Die Vorgeschichte:
Es muss wohl so vor sechs oder sieben Jahren zwischen Weihnachten und Silvester gewesen sein. Es war ungewöhnlich warmes und sonniges Wetter und dieses löst bei mir immer den Impuls aus, dass ich aufs Radl will...
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Da ich aber die "Weihnachtsferien" bei meiner Schwester und ihrer Familie verbrachte (unsere Eltern waren auch noch da) und wir für gewöhnlich dann gemeinsam Ausflüge machen ließ sich meine Idee zu radeln nicht so einfach umsetzen... Mein Vorschlag, dass ich später dann einfach von unserem gemeinsamen Ausflugsziel mit dem Rad zurückfahre kam dann aber besser an als gedacht, so dass sich mein Schwager und mein Vater mir anschlossen. Um die "Männerrunde" komplett zu machen kamen wir noch auf die Idee auch meinen Neffe mit 2 oder 3 Jahren im Kindersitz mitzunehmen
...
Ich checkte also die Räder vor Ort durch (nur ein Rad hatte festverbautes Licht) und suchte noch im ganzen Haus nach Batterie-Leuchten falls wir ein wenig in die Dunkelheit gerieten... Ich glaube es reichte für die Beleuchtung des 2. Rades und ein Rücklicht für das 3..
Die eigentliche Fahrt:
Wie es dann eben mit größeren Gruppen so ist, verzögerte sich alles und die für den frühen Nachmittag geplante Fahrt verschob sich schon in den frühen Abend hinein. Kurze Zweifel meiner Mitstreiter wischte ich bei Seite, verwies auf die "nur" 25km und die Lichter die ich noch zusammengesucht hatte...
Also machten wir uns auf den Weg, der Rest der Familie fuhr mit dem Auto heim.
Die geplante Strecke führte rund 25km an der Iller entlang.
Am Anfang lief es wunderbar, der Weg war geteert, die Stimmung gut, selbst im Kindersitz
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Als dann langsam mit dem späteren Abend die Dunkelheit kam und sich der Weg zu einem Forstweg mit fiesen Schlaglöcher wandelte waren wir um unsere, wenn auch nicht besonders gute, Beleuchtung froh, aber das Tempo reduzierte sich natürlich drastisch...
Hinzu kam dass es langsam auch immer frischer wurde.
Irgendwann stellten wir fest, dass der Junge Mann im Kindersitz eingeschlafen war und der Kopf dadurch immer nach vorne kippte was recht ungesund aussah. Mit einer Kordel aus meiner Jacke befestigten wir seinen
Helm am Kindersitz und so sah das ganze wieder etwas gesünder aus.
So schlichen wir also im Schein des Mondes und unserer beiden Funzeln an der Iller entlang und ich musste mal wieder feststellen, das Nächte in der Stadt und Nächte auf dem Land sich in der Helligkeit doch deutlich unterschieden.
Nach einiger Zeit wachte mein Neffe im Kindersitz wieder auf, um ihn herum natürlich alles dunkel, was ihm Angst machte und er fing an zu weinen und ließ sich nur schwer beruhigen.... bis einer von uns auf die Idee kam mit ihm zu singen, was tatsächlich half. Im Kindergarten hatten sie in der Adventszeit "Dicke rote Kerzen gelernt"... Leider kannten wir nur die erste Strophe und so sangen wir diese immer und immer wieder...
Es kam langsam die "Angst" auf, dass wir das so nicht bis nach Hause schaffen würden und wie lange unser Gesinge noch half den kleinen Mann bei Laune zu halten war auch unklar... Also versuchten wir die mittlerweile daheim angekommen zu kontaktieren um uns abholen zu lassen... KEIN Netz
... es half nix, wir mussten weiterfahren.
So fuhren wir gefühlte 5 Stunden durch die Dunkelheit (was real wahrscheinlich einer Stunde entsprach) bis wir endlich wieder Handyempfang hatten. Jetzt waren wir aber schon so nah am Ziel, dass wir es auch zu Ende bringen wollten.
Ein kurzes Telefonat war trotzdem angebracht, da sich der Rest schon etwas sorgte. Auf den Rädern träumten wir schon von einem großen Topf Spaghetti was wir auch am Telefon mitteilten...
Also weiter, die dicken roten Kerzen schon aus dem Hals hängend (ohne ging es nicht), Richtung Ziel...
Es waren die besten Spaghetti die ich je gegessen habe (aber wer kennt das Gefühl nicht
).
Für uns Erwachsene war es ein kleines Abenteuer, für meinen Neffen evtl. die gruseligste/ spannendste Nachtfahrt! Ich bin froh, dass ich ihm damit nicht den Spaß am radeln verdorben habe.
Frohe Weihnachten!