Hallo Airborne
Hm, ich hoffe dem Inschenör ist Philosophie nicht zu schwör
Dazu muss ich etwas ausholen:
Kompakt in seiner häufigsten Ausprägung 50-34 und 12-25 ist der Versuch, mit zwei Kettenblätten die gleiche oder annähernd gleiche Entfaltung und gleiche oder annähernd kleine Gänge zu erreichen wie mit dreifach, da gegenüber dreifach viele Vorurteile und einige wenige Gründe bestehen und viele Fahrer nur zwei Kettenblätter wollen. Kompakt wird deshalb als Alternative zu dreifach gesehen. Natürlich ist es nicht möglich, mit zwei Kettenblättern zu erreichen, was mit dreien möglich ist (gleiche Anzahl Ritzel der Kassette vorausgesetzt).
Was jetzt 50-34 macht, ist folgendes: Die Überschneidungen zwischen dem grossen und kleinen Kettenblatt werden reduziert, indem das kleinere von 39 Zähnen auf 34 Zähne schrumpft und das grosse um zwei resp. drei Zähne schrumpft. Damit wird die Entfaltung grösser und es gibt kleinere Gänge. Soweit so gut. Leider ist es ein fauler Kompromiss, denn mit der grösseren Differenz zwischen grossem und kleinem Kettenblatt handelt man sich eine Menge Nachteile ein: Schlechterer Schaltkomfort, Blattwechsel im ungünstigen Bereich, viel Schräglauf, viel Schaltarbeit, grosses Kettenblatt wird zum meistgefahrenen Kettenblatt etc.
Je länger man sich mit der Thematik Kompaktkurbel beschäftigt, desto augenscheinlicher wird der faule Kompromiss. Man hat jetzt zwar zwei, drei leichtere Gänge, aber auch eine Menge Nachteile. Der Fehler liegt im System, er ist systemimmanent. Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten um diese Nachteile zu umgehen:
A.) Das Kleinere grösser machen
B.) Das Grössere kleiner machen
ad A.) Das führt zu 50-36 oder 50-38. Das ist für den Hobbyradler zwar etwas leichter als 52-39, aber letztlich auch nicht mehr. Vorallem verschenkt man damit wieder die leichten Gänge, also genau das was man eigentlich wollte. Deshalb ist das letztlich keine gute Lösung denn der LK110 böte mehr Möglichkeiten.
ad B.) Je länger ich all die Varianten hin- und hergerechnet habe, desto mehr bin ich zur Erkenntnis gekommen: Zwei Kettenblätter sind in Sachen leichte Gänge und Entfaltung im Vergleich zu dreifach immer ein Kompromiss. Egal wie man es rechnet, es bleibt ein Kompromiss. Je nach Variante fehlen immer etwa 2.5 bis 5 Gänge. Immer. Das führt letztlich zu einer Erkenntnis: Bedeutend sinnvoller, als der letztlich unmögliche Versuch von 50-34 12-25 Entfaltung
und kleine Gänge auf Kosten der Überschneidungen zu suchen, ist es, einfach auf die grossen Gänge zu verzichten, denn die braucht der Hobbyfahrer nicht oder weniger. Kompakt ist immer ein Kompromiss. Will man grosse Entfaltung, kleine Gänge und feine Abstufung gleichzeitig, ist dreifach die einzige Lösung.
Die Frage ist nun, wie ist der Verzicht auf die zwei, drei grössten Gänge machbar? Es gibt zwei Möglichkeiten:
C.) Kassette mit grossen Ritzeln
D.) Grosses Kettenblatt verkleinern
ad C.) Ausser den Jugendkassetten bieten praktisch alle 10fach Kassetten 12er oder gar 11er Abschlussritzel. Campa 13-26 und 13-29 sind die Ausnahmen. Scheidet demzufolge aus.
ad D.) Verkleinert man das grosse Kettenblatt, kann man die bestehenden Kassetten benutzen. Dazu kommen weitere Vorteile:
- da bei kompakt das grosse Kettenblatt das meistgenutzte ist - das kleine ist nur für Anstiege zu gebrauchen, für's Flache meist zu klein - wird das Kettenblatt ziemlich universell. Das 50er ist zu gross um die meistgefahrenen Geschwindigkeiten abzudecken. Das 48er ist besser, das 46er u.U. noch besser.
- beim 50er Kettenblatt ist 50-21 der meistgefahrene Gang (mit 12-25) resp. das drittgrösste Ritzel, denn das grösste und das zweitgrösste sollte man nicht fahren. Die Kassetten sind jedoch für klassisch und dreifach optimiert und sind deswegen unten fein und oben grob gestuft. Mit 50er Kettenblatt fährt man meistens im oberen Bereich, der grob gestuft ist. Erst ab 35 km/h kommt der feingestufte Bereich. Mit dem 48er oder 46er verschiebt sich das und man fährt häufiger im feingestuften Bereich
- durch die kleinere Differenz vorne-hinten entfällt das Gegenschalten
- durch die kleinere Differenz wird die Schaltqualität besser
- dadurch dass das 48er oder 46er universeller ist, muss weniger geschaltet werden
- bei klassisch ist ja die Idee, dass das kleine Kettenblatt für Anstiege genutzt wird, das Grosse für den Rest. Zumindest beim Amateur und Profi. Der Hobbyradler hat dazu zu wenig Kraft. Verkleinert man nun beide Kettenblätter um 5 -7 Zähne (39-5=34, 53-7=46), hat man für jeden "Geschwindigkeitsbereich" ein Kettenblatt.
Mit der Kompaktkurbel und kleinen Kettenblättern, d.h. kleiner als 52 oder 50 Zähne, hat man nun endlich die Möglichkeit, einen Hobbyradlertauglichen Antrieb zu bekommen, sprich leichtere Gänge.
Nachsatz: Aus diesem Grund sind auch Kompakt-Antriebe mit 50er Kurbel und 11er Abschlussritzeln ein fauler Kompromiss, denn damit hat man nur wieder grosse Gänge dabei, also genau das was man als Hobbyfahrer nicht braucht. Wer mit 39-27 oder 39-29 nicht zurecht kommt, der braucht ganz bestimmt keinen Gang wie 50-11.