel Druck gemacht mit meinen Ambitionen.
Nochmal zur Rekapitulation: 2012 hatte ich in Frankfurt 12:15 h gebraucht, und im Oktober war ich zusammen mit einer Freundin auf Hawaii und tankte wahnsinnig viel Motivation, um auch mal dort starten zu dürfen. Ca. 2 Stunden müsste ich für eine reelle Chance schneller werden, rechnete ich mir aus. Das Jahr 2013 entwickelte sich dann auch großartig, mit 10:46 h in Roth und 10:16 h in Köln konnte ich tolle Zeiten einfahren, und für den nächsten Ironman müsste ich nur noch einen vergleichsweise kleinen Schritt nach vorn machen. Das Training für 2014 steckte dann aber voller Schwierigkeiten, und schließlich verfehlte ich in Lanza mein Ziel deutlich.
Vor dem Start
Der Tag begann um 3:30 Uhr, diese ziemlich unchristlichen Zeiten kennt jeder Langdistanz-Triathlet

Nach Frühstück, Anziehen und dem Verstauen von gefühlten 74 Flaschen im Rucksack fuhr ich mit Musik zum Aufputschen an den See, befreite mein Rad von der Plastikhaube, die im Regen der letzten Stunden gute Arbeit geleistet hatte und bereitete das Rad für das Rennen vor. Nach hallo hier und hallo da und Dixi-Stopp und Neo anziehen ging es schon runter ans Wasser, 6:15 Uhr wurde die Wechselzone geschlossen.
Achja, entgegen aller Unkenrufe sah die Wetterprognose am Ende doch sehr positiv aus, und mit dem Sonnenaufgang verschwanden auch die Wolken!
Ich schwamm mich etwas ein, nahm noch ein Gel, zum ersten Mal in meinem Triathletenleben kreiste ich die Arme auch etwas warm ... und dann war auch schon Zeit, sich an die Startlinie zu begeben. Ich reihte mich relativ weit rechts ein, und vielleicht so etwa in die 10. Reihe.
Schwimmen
Dann ging es ziemlich schnell. Noch 5 min, noch 3 min, noch 30 s, und da fiel auch schon der Startschuss. Es war voll. Es war ja so voll. 50 Meter lang musste man zwischen den ganzen Armen, Beinen und Köpfen erstmal die eigenen Körperteile heraussuchen, dann ging es halbwegs. Es war kein Geprügel, es waren einfach zuviele Leute auf zu wenig Raum. Nach den Startschwierigkeiten ging es dann, ich war in einer Lücke, wo links und rechts gerade viel Abstand war. Je näher wir der Wendeboje kamen, umso enger wurde es wieder, und die Boje war dann richtig heftig. Danach entspannte es sich, bis zur nächsten Boje. Von da schwammen wir gen Landgang, und ich befürchtete schon den Stau dort, von dem mir Adrenalino und Sportopfer aus dem Vorjahr erzählt hatten. Der blieb gottseidank aus, allerdings watschelte ich nicht wie die anderen da lang, sondern versuchte, etwas zu joggen. Ich hatte ja etwas vor!
39:37 min sagte die Uhr, als ich aufrecht stand, aber ich war überfordert, das irgendwie hochzurechnen. Ich hatte absolut keine Ahnung, ob ich genauso langsam oder schnell wie zuletzt auf Lanzarote oder besser unterwegs war. Ich begab mich voller Elan in die zweite Runde, ich fühlte mich gut, und jetzt war es auch nicht mehr so übervoll. Irgendwann war die letzte Wendeboje erreicht, und das Schwimmziel war in Sicht (naja, die Richtung jedenfalls, es war zu klein und die Brille zu trüb ...).
Zum Ende hin machte ich nochmal etwas Druck im Wasser, die Arme hatten ja für den Rest des Tages nicht mehr so viel vor, und als ich das Wasser verließ, standen da unglaubliche 1:11 h! Wow, 5 min schneller als noch vor einigen Wochen auf Lanzarote, und 3 min schneller als beim IM Swim Day in der Vorwoche. Wenn ich dran denke, dass ich 2011 mit 1:45 h begonnen hatte, war das eine für mich phantastische Schwimmzeit!
Aber ok, da lag ja noch Einiges vor mir, also den Hügel hochgelaufen (Puls vermutlich am Anschlag in der Situation), auf ins Wechselzelt, alles zurechtfuddeln und ab zum Rad. 5 min später konnte ich den Waldsee für die nächsten Stunden verlassen.
Rad
Nun folgte das, was mir schon immer gut lag, und was wohl zugleich das Urteil über den Tag fällen sollte. Mit Blick auf die Pulsuhr (und ohne jeden Blick auf das Tempo) rollte ich gen Frankfurt, schlabberte die ersten Schlucke aus der Aeroflasche, die Strecke war unanständig voll. Und um es vorwegzunehmen, sie blieb auf der ganzen ersten Runde unanständig voll. Die große Mehrheit fuhr absolut fair, aber es war einfach schwierig, nicht in den Windschatten der anderen zu geraten. Ein klarer Negativpunkt des Events.
Mein Puls pendelte sich am oberen Rand des vorgegebenen Bereichs ein, in den Anstiegen ging er aber vermutlich zu weit hoch. Ich konnte mich gut an den Ernährungsfahrplan halten, und fühlte mich richtig gut (hey, die klassische Anfängerfalle ...). Irgendwann hinter Frankfurt schaute ich dann auch mal auf das Durchschnittstempo, das lag bei 36 oder 37. Holla, was ging hier ab??
Naja, und so radelte ich weiter, den Puls immer im Blick, der mal etwas über und mal etwas unter dem Zielbereich war (eher zu oft drüber), je nach Wind und Streckenprofil. Beim 90-km-Schild hatte ich ziemlich genau 2:30 h auf der
Garmin als Radzeit stehen, das war mir schon fast unheimlich. Andererseits wollte ich aber auch nicht bei der Intensität nachgeben, denn der Durchschnittspuls passte.
Etwa auf der Hälfte der 2. Radrunde wandelte sich das Bild etwas. Es wurde windiger (der Wind kam zudem aus ungewohnter Südrichtung - eigentlich bin ich gewohnt, aus der Wetterau mit Rückenwind nach Frankfurt zu fahren), und die Wellen läpperten sich. Allmählich verließen mich die Kräfte, und der Schnitt stürzte ab, v.a. am Heartbreak Hill, den ich in der 2. Runde deutlich langsamer bewältigte als in der ersten.
Eine Rolle könnte ein Pulk (ja, ein echter Pulk) gespielt haben, von dem ich mich habe verleiten lassen. Noch in der ersten Runde - auf Höhe Petterweil - füllte ich gerade meine Aeroflasche nach, als mich ein ganzer Pulk Radler überholte, und nicht weit dahinter erspähte ich auch einen Referee. Ich maulte ihn an, dass er doch bitte was unternehmen solle, das gehe so nicht. Er meinte, dass es schwierig sei, da reinzufahren und einzelne Leute anzusprechen, die waren über die ganze Straßenbreite verteilt. Ich sah ihn eine Weile das Treiben beobachten und dann doch wenigstens einmal pfeifen, eine Weile später sah es so aus, als hätte es sich aufgelöst, und am nächsten Penalty-Zelt war auch gut Betrieb. Doch im ersten Drittel der zweiten Runde überholte mich irgendwann wieder ein Pulk, und ich sah einige Namen und Leute darin, die schon in dem Pulk zuvor gesteckt hatten. Naja, und ich versuchte immer mal, wenn ich hinten war und dann doch wieder auf sie auffuhr oder mir das zu eng und gefährlich wurde, vorbeizufahren. Das passierte mehrfach, und ich denke, hier ging ich zu oft in den roten Bereich, gerade als es windiger wurde oder bergauf ging. "Final" überholt wurde ich von den Jungs und Mädels wieder auf Höhe Petterweil, und jetzt zogen sie davon, ich war inzwischen ja langsamer geworden. (Also irgendwie so, ich kann es nicht mehr
100% rekonstruieren, aber diese Episode spielte in meinem Rennverlauf eine Rolle ...)
Mein Schnitt fiel von knapp 35 auf 33,2 am Ortsausgang von Bad Vilbel, und durch den Gegenwind konnte ich auf dem Weg nach Frankfurt runter auch nichts mehr gut machen. Inzwischen wurde ich mehrheitlich überholt. Nach 5:19 h auf dem Rad erreichte ich die 2. Wechselzone - eine großartige Zeit, aber vermutlich teuer erkauft.
Laufen
Eigentlich hatte ich gehofft, dass ich wie schon so oft davor beim Laufen frisch durchstarten konnte, aber das funktionierte diesmal nicht. Schon der erste km war nicht leicht, wobei ich den in starken 4:58 min laufen konnte. An der ersten Aid Station holte ich mir meinen Special Needs-Beutel, ich hatte eine Flasche Iso mit reichlich Koffein drin - das Zeug nehme ich sonst oft vor Wettkämpfen und haut auch gut rein
Aber, das war ganz offensichtlich ein weiterer Fehler, unter Last vertrug ich es nicht. Ich bekam Magenkrämpfe für die nächsten km, und als sie weg waren, versuche ich nochmal einen kleinen Schluck, mit dem gleichen Ergebnis. Also haute ich an der nächsten Aid Station die Flasche beiseite und fing erstmal mit Wasser an, um mich zu kühlen und den Magen zu beruhigen. Durst hatte ich allerhand, es war nämlich ziemlich warm geworden, die Sonne hatte in Frankfurt inzwischen für ca. 30 °C gesorgt. Auch wenn sich der Magen jetzt beruhigt hatte, fühlte ich mich doch relativ schlapp, und ganz langsam rutschte die Pace weg, ebenso sank der Puls. Mit Wasser, Cola und Gels konnte ich mich im Anschluss beschwerdefrei versorgen, nur wollten die Beine nicht mehr.
Und als ich spürte, dass ich mein Ziel, in der AK weit vorn zu landen, heute nicht würde erreichen können, machte sich mentale Schwäche breit. Innerlich gab ich auf, und ich musste mich sehr zusammenreißen, nicht schon nach 1/3 der Laufstrecke auszusteigen. Ich war noch nie bei einer Langdistanz so schwach im Kopf. Irgendwann fing ich mit Gehpausen an den Aid Stations an, und eine Weile später schaffte ich es nicht mehr, direkt nach den Aid Stations weiterzulaufen. Ein paar Bekannte auf der Strecke munterten mich auf, aber für mich war der Tag gelaufen. Schließlich ging ich mehrere km, ich hatte aufgegeben. Erst ganz zum Schluss, mit dem 4. Bändchen und dank dem intensiven Anfeuern eines Bekannten nahm ich nochmal Fahrt auf, und die letzten 2 km konnte ich nochmal in 5:25er Pace laufen. Die 10:xx waren inzwischen vorbei, und nach 4:30 h Laufen und 11:06 h gesamt, hatte ich es endlich geschafft.
Fazit
Am Ende hatte ich erstaunlich viele Lanza-Deja-vu-Erlebnisse ... und zwar nicht im positiven Sinn. Mein Ziel habe ich erneut deutlich verfehlt (Platz 11 der AK von 47 Finishern). Mit 10 min mehr auf dem Rad und einem anständigen Marathon unter 4 Stunden hätte das anders ausgesehen. Aber nun ist es zu spät. Dazu noch die eher unangenehme Nachricht von den Lanza-Slots.
Außerdem habe ich in diesem Jahr einige Dinge über mich gelernt, die den Zielen eher im Weg standen. Mal sehen, was davon lösbar ist.
Jetzt ist jedenfalls erstmal Pause, was ich diese Saison noch anstelle, ist noch völlig offen. Und für 2015 ist außer Kraichgau erstmal nichts geplant. Ich brauche ein Jahr, in dem nicht der Trainingsplan mein Leben diktiert, um wieder Kraft und Spaß zu schöpfen ... Nicht wenige glauben mir nicht, dass ich 2015 keine Langdistanz machen will, ich hoffe, dass ich mich nicht verführen lassen. 2016 kann ich ja auch wieder richtig loslegen.
Nächster Schritt: Get a life!