Weiß man es?
Letztes Jahr hat sich da FDJ ja etwas verzockt. Die haben auf einen Schlag gleich vier Fahrer verloren, weil man Demare in einem quasi aussichtslosen Kampf noch drei Mannschaftskollegen an die Seite stellte und die auch nicht rechtzeitig wieder zurück nach vorn rief.
Gleichzeitig gab es bei der Vuelta 2016 eine Etappe, bei der satte 93 (!) Fahrer außerhalb des Zeitlimits ankamen. Hättet ihr die alle rauswerfen wollen und die Vuelta nur noch mit einem Drittel der ursprünglichen Besetzung zu Ende fahren?
Stattdessen hatte man den entsprechenden Fahrern zur Strafe 25 Punkte abgezogen und sie weiterhin im Rennen gelassen. Meersman, der bis dahin für Etixx die Chancen auf das Wertungstrikot gewahrt hatte, konnte das nach dem Punktabzug abschreiben.
Es gab also schon immer eine nicht ganz dogmatische Auslegung der Karenzzeit-Regel. Nachvollziehbarer Weise. Oder wer will ein um knapp 100 Fahrer dezimiertes Feld für den Rest einer Tour sehen?
Der Abzug von 25 Punkten ohne auch nur ein Wort zu dieser Sanktion in den Regeln ist für mich jedenfalls deutlich mehr "Gutsherren-Art". Oder weshalb nicht 20? Oder 30? Und weshalb keine Strafsekunden, statt Punktabzug?
Mit der neuen, zusätzlichen Regel hat man demnach nur Klarheit geschaffen für eben genau den Fall, dass die erste Regel nicht sinnvoll angewandt werden kann.
Mir fehlt einfach ein entscheidender Aspekt, dem aber zugegebenermaßen schwer beizukommen ist.
Wenn sich die Hälfte von Froomes Edelhelfern hinten ausruht und dabei mit 60 anderen das Zeitlimit überschreitet, weil Movistar vorne mit alle Mann Druck gemacht hat, juckt die weder Punktabzug noch Zeitstrafe. Am nächsten Tag sind sie wieder frisch am Werk, passen auf ihren Boss auf und beeinflussen somit direkt den Rennverlauf.
Ein Team, dass für das grüne Trikot fährt, würde in so einem Fall auch viel stärker bestraft, als ein Team mit Fokus auf GC, obwohl beide den gleichen Verstoß begangen haben.