AW: Hartz 4 und Rennrad
Vorab: Ich traue 99,9% der Poster hier nicht mal einen Hauch Ahnung von Hartz 4 zu. Wenn ich sehe wie Mitglieder hier mit ihren neuen 5000 Euro Rädern protzen oder so ganz selbstverständlich mal alle halbe Jahre die neuesten Helme, Handschuhe und Kassetten kaufen, dann dämpft das die Glaubwürdigkeit etwas ab.
Wer Hartz 4 bekommt, gibt keine 200 Euro für einen
Helm aus. Wer sich trotz Hartz 4 wirklich ein Rennrad leisten kann, der kauft Handschuhe für 5 Euro und einen
Helm für 15 Euro beim Lidl oder Aldi. Und damit geht er dann nach Hause und freut sich wie ein Kind unterm Weihnachtsbaum über seine tollen neuen Handschuhe, anstatt wie ihr im teuersten Laden vor dem Regal zu stehen und sich zu überlegen ob man lieber die Gelpolsterung für 50 Euro oder die Kevlarprotektoren für 80 Euro braucht.
Und wer Hartz 4 bekommt, der hat auch keine Fahrräder für zigtausend Euro im Keller. Weil ihm die entweder die Arge als Vermögen anrechnet, oder der Gerichtsvollzieher irgendwann sowieso wegnimmt. Der kommt nämlich ganz fix, wenn man jeden Monat abwägen muss zwischen Telefonrechnung oder Essen für die Kinder.
Das nur mal nebenbei bemerkt.
Dann was dieses Sklavenarbeitsgeschwätze angeht: Eventuell sollte man solche Schlauberger mal in ein Land schicken, in dem es tatsächlich noch Sklaven gibt. Wo Menschen gequält und mißhandelt werden. Und zwar richtig, im Gegensatz zur Ansicht von solchen Nasenbären, fällt die Scham beim Anstehen an der Tafel noch nicht unter die Zuständigkeit von Amnesty International. Wenn man jemandem mal die Zähne ausgeschlagen hat oder Zigarettenkippen im Gesicht ausgedrückt hat, weil das 14jährige Mädchen dem fetten Thailandtouristen nicht gefügig genug war, dann kann man von Sklaverei reden. Ansonsten ist das einfach nur blödes, unwissendes Gelaber und ein Schlag ins Gesicht für die Menschen, denen es wirklich mies geht.
Das man für sein täglich Brot arbeiten muss, wussten schon die Neanderthaler. Bei so manchem heutigen Exemplar scheint diese Tatsache aber so vollkommen abwegig zu sein, daß sie absolut nicht mehr in ihre Weltanschauung passt. Ja auch in Deutschland muss man das tun. Und nur weil wir ein tolles soziales System haben, das einen auffängt wenn man fällt, heisst das nicht dass man sich nur dann bewegen muss, wenn man es für sich selbst würdig erachtet. Das sollte man dann mal den alleinerziehenden Müttern in den USA sagen, die morgens um vier aufstehen, vor ihrem 9-to-5 Job noch bei reichen Leuten putzen gehen um sich ein Leben unterhalb des Hartz 4-Standards leisten zu können und dann noch ihren Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen. Aber uns hier geht es ja soooooo schlecht, wir müssen für sieben Euro arbeiten, wir armen geknechteten Seelen.
Denn weniger verdient man hier nicht, auch für 2 Euro zu arbeiten tut einem nicht weh, denn den Rest gibt es vom Amt noch mit drauf.
Womit wir schon bei den bösen Zeitarbeitsfirmen wären: Also abgesehen davon, daß diese
100% des finanziellen Risikos eines Arbeitsvertrages haben (sie zahlen im Krankheitsfall oder bei vorzeitiger Beendigung der Tätigkeit voll weiter, während der Auftraggeber nichts mehr zahlt), was sollte denn dem Staat die so schlechte Bezahlung bringen? Jeden Cent, den der Leistungsempfänger unter den Mindestsatz rutscht, muss doch der Staat bezahlen, wozu sollte er denn also so blöde sein und die Löhne so niedrig halten?
Aber ist auch egal, ich werde diese ... Weltverschwörungstheorien eh nie verstehen.
Und nebenbei bemerkt: Ein-Euro-Jobber arbeiten dort, wo sonst niemand beschäftigt werden würde. Zum Beispiel Radwege kehren, die sonst übersät mit Steinen und Scherben wären. Wenn die Gemeinde kein Geld hat, dann macht das eben ein Ein Euro Jobber oder niemand. Und Geld ist halt nun mal zu wenig da. Denn sonst müsste man die Steuern anheben und dann würde in Deutschland die Hölle losbrechen, schließlich könnte man sich dann die 500 Euro Laufräder nicht mehr leisten.
Und mal ehrlich, was wäre das für eine Bananenrepublik, wo man nicht mal 500 Euro Laufräder kaufen kann?
Übrigens, nur für die die es wirklich interessiert und die nciht nur siebengscheid daherreden: Das wahre Problem sind nicht die niedrigen Regelsätze, sondern die Argen selbst, die die Menschen beinahe grundlos sanktionieren, frei nach dem Motto: Lieber einmal zu oft als zu wenig. Denn das ist bei den Argen die Devise. Wenn ich einem Arbeitslosen 500 Euro zuwenig auszahlen, bekommt der vielleicht nach drei Jahren Wartezeit vor Gericht Recht, aber ansonsten passiert mir nix. Wenn ich einem Arbeitslosen aber 2 Euro zuviel auszahle, steigt mir die Innenrevision fünf Minuten später aufs Dach.
Aber ich hab ja eh keine Ahnung, ich beschäftige mich ja auch erst seit vier Jahren mit dem Thema und andere die alles viel besser wissen haben immerhin schon mal danach gegoogelt.
