Vorweg möchte ich den RR-Fahrern hier gratulieren zu diesem Monsterthread zu diesem sozialen Thema. In anderen Hobby-Foren habe ich dies mit so einer Ausführlichkeit leider nicht erlebt.
Als ehrenamtlicher Begleiter nach SGB X habe ich aus der Beobachterwarte regelmäßig Einblick in den Krieg ARGE gegen ALG2-Bezieher.
Zu der ursprünglichen Frage nach dem Rennrad ja oder nein kann ich nur sagen: ich möchte den Sozialrichter sehen, der einen Antrag gegen den Bescheid der ARGE über die Verwertung eines Rennrades nicht folgt und den Bescheid nicht aufhebt. Denn 1. ermöglicht das Sportgerät RR dem ALG2-Bezieher eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (Sportverein/Gruppe), 2. erledigt der RR-Fahrer sicher auch Versorgungsfahrten mit seinem Sportgerät (spart also Kfz-Kosten und schont die Umwelt) 3. muß auch eine Verwertung des Vermögens zumutbar sein (Rückkaufwert der Lebensversicherung 90% des Wertes ist verhältnismäßig und daher zumutbar. Weniger regelmäßig nicht. Ein großer LED/Plasma-Fernseher wird auch nicht angegriffen, da das Teil im Gebrauchtverkauf zu wenig bringen würde. Gleiches gilt auch für einen ordentlichen Renner, der schon 2 Jahre und 10.000 km auf dem Buckel hat). 4. handelt es sich bei einem Rennrad nicht um unüblichen und unverhältnismäßigen Hausrat (ich gehe davon aus, wir reden nicht von dem hässlichen Goldkotzteil mit Swarovskisteinchen für 80.000€, sondern von etwas ordentlichem, gerne auch mit Dura Ace, Record, gerne auch ein Plasterahmen). 5. ist ein RR-fahrender ALG2-Bezieher sicher gesünder und zukünftig sicher fitter (körperlich und von der Einstellung) für eine mögliche Anstellung als eine Couch-Potato (ich gestehe, habe heute fast die gesamte Etappe angeschaut) und entlastet dadurch die Krankenversicherung.
Die Forderung der Verwertung aller Besitztümer (die man sich in mittelschichtigen Zeiten angespart hat) vor einem möglichen ALG2-Bezug ist aus vielerlei Gründen ein Unding und auch dumm. Man stelle sich vor: wir haben einen Dipl-Ing, der 20 Jahre gearbeitet und vernünftig gelebt hat. Seine Firma wird abgewickelt. Aktuell stellt ihn niemand ein. Stellen wir uns weiter vor: er müsste seine Encyclopedia Britannica und sein Schiffsmodell ebenso wie seine Spiegelreflexkamera und sein Rennrad verkaufen, selbstverständlich auch seine Anzüge und sein etwas besseres Brillengestell, nicht zu vergessen die 700€ Armbanduhr - also das System brächte ihn runter auf das Niveau derer, die nichts haben - welche Chancen hätte dieser Herr, sich wieder einmal mit Rückgrat und Selbstwertgefühl um eine ordentliche Stelle zu bemühen, diese zu ergattern und dann bis zu seiner Rente wieder, wie gehabt, reelle Steuern und Sozialabgaben zu entrichten.
Würde ist hier das Stichwort.
Und der damals überdurchschnittlich teure Carbonrenner wird noch weiter an Wert verlieren, das neue Ritzelpaket wird er sich vom Mund absparen und wenn das Radl mal den Spagat macht, dann wars das gewesen, denn so hoch sind die ALG2-Bezüge auch wieder nicht, dass es für eine Ratenzahlung bei einem Versender für ein neues RR reicht, das Darlehen gibts sowieso nicht.
Bleibt wie Ihr seid. Hut ab.
PS: eine mögliche ALG2-Zukunft spricht doch deutlich für hochwertige Komponenten in langlebigen Rahmen. Die Betriebskosten kann man sich als ALG-2 Bezieher womöglich über die Fahrtgelder zur ARGE "verdienen".

Leute kauft Titanrahmen, vielleicht zahlt die ARGE dann später mal noch 'ne Lackierung, damit der Hobel nicht unterm Arsch wegrostet.