KaGro
Mistress of Gran Fondo
Dass Du das so wahrnimmst, spricht hoffentlich für gewisse Fortschritte. Wenn man sich umsieht, wird man aber feststellen müssen, dass Frauen im Radsport, vor allem ambitionierte Frauen, immer noch eher selten sind und dass es im Radsport (auch im organisierten Radsport) nach wie vor sexistische Tendenzen gibt ist auch kaum zu bestreiten. Ist noch gar nicht lange her, das hat mir mal jemand erzählt, dass in seinem Radclub die Männer ein Problem damit haben, wenn eine Frau so fährt wie meine... Es wird gesellschaftlich auch immer noch weniger akzeptiert, wenn Frauen sich Raum und Zeit für die Selbstverwirklichung durch Sport nehmen. Das in vielen Milieus dominierende Rollenstereotyp ist immer noch Mutter. Die Veränderung gegenüber früher ist allenfalls, dass heute neben der Mutterrolle Berufstätigkeit eher Akzeptanz findet. Ist natürlich alles auch immer davon abhängig, in welchem Umfeld man sich bewegt. Als ich noch in einer Großstadt gelebt habe, war das weniger präsent. Da gab es auch mehr Radsport treibende Frauen. Mittlerweile wohne ich im katholisch-konservativen Münsterland. Da sind Radsport treibende Frauen eher selten (erst recht, wenn sie so alt sind wie meine Frau), was sich hier auch in den Vereinen zeigt. (In der Stadt Münster mit seiner Uni und dem dazu gehörenden Umfeld sieht es dann schon wieder ganz anders aus.)
Natürlich habt ihr beide Recht, dass es hier und da zu "eigenartigen" Situationen kommt, bei denen man sich fragt: geht's noch.
Mir ist es erst letztens (ich weiß gar nicht ob ich das hier geschrieben hatte), ähnlich ergangen, bei so einer unsere Gravelrunden wurde ich locker flockig von einem Kerl auf 'nem Treckingbike abgehängt. (also nix da mit einem modernen Trecking Bike, er hatte einen einen Ast zwischen Gepäckträger und Tasche geklemmt, damit die Tasche sich nicht in den Speichen verklemmt.... in dem Moment hat das ganz schön an meinem Ego gekratzt: "selbst dieser Sonntagsfahrer hängt mich locker flockig ab". Im Gegensatz zu euren Zitaten, habe ich natürlich nichts gesagt - aber ich kann nachvollziehen, warum es hier und da zu blöden Äußerungen kommt und was dahinter steht: ich habe soviel trainiert und trotzdem lässt mich selbst eine Frau einfach stehen (die vermeintlich leichter zu schlagen wäre, wegen Biologie und so);
Aber ob der großen Bogen zum Frauenbild und der Mutterrolle in der Gesellschaft hier angebracht ist, weiß ich nicht - es gibt viele Sportarten/Hobbies, die überwiegend von Frauen betrieben werden: z.B. Yoga; warum Radsport für Frauen so unattraktiv ist, kann ich allerdings nicht nachvollziehen.
Im übrigen kenne ich auch solche Sprüche dem Berufslebe: (Hintergrundinfo ich habe Wirtschaftsinformatik studiert und als Entwicklerin gearbeitet.) Im Studium: "Du musst dir eh keine Gedanken um einen Job machen- du bist eine Frau" (Kommilitone); aber auch im Berufsleben: "Wir haben dich nicht nur eingestellt, weil du eine Frau bist."
In dem Moment tobt da alles in einem, aber leider ist da auch etwas wahres dran, bei gleicher oder auch nur ähnlicher Qualifikation bekomme ich den Vorzug gegenüber einem männlichen Kollegen, da gemischte Teams besser performen und die Zufriedenheit im Team steigt.
Ich denke, sobald man auffällig in einer Gruppe ist, kommt es hier und da zu schwierigen Situationen. Ich habe mich mal mit einem Erzieher im Kindergarten unterhalten und er hatte sehr ähnliche Erfahrungen mit seinen Kolleginnen gemacht wie ich mit Kollegen. (Ich möchte betonen, das ist die Ausnahme und nicht Regel)