Was die Sendung angeht, hätte die auch ganz anders laufen können, aber sie war ein sehr treffendes Bild unserer Gesellschaft und insofern auch gut: Wenn es um Verkehrsprobleme geht, denkt die Mehrheit nicht an sich, stattdessen führt sie eine Technik-Diskussion - und wenn es dann doch mal ums Handeln geht, sind zuerst mal die anderen dran und unter diesen anderen zuerst "die da oben".
Manchmal frage ich mich, ob das Dummheit ist, vorsätzliche Umweltverschmutzung oder unterlassene Hilfeleistung an unsere Gesundheit und der Natur. Alle wissen, worin das Problem besteht, alle kennen mindestens eine Lösung - und alle* machen einfach weiter.
Es ist ja jetzt schon eine Weile her, dass ich mir die Sendung angeschaut habe. Da eine meiner großen Gaben ist, Dinge wieder schnell zu vergessen, ist nur noch wenig im Filter zurückgeblieben. Woran ich mich erinnere:
Dummheit. Das war das für mich faszinierendste überhaupt, diese ohnmächtige Bürgermeisterin und ihren Mitstreiter dabei zu beobachten, wie sie versuchen, die Sendung als Instrument einzusetzen, um endlich mal einen Hebel in der Hand zu halten und diesen als Druckmittel gegen den anwesenden Verwaltungsherren (zu allem Übel auch noch aus ihrer eigenen Partei) einzusetzen. Damit es endlich die Umgehungsstraße geben wird, auf die sie schon seit 40 Jahren warten.
Ein Herr mit großem Weinglas war seines Zeichens Professor und Verkehrsexperte. Anfangs stieß es mir ein wenig auf, wie er der Bürgermeisterin und deren Lakaien energisch ins Wort hineingegrätscht ist. Aber mit zunehmender Zeit konnte ich ihn immer besser leiden. Gab es vor der Sendung ein Vorglühen, dass der Herr schon mit so viel Schärfe gestartet ist,
@grandsport?
Engstirnigkeit. Sämtliche Vorschläge des Verkehrsexperten, die dieser seinen Angaben nach auch in der Vergangenheit bereits andernorts mehrfach erfolgreich realisiert hat, prallten an der Bürgermeisterin und ihrem Vorzeigebürger ab. Dabei klangen die Ideen (Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 für die Ortsdurchfahrt, Verbreiterung der Gehwege, Einbau von Querungshilfen) durchaus so, als ob sie zeitnah für Entschärfung bei den aufgeführten Problemen (Sicherheit der Kinder, Lärm, allsamstägliches Fegen des Rinnsteins auf der Hauptstraße! ...) sorgen könnten. Die meiner Meinung nach schönste Idee, die einzig und alleine bei den beiden wohl nicht zünden wollte - wahrscheinlich, weil er nicht aus dem alleinigen Wort Umgehungsstraße bestand - war: "Organisieren Sie doch einfach einen Wasserrohrbruch auf der Durchgangsstraße. Dann haben Sie sofort Ruhe. Und das mindestens für ein halbes Jahr." Aber lieber warten die beiden weitere 40 Jahre auf die Umgehungsstraße und haben in dieser Zeit Angst, dass die eigenen Kinder bei Tempo 50 statt Tempo 30 überfahren werden. Bei Dummheit und Engstirnigkeit ist Diskussion zwecklos.
Reflexion und Lebenserfahrung. Die Erkenntnis, dass Pendelzeit auch Lebenszeit ist und wieviel wohl zusammenkommt, wenn die Frau aus dem anderen Einspieler das mal zusammenrechnen würde. Sie könne die Zeit nicht sinnvoll nutzen, sagte sie. Und da verpuffte auch schon wieder dieser wichtige Gedanke, bevor er zu Ende gedacht wurde. Schade eigentlich für sie.
Gelernt habe ich, dass Feinstaub auch Demenz verursacht. Habe ich nicht gewusst.
... und dann war da noch der junge Herr mit den Locken, der wohl des Öfteren ein Zucken im Arm verspürte. Als das Mikrofon mal bei ihm war, sagte er lapidar: 70km sind schlechte Tage. Oder so. Der pendelt tatsächlich mit dem Rad, dieser verrückte Typ. Und appelliert einfach so ans einfach machen. Darf man das?
Wisst Ihr eigentlich, wie privilegiert wir sind, dass wir zweimal täglich Zeit mit einem fabelhaften Hobby verbringen können? Einfach so? Geschenkte Zeit für Schönes, während andere ihre Lebenszeit lieber stupide in Blechbüchsen absitzen? Auch einfach so. Muss man nicht verstehen, warum die das so mitmachen.
