Leute, ab und zu ein Spaß ist ja in Ordnung. Aber so langsam wird's unfair gegenüber dem Threaderöffner und gegenüber dem Anliegen des Threads...
Ich persönlich bin eher ein Vielschalter. So nehme ich aus diesem Thread mit, dass ich mein Trittfrequenz-Spektrum verbreitern sollte. Das Thema behandle ich bisher in der Praxis sehr nachlässig. Vom Laufen her habe ich z. B. die Erfahrung, dass ein paar "Steigerungen" ganz erfrischend, wie ein Weckruf wirken können.
Mir leuchtet ein, dass es immer gut ist, unterschiedliche Reize zu setzen. Was noch unterstreicht den Wert der Trittfrequenzvarianz? Werden da unterschiedliche Muskelphasern beansprucht? Oder wirkt der Reiz vor allem auf das neuromuskuläre System?
Natürlich werden da auch andere Muskel
phasern beansprucht. Aber das wichtigste ist eigentlich, daß das Bewegungsgedächtnis (im Kleinhirn, ich nehme an, das meinst du mit "neuromuskulärem System") es schafft, die unterschiedlichen Eindrücke zu einem oder ein, zwei wenigen Bewegungsprogrammen zusammenzufügen.
Das wird dir wahrscheinlich jetzt wieder viel zu sehr "verkompliziert" vorkommen, aber wenn du einfach mal nicht den "einfach gestrikten Praktiker gibst" (der du in Wirklichkeit ja gar nicht bist), kann man es verstehen und sieht, daß eigentlich die
einfache Sichtweise die richtige ist:
Vorweg muß man klarstellen, daß das Kleinhirn tatsächlich der Ort ist, wo "die Musik spielt", d.h. wo die in diesem Zusamennh. entscheidenden Prozesse ablaufen. Das ist nämlich keinesweg selbstverständlich. Man hat beispielsweise feststellen können, daß ein Insekt (6 Beine) die Arbeit dieser 6 Beine in keinster Weise
zentral koordiniert. Alle 6 Beine "machen, was sie wollen". Trotzdem funktioniert die Koordination, warum lassen wir hier mal weg - sagen wir, sie sind gute Teamplayer und brauchen keinen Chef.
Genauso gibt es beim Menschen Steuerungsmechanismen, die bei der Ausführung von komplexen Bewegungen mitwirken, ohne daß daran zentrale "Stellwerke" wie das Klein- oder Großhirn beteiligt sind. Wir können das bei einem Säugling, der das Laufen lernt sehr schön sehen: Das Nach-Vornebringen des Beines geschieht "reflexartig" (und es ist wirklich ein Reflex, im Gegensatz zu bspw. den Aktionen eines Torwartes, dem "gute Reflexe" nachgesagt werden), damit das Baby nicht auf die F... fällt.
Später wird sich daran im Prinzip nichts ändern: Laufen bleibt beim Zweibeiner zeitlebens der gleiche Vorgang, "riskiere, daß du auf die F... fällst, aber lerne, es zu verhindern" (was im Übrigen das Programm ist, mit dem man im gesamten Leben erfolgreich ist).
Trotzdem sehen die Bewegungen beim Erwachsenen koordinierter und abgerundeter aus. Dafür brauchts das Kleinhirn!
Das wäre schonmal geklärt.
Unser Kleinhirn verfügt über so etwas wie einen "Erfahrungsmultiplikator". Wie der genau funktioniert, führt hier zu weit (da müsste man über Sternzellen, Korbzellen, Afferenz- und Efferenzkopien sprechen, das will niemand wissen). Aber was dabei herauskommt, das Prinzip, sollte man verstanden haben: Auf den Punkt gebracht bewirkt dieser Apparat, daß das Prinzip "steter Tropfen höhlt den Sein" beschleunigt wird, indem ich nicht 10000mal die gleiche Bewegung ausführen muß, sondern vielleicht nur 100mal, weil mir "das Kleinhirn vorspiegelt", es wäre 10000 mal passiert. Das ist jetzt starkt vereinfacht, aber so ist das Prinzip.
Und jetzt denken wir mal ganz einfach und gleichzeitig "hochwissenschaftlich": Wenn jetzt 3 oder mehr verschiedene Bewegungsvarianten dort ankommen und sie sind gleich häufig, hilft dieser Apparat dann? Und wenn ja, wie? Die Antwort lautet erstmal "Nein!", dann aber "Kommt drauf an". Nein deshalb, weil 100 zu 100 dasselbe ist, wie 10000 zu 10000. Aber dann kommt die Reihenfolge ins Spiel, wodurch bestimmte Muster, die zuerst eingeübt werden, eine Hegemonie erzielen können und von späteren, gleich häufigen Eindrücken nicht "überschrieben" bzw. "neutralisiert" werden können.
Was das in Bezug auf die Gestaltung von "Übung" bedeutet, können wir sehr gut an einem Turner beobachten: Der Trainer sorgt dafür, daß er bestimmte Teilbewegungen und Grundabläufe so in einer bestimmten
Reihenfolge üben läßt, daß am Ende der richtige Bewegungsablauf rauskommt. Diese Reihenfolge ist nicht beliebig, warum, habe ich oben erklärt.
Halten wir fest: a. die Eindrücke dürfen nicht gleich häufig oder für unsere Organe nicht ausreichend differenzierbar auf uns "einprasseln" (aus dem Grunde ist das "Viel-Schalt-konzept" von T.Roubaix falsch) b. die Reihenfolge spielt eine große Rolle).
An der Stelle machen wir einen Sprung, weil der überhaupt nichts wesentliches wegläßt und bewegen uns in einem Bild:
Stell dir mal die Entwicklung einer "Spitzen-Chefsekretärin" vor. Sie fängt als relativ einfach gestrickte Büromaus an und am Ende haben wir fast den Eindruck, wenn sie nicht wäre, würde der Chef nicht halb so erfolgreich sein, wie er ist - vor allem hinsichtlich der Diplomatie. Wie aber vollzieht sich diese Entwicklung? Antwort: Indem sie wie alle mit den einfachsten Arbeit beginnt, immer und immer wieder abheften, sortieren, abhaken usw. Schon bald aber darf sie Gespräche annehmen und weiterleiten. Sie lernt, wann sie zur Chefsekretärin durchstellt, später darf sie sogar zum Chef direkt durchstellen usw.
Auf diesem Weg begreift sie intuitiv, wie ihr Chef - und wenn es ein guter Chef ist - der ganze Laden "tickt". Sie meint (mehr oder weniger unbewußt), ein "Programm", eine Strategie in den Entscheidungen des Chefs ("solche Rechnungen werden nicht bezahlt, solange nicht die und die Mängel beseitigt sind" usw.) zu erkennen. Bis eines Tages etwas passiert, was sie erstmal "verzweifeln" läßt: Sie macht alles richtig und troztdem kriegt sie einen "Anpfiff". Wenn sie gut ist, schimpft sie zwar erst über den Chef aber dann erkennt sie: es gibt offenbar eine Alternativstrategie. Die zuerst erkannte Strategie ist nicht falsch, sie muß auch nicht verfeinert oder modifiziert werden, nein, es gibt eine Alternativstrategie.
Und nun die Gretchenfrage: Was wäre passiert, wenn Chef und damalige Chefsekretärin versucht hätten, ihr die verschiedenen Strategien im Wochenrhythmus und damit im Schnellverfahren "einzubleuen"? Wäre jemals diese ungeheuer kompente, schlaue Chefsekretärin aus ihr geworden?
Auf den Körper übertragen bedeutet das, das wir dem Körper die Chance geben müssen, die Eindrücke richtig zu interpretieren und zu verarbeiten. Wenn wir mit dem, was wir da auf ihn Einwirken lassen, ständig die Frage provozieren "Was will er denn jetzt schon wieder von mir?" kann das nur in die Hose gehen.
An der Stelle erstmal "Cut" zum verdauen. Ich sage aber jetzt schon: All diese Überlegungen muß man im Prinzip (nicht in dieser Ausführlichkeit, bitte: bloß nicht!) anstellen, um zu verstehen, wie hochwirksam die Überquerung des Altig-Hügels auf der Grenze zwischen Ilvesheim und Heddesheim (oder ist es die nach Feudenheim??) ist.