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Brooks Sattel aufarbeiten

Ok, dann erschließt sich mir nicht warum auf vielen Seiten - und auch in diesem Thread hier - immer wieder geschrieben wird, dass man Kernledersättel in der Regel nur auf der Unterseite fetten soll...

Irren die dann alle?
Eben. Die Frage ist, warum der Sattel an der Unterseite oft so trocken ist, dass er bricht und trotzdem nur von oben, wo er (fast) versiegelt ist, gefettet werden darf.
Wie dicht ist eigentlich die Oberseite? Wenn ein Sattel neu ist, dann ist er doch sicher mit irgendeinem Wax behandelt. Das dichtet die Fläche ab. Fetten ist hier nutzlos. Nennenswert kann da ja das Fett nur dort eindringen, wo die Oberfläche rissig oder abgeschabbert ist.
Und wie sieht das mit gefärbten Sätteln aus? Haben die noch offene Poren, an denen das Fett durchkommt?

Die Idee mit dem Fetten von unten kommt mir plausibler vor. Man darf es natürlich nie übertreiben. Eine einfache Behandlung, die in langen Abständen durchgeführt wird, reicht aus. Das Leder wird geschmeidig, das Fett zieht durch die unversiegelte Unterseite besser ein und schützt die Unterseite auch noch vor Nässe.
 
das ist....

Zitat von Sven Dewitz, Referent im Konochenschüttler Nr. 57 (1/2014) zur Lederpflege:

"Pflege
Dem organischen Material Leder müs-
sen in Form von Fetten Nährstoffe zuge-
führt werden. Die Fette müssen mit dem
Leder eine harmonische Verbindung
eingehen. Sonst treten früher oder später
die eingangs genannten Schädigungen auf.

Zunächst die ungeeigneten Pflegemittel:
o Schuhcreme in allen Formen (wegen
Lösungsmitteln, Silikon, Farbstoffe),
o Produkte mit Bienenwachs (verstopft
die Poren) und
o tierische Tranfette (fördern Oxida-
tionsprozesse).

Gut verwendbar sind
o Lederfette auf der Basis von Vaseline
und Wollfett (z.B. Bergsteigerfett,
Maroquin Ledervaseline) oder
o säurefreie weiße Vaseline aus der
Apotheke.

Diese Fette verhindern bei regelmäßiger
Anwendung ein Austrocknen und Brü-
chigwerden des Leders. Das Fett trägt man
mit einem Leinenlappen dünn auf den
Narben auf und lässt es ein bis zwei Tage
einziehen. Dann kann es mit einem
trockenen Leinenlappen nachpoliert
werden.

Lederfett nie auf der Unterseite (Aassei-
te) eines Leders auftragen, da sonst die
Poren verstopft werden. Speziell bei Sätteln
würde so auch eine Dehnung des Materials
in Längsrichtung begünstigt werden.
Ganz wichtig erscheint mir hier noch
einmal der Hinweis, das Fett dünn (!)
aufzutragen."


Seit ich das gelesen habe, kommt mir eigentlich nur noch ein natürliches Pflegemittel an die Kernledersättel meiner Räder:
der Schweiß meines Allerwertesten.

P.S.: der Knochenschüttler ist die Vereinszeitschrift von Historische Fahrräder e.V. (nur für die, die das noch nicht kennen)

Zu den Aussagen von Sven Dewitz: Bei Leder handelt es sich um gegerbte, tote Tierhaut. Tote Haut kann mit Nährstoffen nichts mehr anfangen. Mit denen können allerdings auf dem/im Leder lebende Mikroorganismen, etwa Pilze, wunderbar und ungewollt angefüttert werden. Ebenso wird durch den Prozess des Gerbens die ursprüngliche Anatomie der Tierhaut zugunsten der Materialeigenschaften (Haltbarkeit, Festigkeit, ...) zerstört oder mindestens in sehr großem Maße beeinflusst. Poren, die zudem nur auf der Tierhautaußenseite zu finden wären, werden durch die Gerbung gewollt geschlossen. Warum die erwähnte Porenverstopfung eine willkürliche Vorzugsrichtung der Materialdehnung zur Folge haben soll bleibt mir völlig unverständlich.

Eben. Die Frage ist, warum der Sattel an der Unterseite oft so trocken ist, dass er bricht und trotzdem nur von oben, wo er (fast) versiegelt ist, gefettet werden darf.
Wie dicht ist eigentlich die Oberseite? Wenn ein Sattel neu ist, dann ist er doch sicher mit irgendeinem Wax behandelt. Das dichtet die Fläche ab. Fetten ist hier nutzlos. Nennenswert kann da ja das Fett nur dort eindringen, wo die Oberfläche rissig oder abgeschabbert ist.
Und wie sieht das mit gefärbten Sätteln aus? Haben die noch offene Poren, an denen das Fett durchkommt?

Die Idee mit dem Fetten von unten kommt mir plausibler vor. Man darf es natürlich nie übertreiben. Eine einfache Behandlung, die in langen Abständen durchgeführt wird, reicht aus. Das Leder wird geschmeidig, das Fett zieht durch die unversiegelte Unterseite besser ein und schützt die Unterseite auch noch vor Nässe.

Unverständlich blieb auch mir der öfters ausgesprochene Hinweis, dass nur eine Seite des Sattels gefettet werden solle. Ich pflege meine Ledersättel von beiden Seiten je nach Farbe mit farblosem oder schwarzem Sattlerfett. Wenn die Pflegeschichten sparsam und dünn aufgetragen werden, so zieht das Fett gut ein und bisher habe ich keine Spuren auf meinen Hosen gefunden.
Btw: Habt Ihr denn schon je Reiter gesehen, die mit ungleich größeren Ledersätteln "Pflegeschlieren" auf ihren Reiterhosen hatten?
 
Jetzt hab ich aber doch noch eine Frage:

Kann man eine leichte Beule in der Seitenfläche irgendwie wieder zurückformen, ohne den kompletten Sattel zu wässern?

408622-90pmwpswdem5-image-large.jpg


Mein Sattel hat auf der linken Seite (hier im Bild unten) eine leichte Beule nach außen (auf der rechten Seite auch minimal).

Kann ich auch nur diese Stelle wässern und dann wieder in die Ursprungsform zurückbringen? Oder muss man das Leder so stark und lange wässern, dass das nur funktioniert wenn man den ganzen Sattel für längere Zeit in Wasser einlegt?

Ist jetzt nicht so, dass die Beule wahnsinnig stört, aber ohne wäre halt schöner...

(Könnte auch sein, dass sie beim Fahren etwas stört).
 
Die Flanken mit Dest H2O wässern und dann mit ner elastischen Binde zusammen ziehen u trocknen lassen
Dest.h2o hinterlässt keine Ränder
Ich reagiere immer auf dem am naheliegensten sorry
Ausserdem wird man auf nem fremd eingerittenen B nie den Compfort erreichen
 
Zuletzt bearbeitet:
Ok, danke! Werde ich mal versuchen.

Ist halt ein fünfzig Jahre alter Sattel für ein fünfzig Jahre altes Rad.

Da wird es schwierig einen von mir eingerittenen Sattel zu montieren, der zeitlich passt.....da war ich noch nicht mal ansatzweise geboren..... :)
 
Die Flanken mit Dest H2O wässern und dann mit ner elastischen Binde zusammen ziehen u trocknen lassen
Dest.h2o hinterlässt keine Ränder
Ich reagiere immer auf dem am naheliegensten sorry
Ausserdem wird man auf nem fremd eingerittenen B nie den Compfort erreichen

Der Trick mit dem Dest. H2O kommt leider etwas zu spät für mich, einer meiner Brooks hat zwar - dank Verwendung normalen Wassers aus der Wasserleitung - jetzt die von mir gewünschte Form, aber so wie du geschrieben hast leider auch sichtbare Ränder die wesentlich dunkler sind als der Rest des Sattels.

Hat jemand da auch irgendeinen Tipp?
 
Entweder der Sattel ist glatt und rutschig oder du rutschst in der Hose herum. Was erzeugt mehr Reibung? Was ist schmerzhafter?
+ @Olddutsch :
aus eben diesem grund fahre ich keine wildledersättel.
wenn die sattelhöhe und -neigung sowie das knielot richtig eingestellt sind und die vorbaulänge perfekt ist, hält sich das rutschen auch über hunderte, wenn nicht tausende kilometer sehr in grenzen und macht überhaupt nichts.
 
Habe mich gestern dann doch an die Bearbeitung der beiden Beulen im Sattel gewagt.

Die Wässerungsmethode schien mir - vor allem nur im Teilbereich angewandt - als zu riskant. Da hatte ich einfach Bedenken, dass ich da mehr kaputt mache als verbessere.

Hier nochmal die Ausgangssituation (leider nur von unten fotografiert):

408926-6u69adgnw79l-image-large.jpg


Da ja aber immer noch eine zweite Fettung anstand (weil wie geschrieben sehr trocken), hab ich mich an die vielgepriesene "Backofen-Methode" erinnert (ich weiß, da gibt es auch Argumente dagegen).

Aber wenn das Rad im Hochsommer mal irgendwo in der Sonne steht, wird ein schwarzer Sattel auch locker über 50 Grad heiß...

Also schön eingefettet, besonders an den verformten Stellen, 50 Grad, 20 Minuten im Backofen.

Danach war das Fett komplett verschwunden und das Leder spürbar biegsamer.

Dann habe ich das ganze mit Frischhsltefolie bandagiert und zusammengespannt und anschließend noch mit Kreppband die endgültige Spannung drauf gegeben.

408925-mqqrqmoybx79-image-original.jpg


Dann über Nacht so liegen lassen und am nächsten Morgen ausgepackt und den Sattel poliert.

Und was soll ich sagen: Ergebnis perfekt!
Beulen sind komplett verschwunden und die Satteloberfläche hat im Vergleich zum letzten Versuch einen wunderbar gleichmäßigen, seidenmatten Glanz...

408924-glfavv5z9ebb-image-original.jpg


Jetzt bin ich gespannt, ob die Beulen dauerhaft verschwunden sind, oder ob die sich im Verlauf der nächsten Tage wieder zurückbilden... :)
 
Das Ergebnis Deiner Sattelpflege gefällt mir ausgesprochen gut. Dieselbe Methode habe ich auch bei meinem Lohmann Sattel angewandt. Leider hat sich bei meinem Sattel die Beule wieder zurückgebildet, allerdings wesentlich weniger ausgeprägt.
Meine Vermutung ist, dass viele Faktoren, wie Art des Leder, die Qualität, die Dauer der Verformung und dauerhafter Fettmangel etc. da mit reinspielen. Ich drück Dir die Daumen, dass es so bleibt.

Beste Erfahrungen habe ich seit Jahrzehnten mit Sattelfett vom Lederfachmann, das mit Bienenwachs versetzt ist. Dieses Bienenwachs schützt den Sattel oben wie unten bei Nässe ganz hervorragend. Beim Nachfetten, immer von der Unterseite, und dem Schmelzen im Backofen zieht es mit dem Fett ein und setzt sich nach dem Erkalten teilweise an den Außenseiten wieder ab. Nach dem Polieren ergibt sich eine angenehm glatte Oberfläche und verhindert ein Eindringen von Wasser.

Alle meine Sättel, die ich neu gekauft habe - Brooks Pro von 1976, Brooks B15 von 1967, Ideale 88 von 1990 - werden so behandelt und sehen immer noch aus wie neu. Gefahren worden sind sie tausende Kilometer und nur Kratzer und Abschürfungen zeugen vom Gebrauch.
 
Danke, bin soweit auch mehr als zufrieden!
Passt jetzt auch zum Gesamtzustand des Rades...

Zum Prozedere muss ich noch folgendes präzisieren. Ich habe den Backofen-Part 2-geteilt. Beim ersten Durchgang habe ich den Sattel erst nach dem Herausnehmen mit Folie und Klebeband gespannt und ihn dann nach ca. 2 Stunden wieder ausgepackt. Da war die größere der beiden Beulen dann schon zu 2/3 weg, die kleine war komplett weg.

Danach hab ich die Beulen nochmal beidseitig gefettet und das ganze dann fest mit Frischhaltefolie und Klebeband zusammengezurrt (und zwar bis zu dem Punkt, wo sich die Seitenflächen dann vom Gestell weg entfernen) und mitsamt der "Verschnürung" für 20min in den Backofen gelegt.

Danach hab ich es über Nacht (ca. 10 Std.) liegen lassen und morgends ausgepackt...
 
Ich wuerde mir eher Sorgen machen, dass sich die Farbe hinterher an der Hose wiederfindet, Wie gern bei blauen oder gelben Saetteln :-(

Genau das macht mein alter Brooks B15 den ich vor kurzem in der Bucht erstanden habe. Bin gestern mit der Jean damit in die Arbeit gefahren....

Hab ihn dann am Abend mit dem Scotch Schwamm und Geschirrspuelmittel so richtig fest abgeschruppt, ein Wahnsinn was da runterging, die oberste Schicht ist jetzt weg und ueber Nacht ist er auch auf der Zentralheizung wieder halbwegs aufgetrocknet, faerbt aber immer noch braun ab wenn ich mit einem weissen Tuch drueberpoliere. Die Oberflaeche fuehlt sich auch immer noch Fett an, obwohl ich nach der Schruppaktion nix nachgefettet habe....

Oder kann ich mit diesem Brooks nur mit der schwarzen Radfahrhose fahren? Irgendwelche Tips?

Gruss, Hannes
 
@Hannesauswien ich denke ich würde Lederseife allenfalls Kernseife und kein Spülmittel verwenden - ich wollte weder die Parfüms noch sonstige Zutaten davon im Leder haben. Scotchbrite brauche ich um Leder zu reinigen eigentlich nie - normalerweise genügt ein Schwamm, der guten Schaum macht, weil in dem Schaum die Schmutzpartikel gebunden werden. Abspülen und erforderlichenfalls wiederholen. Notfalls wiederholen, Notfalls ....Die Kernleder haben geschliffene Oberflächen. Die harten Scotchbrite machen diese Lederoberfläche kaputt (rau). Imho wird Leder, das mit Hitze getrocknet wird hart und brüchig - also ist Geduld angesagt.
 
Hi Dragon, danke für die Antwort!
Nun es ging mir ja in erster Linie darum die Oberfläche so zu behandeln, daß sich die Poren schließen und keine Farbe mehr nach aussen abgeben!

Da ist mir eine Methode eingefallen, die ich einmal vor Jahren bei meinem alten RIH an einem B17 champion narrow angewandt habe.
Ich habe mir eine keine Menge vorhandenen Schellack mit Alkohol so verdünnt bis er ca. so dünn war wie Wasser. Vorher habe ich die Oberfläche mit reinem Alkohol 94% Fettfrei gemacht und danach mit einem Lappen ähnlich wie beim Politieren mit kreisförmigen Bewegungen den strark verdünnten Schellack in die Poren einmassiert, in mehreren Durchgängen. Das Zeug wird schon beim einmassieren trocken und hart. Die Oberfläche ist jetzt nicht nur dauerhaft dicht, sondern glänzt ähnlich, als wenn man einen neuen Kernledersattel kauft, dessen Oberfläche auch mit (was auch immer) behandelt ist.
Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden, auch bei ein Test mit einem ganz neuen weissen Lappen ist von einer Abfärbung nichts mehr zu bemerken.
Grüße, Hannes
 
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