Heute im übrigen bin ich für ein Tempolimit. Der Verkehr ist deutlich stärker, die Selbstüberschätzung größer oder vielleicht die Selbsteinschätzung ist virtueller. Nicht zuletzt natürlich auch für die Umwelt. Ich weiß das trifft manche hart, hätte es mich früher auch ...
Ein Tempolimit tut noch nicht mal weh. Im Gegenteil; D kann sich da bei seinen europäischen Nachbarn mehrere Scheiben abschneiden.
Als ich von D nach AT übersiedelte, wusste ich z.B. noch nicht, wie prägend und gleichzeitig entspannend das Tempolimit werden würde.
Mein rechter Fuß war früher deutlich schwerer; er war wahrscheinlich sogar der Schwerste von Allen und trotzdem kein Klumpfuß. Ich hielt mich aber auch nicht für einen Raser sondern nur quasi für den besten und schnellsten Autofahrer unter der Sonne. Richtgeschwindigkeit war was für Pussys, Tempolimit ein Verbrechen gegen die Freiheit. Tickets kassierte ich regelmäßig und ertrug die Strafen wie ein echter Mann, was wohl auch daran lag, dass es nie ein Fahrverbot hagelte.
Nun, während der Übersiedelungsphase ging es natürlich häufiger zwischen D und AT und AT und D hin und her. Irgendwann stellte ich dann fest, dass mich die in AT mit dem Tempomaten gefahrenen 2/3 dieser Strecke weniger schlauchten als die 1/3 der Strecke in D - und das obwohl ich sogar teilweise antizyklisch unterwegs war (z.B. Sonntags am späten Abend von D nach AT). Auch realisiert man dann irgendwann, dass man mit Vollgas unterwegs irgendwann zum Tanken muss und nach der Tankpause erstmal all Jene erneut Überholt, welche man zuvor glaubte erfolgreich und mit ganz großen Meilenstiefeln schon hinter sich gelassen zu haben. Je länger die Wegstrecke desto weniger Vorsprung fährt man raus.
Es dauerte also gar nicht lang, bis ich zum Tempomat-Fahrer avancierte. Das ist eine Einstellung für die Strecke Wien - Toskana, Wien - kroatische Adria oder Wien - Rest von Europa und zwei Einstellungen für die Strecke AT - D, wobei es nicht mehr deutlich bzw. nur noch in Ausnahmesituationen über 160 km/h geht. Und jetzt darf sich jeder Raser festhalten; so bin ich z.B. auf einer Strecke München - Düsseldorf und mit mehreren Pausen nicht wirklich langsamer unterwegs als früher, komme aber deutlich entspannter an.
Allerdings wurde ich auch zum überzeugten antizyklischen Fahrer. Ich verweigere mich also auf langen Strecken dem ganzen Unsinn sowie den ungeübten und sonstigen Besserwissern und Spinnern auf den Straßen und fahre ausnahmslos Nachts und in den Morgen hinein, plane die Routen so, dass ich Großstädte ebenfalls antizyklisch passiere. Fahre ich zwischen 2 und 4 Uhr in der früh in Wien los, mache alle 2 Stunden eine kleine Pause und trinke dabei einen Kaffee, dann bin ich zwischen 12 und 14 Uhr in der Region Düsseldorf (ca. 935 km), an der Adria oder in der Toskana. Dann wird im Hotel zwei bis drei Stunden geschlafen und ich habe den Rest des Tages quasi zusätzlich.