Zum Sonntagabend noch ein paar Grüße aus der Außenstelle Lombardei - Aktivurlaub mit dem Rennrad!
Gestern saßen wir das erste Mal auf dem Rad, zum Auftakt stand eine kleine Runde zu zwei Stauseen oberhalb von Bormio an (Lago di Cancono und Lago di S. Giacomo die Fraéle). Der Weg führt über eine alte Militärstraße und den eher unbekannten Passo di Fraéle sozusagen auf ein Hochplateau. Die Ausfahrt hatte ich mit dem automatischen Routing von GPSies geplant, offensichtlich nicht ganz optimal. Es ging zunächst mit 13 % heftig bergan, an einer Abzweigung dann gar mit 18 %. Mein Begleiter (bin mit einem guten Freund hier) hat bei der Gelegenheit seinen Maximalpuls gesehen ...) Irgendwann kamen wir endlich auf die eigentliche Route, die sich dann mit 7 bis 9 % Steigung fast flach anfühlte. In einer famosen Symphonie von engen Serpentinen, die es locker mit denen aufnehmen können, die 2015 bei der Tour de France bekannt geworden sind (Name finde ich nicht im Moment), schraubte sich die Straße in die Höhe und querte nach 2 kleinen Tunneln eine alte Festungsanlage (der Pass hatte früher mal strategische Bedeutung). Danach wechselte der Belag in Naturstraße, und auf ca. 1.900 m Höhe umrundeten wir mit den Rennrädern, die ja bekanntlich mehr aushalten, als man denkt, auf recht ebener Strecke die beiden Seen. Was für ein Panorama, was für eine Stille! Fast keine Autos (ein reines Wander- und Radlergebiet, und soll wohl MTB-Paradies sein), kaum Menschen, ringsum 3.000er Berge, unter uns das Wasser. Das letzte Stück der Umrundung war mit dem Rennrad dann doch eher grenzwertig, aber wir haben es überstanden (und die Räder ebenso). Das ganze bei Sonnenschein mit wenigen Wolken, was für ein schöner Urlaubsbeginn! Auf dem Rückweg nahmen wir unterhalb der Serpentinen dann die "richtige" Strecke, was für eine großartige Abfahrt! Insgesamt ca.
3 h, 50 km und 1.000 hm. Danach noch ein Bummel durch die hübsche Altstadt.
Nach dieser Überdosis Landschaft stand heute die erste "richtige" Ausfahrt an, gleich wieder etwas steiles, nämlich der Mortirol (1852 m hoch). Die TOUR beginnt die Passbeschreibung ziemlich treffend mit den Worten: "Mortirolo: Der Name grollt wie Donner durch die Radsportszene." Man könnte den Namen als "Tod in Tirol" deuten, was inhaltlich Blödsinn ist, aber der Wahrheit recht nahe käme. Was für ein steiles, unbarmherziges Drecksstück!!! Ich bin noch nie einen derart langen und steilen Anstieg gefahren, insgesamt sind es (lt. Strava) 11,4 km mit 11 % durchschnittlicher Steigung, Gesamtanstieg 1258 m. Auf den unteren zwei Dritteln zeigte die
Garmin nie weniger als 12 % an, oft 13 %, in Rampen öfter 15 bis hin zu 18 %. Und das in meiner Gewichtsklasse... Oben gab es dann immer mal Abschnitte unter 10 %, Rampen aber trotzdem immer wieder bis deutlich darüber. Irgendwann hatten wir es endlich geschafft, das war richtig harte Arbeit - meinen Begleiter hat es auch ans Limit gebracht. Die Abfahrt war auch nicht so toll, bei dem Gefälle muss man ständig heftig in den
Bremsen stehen, dazu die engen und winkligen Serpentinen. Allerdings nahmen wir ab einer Abzweigung eine etwas "flachere" Variante bergab. Ich glaube, ich lege mir eine Einmal-und-nie-wieder-Liste an, wo nach dem Ötzi jetzt der Mortirol ein Plätzchen verdient hat ... Aber ich habe ihn befahren und erreicht! Ursprünglich wollten wir noch weiter fahren, aber wir waren ziemlich platt, außerdem zog es sich langsam zu, und für den Nachmittag/Abend war Regen angekündigt (der dann 30 min nach Ankunft daheim auch wirklich einsetzte). Auf dem Rückweg (30 km und wieder 500 m hoch) querten wir dann übrigens noch einen Talabschnitt, wo 1987 ein Bergsturz ein komplettes Dorf vernichtet hat (S. Antonio Morignone). Heute ist die ganze Landschaft irgendwie künstlich, man hat im großen Stil die Landschaft geformt. Am Eingang des Talabschnitts ist eine kleine Kapelle und ein Gedenkstein für die Opfer von damals. Und ich bin in einen Hungerast reingefahren, irgendwie gab's nirgendwo was zu futtern auf dem Rückweg. Eine Radtour, die im Gedächtnis bleiben wird. Insgesamt heute knapp
80 km, 1800 hm und 4,5 h.
Und wenn das WLAN hier mal ein bisschen Fahrt aufnimmt, kann ich auch ein paar fotografische Impressionen der beiden Tage posten ...