@ den Rest
Ob die Tour vorbei ist ist eine ziemlich blöde Frage, und wenn einige sich die Tour jetzt schenken dann frage ich mich was das für Radsportfans sind,
die sich das Ereignis nur dann anschauen wenn ihr Liebling Siegchancen hat.
Die Tour hat gestern angefangen, nicht geendet.
Das der Vorjahressieger ein Statement hinterlassen ist sicher, und zwar rein sportlich wie auch psychologisch.
Trotzdem ist nichts verloren oder gewonnen, weder für ihn noch für die (meisten) anderen.
Drei Wochen sind lang, da kann noch viel passieren. (eigentlich hasse ich Phrasen)
Und wer schon mal das Vergnügen hatte länger mit einem Aktiven über 3 Wochen Tour zu sprechen versteht
warum vieles anders kommt/kommen kann als es zunächst scheint.
Das dazu.
Nun trotzdem noch ein Satz zum reinsportlichen von Gestern.
Der Möchtegern Sieger aus D ist einer, aber nicht der einzige Verlierer des Zeitfahrens.
Bis auf Vinokourov, wenn auch mit leichten Abstrichen, hat keiner der anderen ernannten oder selbsternannten Podiumsanwärter wirklich überzeugt.
Irreparabel ist der Rückstand für die guten Allrounder wie Botero, Landis, Basso, Leipheimer, Menchov, Karpets noch nicht, aber ohne
besondere, in den letzten Jahren nicht stattgefundene Umstände,
wird es wohl sehr schwer dem Ami in die Suppe zu spucken.
Von den starken Bergfahrern mit Podiumsambitionen, bis auf Heras vielleicht, war es das gestern schon mit dem möglichen Erfolg.
Der einzige dem ich realistisch betrachtet zum jetzigen Stand zutraue Armstrong ernsthaft zu gefährden ist Vinokourov.
Vino ist nämlich sowohl Physisch als auch Psychisch stark genug um Armstrong zu schlagen.
Und hier spielt vor allem die Psyche eine Rolle.
Vinokourov ist durch seine kämpferische Natur und seiner von ihm bewahrten Respektlosigkeit
für mich weitestgehend resistent gegen die psychische Dominanz von Armstrong.
Ein Umstand der auch Armstrong bekannt ist.
Von dem was ich weiß hält Armstrong Vinokurov schon seit 2-3 Jahren für den wesentlich unbequemeren und gefährlicheren Gegner als Ullrich.
Womit ich noch kurz zum deutschen Tourhelden komme.
Yep, ich glaube das es das gestern, schon wieder, für ihn war.
Mag sein, siehe oben, das es noch anders kommt, aber das würde mich doch sehr wundern.
Der Vorfall von Freitag spielt sicher eine Rolle bezüglich seiner gestrigen Leistung, wieviel weiß aber letztlich nur er.
Seine Fans können nun wieder sagen <Pech gehabt> es sollte nicht sein.
Ich glaube dagegen das es diese Anhäufung an Pech nicht gibt, sondern das hinter, zumindest vielen Fehlern, auch "Methode" steckt.
Das Ullrich Armstrong bei der Tour nicht mehr schlagen wird liegt für mich daran das er mental vorm Ami kapituliert hat.
Wer jahrelang nur die Hacken eines Kontrahenten sieht, wer selbst bei schwachen Momenten des Gegners (2003) nicht entschlossen auf Angriff fährt
und wer nicht bereit ist Dinge wirklich grundlegend zu ändern (Umfeld, Trainingsplanung, Taktik, Technik) ist letztlich mental gescheitert.
Ich habe es schon letztes Jahr einmal geschrieben, das was Ullrich an Armstrong scheitern lässt ist nichts Neues und ein bekanntes Phänomen.
Es ist einfach die Angst vorm letzten Schritt einen Gegner zu besiegen von dem man jahrelang in entscheidenen Momenten
doch eine eingeschenkt bekam.
Man kann über den Ami sagen was man will, nur versteht/verstand er es im Laufe der letzten 6 Jahre seinen Gegnern das Gefühl zu geben das er,
Armstrong, am Ende doch das entscheidene Quentchen besser ist.
In etwa so wie Jordan mit den Bulls in den 90igern, der wenn denn fit, in Endspielen die entscheiden Punkte machte,
meist nach Situationen in denen die anderen Stars Fehler machten oder Chancen vergaben.
Nach Aussage von Leuten wie Malone oder Payton weil man unterschwellig immer damit rechnete das noch eine Antwort vom Chef kam,
einfach ausgedrückt.
Und genau das glaube ich ist auch bei Ullrich der Fall.
Man wird nicht als Champion geboren, denn um ein Champion zu sein reicht es nicht aus eine überragende Physis zu haben.
Jedenfalls nicht, wenn der Gegner körperlich ähnlich stark ist.
Ein Champion, über Jahre, zu sein heißt auch den Gegner zu dominieren.
Ja, ich weiß, Ullrich hat einmal die Tour gewonnen.
Richtig, nur kam er dazu wie die Jungfrau zum Kind.
Er war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Platz, er hat die Tour körperlich dominiert und sein Unerfahrenheit
hat ihm vor dem Nachdenken und Zweifeln bewahrt.
Nur in den Jahren danach konnte er es, zumindest beim Jahreshöhepunkt, nie beweisen das er auch als Favorit,
als erklärter Herausforderer, schafft die Tour zu gewinnen.
Das er dem Druck eines Gegners gewachsen ist, das er Gegner sportlich dominiert, das er keine Zweifel daran aufkommen läßt wer der Stärkste ist,
das er in seinem Team klar stellt <da wo ich bin ist vorne> und das er es schafft Niederlagen letztlich
auch als Quelle für Erfahrungen und Veränderungen für neue Siege zu nützen,
all das konnte er seit 1998 bei der Tour nicht unter Beweis stellen.
Und all das ist es was ihm fehlt und letztlich dafür sorgt das er "nur" Zweiter wird.
Mag sein das ich mich irre, nur glauben tue ich daran nach den Erfahrungen der letzte Jahre nicht mehr.
Just my two cents.