AW: Wie macht ihr das eigentlich...
Die These, dass diejenigen die sich im Sport oder woanders außerhalb ihres Berufes besonders engagieren, dass im Beruf regelmäßig nicht tun fällt in die Kategorie Schwachsinn. Es passt zwar nicht in deine verquasten Vorurteile, aber das Gegenteil ist der Fall. Wenn Du außerdem ernsthaft wissen willst warum manche Menschen sich nur begrenzt in ihrem Beruf engagieren, findest Du eine Antwort in den jeweiligen Tätigkeiten den damit erzielten Einkommen, beruflichen Perspektiven, der Qualifikationsstruktur, fehlenden Gestaltungspielräumen, überzogenem Druck und anderen Führungsmängeln oder mangelnder Partizipation am Erfolg und - nicht zuletzt - in der Entfremdung im Arbeitsprozess (beim nächsten Glas Wein mal den ollen Marx lesen). ..........
Du hast es genau beschrieben,
den entfremdeten Arbeitsprozeß. Häufig sind wir ohnmächtige Zahnräder in anonymen, automatisierten Arbeitsprozessen, die uns absurd erscheinende Handlungszwänge aufdiktieren, die wir wie kafkaeske Automaten sinnentleert erfüllen müssen. Anfangs ist es zum weinen, die verstreichende Jugend im Büro im Neonlicht - später folgt nur noch innere Leere.
Was kann ich dagegen tun ? Ich muss doch weiter arbeiten da ich doch Geld brauche ? Weder kann ich den Arbeitsprozeß, meinen Chef, noch meine Kollegen oder die Politik ändern - eigentlich habe ich verdammt wenig zu melden.
Ich hab`s: Da mache ich mein eigenes Projekt - das Projekt "Ich" auf. An mir kann ich arbeiten. Ich kann über mich selbst bestimmen wann ich radle, ich erfahre daß ich mich selbst neu gestalten kann. Mein Tun zeigt Wirkung - ich werde stärker. Wenn ich schon in der Welt wenig bewegen kann, kann ich wenigstens an mir selbst was bewegen.
Ich mach` mich selbst zum Thema. Das löst viele Probleme, da ich mich gar nicht mehr mit ihnen befassen muss, da ich mich überwiegend nur noch mit mir selbst bzw. meinem Körper und "meiner Form" befasse.
Mein "Ich" - Projekt kollidiert auch nicht mit dem Leistungsprinzip der Konkurrenzgesellschaft. Zwar stelle ich im Beruf wenig dar, aber im Radverein plötzlich viel.
Auch kommt die ganze Wut auf dem Radel raus.
Da ich jeden Tag radel - und das immer mehr - glaube ich von mir tatsächlich - auch meine Umwelt glaubt es - ich sei ungemein disziplinert.
In Wirklichkeit gehört gar nicht viel Disziplin dazu jeden Tag zu radeln - ich kann nämlich gar nicht anders. Habe ich nicht jeden Tag diese Kilometer abgespult habe ich ein schlechtes Gewissen, daß meine Form ( das wichtigste überhaupt) verloren geht.
2 Stunden Sport am Tag sind für mich normal, wenn nicht das Mindeste, wieso schütteln Bekannte den Kopf darüber ?
Ärger in der Arbeit, Rechnungen, Schulden, quenlige Kinder, jammernde Frau - ist mir doch alles scheißegal solange ich noch ein Radel hab und einfach nur radeln kann.
Ich geh` jetzt erstmal radeln.
Cu Mark