AW: Unterschiede LRS - Was merke ich in der Praxis
Will jetzt die Rechenkünste von Mi67 nicht in Frage stellen, aber bis zum Lesen dieses Beitrages hätte ich gesagt:
Der größte Unterschied bei leichteren LR ist in der Beschleunigung zu sehen. Die Masse des Laufrades (vor allem natürlich die im Radius=Felge) muss ja erst mal auf Schwung gebracht werden. Aus der Industrie des 19. Jh kennt man ja noch die großen Schwungräder....
Wenn hier aber alle sagen: dat is es nicht...dann wundert mich das grad mal sehr. Bin aber gerne bereit, mich belehren zu lassen.
Aber im Ernst: Das muss doch der Unterschied sein???
Es wird wirklich maßlos überbewertet, ein von den Marketingabteilungen sorgsam gepflegter Hype. Wer es kaum fassen mag, dem sei folgende praktische Übung empfohlen: montiere den Tacho am Hinterrad (oder zähle später die Umdrehungen pro Sekunde anhand einer aufgebrachten Markierung und Stoppuhr), stell´ Dich neben das Rad, lege eine 52/14 ein, hebe das Rad am Hinterrad leicht an, Kurbel nach oben und setze einen einzigen satten Tritt in die Kurbel, so dass das Hinterrad frei beschleunigen kann. Dieser Tritt beschleunigt nun den Antriebsstrang und mit ihr die Schwungmasse des gesamten hinteren Laufrades mitsamt dem aufgezogenen
Reifen und
Schlauch. Dann Da Du hierbei noch nicht einmal Dein volles Gewicht reinhängen kannst (das würdest Du beim Anheben des Rades nicht mehr locker gegenhalten können), ist hierbei noch lange kein maximaler Antritt simuliert.
Bei dieser Übung beschleunige ich mein recht schweres WH-R560 Hinterrad (liegt ohne Bereifung bei ca. 1080 g) samt
Schlauch und 23mm Conti 3000 mit einem einzigen Tritt auf etwa 40 km/h. Nun wiegt mein Hinterrad komplett mit Bereifung ca. 1450 g. Ein Topp-Hinterrad wäre vielleicht 200-300 Gramm leichter, wobei die Gewichtseinsparung nicht am
Reifen (aussen, größter Schwungmassen-Effekt), sondern nur an Felge, Speichen und Nabe liegen kann. Diese Bauteile liegen sukzessive näher an der Achse und bieten dementsprechend immer weniger Trägheitsmoment. Also wird der Unterschied in der Beschleunigungsfähigkeit nur
eine Fraktion eines einzigen Trittes betragen.
Gewichtseinsparungen an der Nabe spielen wegen des sehr geringen Trägheitsmomentes übrigens so gut wie überhaupt keine Rolle bei der rotationalen Beschleunigungsfähigkeit. Der Wechsel eines Standardschlauches auf superleicht oder auch nur des Felgenbandes von Janté auf einen ca. 10 g leichteren "
Michelin-Zierstreifen" macht in Sachen Beschleunigungsfähigkeit mehr als ein Abspecken einer
Shimano 105er-Kloppernabe auf das Idealgewicht von 0 (!) g.
Liegt es vielleicht gar nicht an der Rotationsbeschleunigung, sondern an der Vorwärts-Beschleunigung? Hier gelten die selben Regeln, wie sonst beim Gewicht auch. 500 g Differenz an den Laufrädern bringen nicht mehr und nicht weniger, als 500 g Einsparung an jeder anderen Stelle des Rades oder des Fahrers selbst es ebenfalls bringen würden.
Ergo: Laufräder sind wichtig, aber es kommt ihnen bei Gewichts-Betrachtungen gegenüber anderen Komponenten des Gesamtsystems nicht die herausragende Rolle zu, die ihnen oft angedichtet wird. Die "besondere Beschleunigungsfähigkeit" im Sinne eines geringeren Schwungradeffektes ist energetisch nur eine verschwindend kleine Fraktion der Energie, die in der Tat für eine solche Beschleunigung aufgebracht werden muss.