AW: Pulsbereich bei GA1
Würde das alles entspannt sehen. Ob Leute stärker nach Daten oder Gefühl trainieren ist auch eine Frage des Charakters. Jeder Jeck is anders und der eine vertraut den Daten und hat Erfolg damit. Der andere braucht es nicht, kommt auch zum Erfolg (oder beides umgekehrt). Braucht keiner dem anderen was beibringen. Gibt auch zwei Fehlverhalten: sich datengläubig in den Keller fahren, oder ohne Datenaufschluss dasselbe tun. Und Beispiele für all diese richtigen und falschen Vorgehensweisen gibt's im Profisport sicher genug. Das Autoritätsargument zieht also nicht. Selbst bei den Profis finden wir völlig unterschiedliche Trainingsweisen, Ernährungsweisen, sogar Lebensweisen. Hellriegel kann aufgrund Körpergefühl sein Laktat vom Gefühl her plusminus 0,1 aktuell vorhersagen, andere können gar nichts und sind auch schnell. An meinem Rad ist nichtmal ein Tacho. Ich mach alles nach Gefühl. Schnell bin ich, wenn ich andere verblase, langsam bin ich, wenn's mir schwer fällt, an den üblichen Verdächtigen dranzubleiben. Ich mach das m.E. schon zu lange, um mir von einer Watt- oder Pulsanzeige erzählen zu lassen, was ich tun soll. Aber ich werd das keinem anderen ausreden...
So sehr ich dich schätze Roberto, aber genau den letzten Satz unterschreibe ich nicht.
"Hätte ich von dir auch gar nicht erwartet", wirst du mir dann natürlich antworten. Damit ist es aber nicht getan.
Daß wir uns nicht mißverstehen: Wenn jemand nicht hören will, werde ich nicht dauerhaft versuchen, ihm was auszureden. Aber wenn jemand, den ich unterwegs treffe und der auf die Ansprache "Darf ich dir mal einen Tipp geben, man merkt, daß du immer wieder langsamer oder schneller wirst, wenn du auf deine Pulsuhr geschaut hast, laß das mal und orientiere dich an deinem Gefühl!" erstmal nicht sofort abwehrend reagiert (Warum sollte ich mit dem diskutieren?),
dann versuche ich ihm diese Verhaltensweise natürlich auszureden. In seinem eigenen wohlverstandenen Interesse (und ein kleines bischen auch im Eigeninteresse, da ist uns nämlich beim Münsterland-Giro was lustiges passiert, d.h. am Anfang war's lustig, dann nur noch nervig...).
Jeder Jeck is anders, klar. Aber wir kennen ja auch dies:
Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte,
begrüßte ihn mit den Worten:
„Sie haben sich gar nicht verändert.“
„Oh!“ sagte Herr K. und erbleichte.
Hinzukommt, daß eine ganze Industrie davon lebt, uns diesen Schnickschnack aufzuschwatzen und daß der Sport sich dadurch zum Nachteil verändert hat (Überbetonung der "reinen Ausdauer" gegenüber einem mehrdimensionalen Spektrum von Leistungsfaktoren).
Ich habe genug Leute gesprochen, die mir sagen: Ich lasse mir gerne einen kräftigen Arschtritt verpassen, wenn ich was dabei lerne (einen davon kennst du, Roberto, glaub ich ganz gut...).
Der Sport kennt viele Trägheitskräfte, unter anderem den inneren Schweinehund und die Tendenz, sich selbst was einzureden. Deshalb gehört im Sport gerade der "Anstoß" von außen zu einer typischen Ausformung pädagogischer Mittel. Das hat mit "old school" oder einer Negierung wissenschaftlicher Erkenntnisse bzw. "best practice" in der Pädagogik nicht das geringste zu tun.
Und wenn ich dies von mir sagen müsste
...Würde ich immer nach Motivation und nach Körpergefühl gehen, würde ich nicht gerade häufig trainieren.
würde ich den Sport in einer leistungsorientierten Art aufgeben (es gibt ja auch RTFs) oder mir einen anderen Sport suchen. Abgesehen davon, daß da eine Komponente ganz ungenannt bleibt, die m.E. die wichtigste ist, aber heutzutage vielen völlig fehlt: Willenskraft. Die hat natürlich dann auch wieder viel mit Motivation zu tun, ist aber eine eigenständige Komponente.
Ich kann es nachvollziehen, aber ich werde es nie verstehen, warum Leute unseren schönen Sport betreiben, obwohl sie dafür nicht ausreichend mit Willenskraft, Begeisterung, Motivation und einem Minimum an Körpergefühl ausgestattet sind. Da halte ich es für angebrachter, einem Kegelklub beizutreten (Wanderverein wäre auf den ersten Blick eine Alternative, aber bei einer so saft- und kraftlosen Haltung und einem Schielen auf schnelle, bequeme Erfolge, wie ich es tw. erlebe, würde man bei der Vielzahl der alten Säcke, die sich gott-sei-dank dort auch heute noch aufhalten, vermutlich keinen guten Stand haben).
So, jetzt habt Ihr wieder was, worüber Ihr Euch aufregen könnt - ist auch ein Mittel, den Puls "hochzukriegen", übrigens... wobei "hochkriegen" - da war doch noch was, was war das denn noch?...
k.