Um die Ödnis zu überbrücken, hier ein kleiner Erlebnisbericht vom Granfondo del Gallo Nero Ende September im Chianti/Toskana:
Sportlich sicher nicht der anspruchsvollste, landschaftlich aber einer der schönsten Radmarathons dieses Planeten. Die 133 km und rund 2500 Höhenmeter fahren Ötzi-Gestählte locker auf einer Backe. Es sind zwar neun Anstiege, der längste hat allerdings nur 6,5 km und alle bewegen sich im Schnitt bei 5 %, es gibt einen kurzen Abschnitt mit 13 %, der ist mit Schwung aber schnell überwunden.
Zum Rasen ist dieser Granfondo eh viel zu schade, wer sich nämlich nicht regelmäßig umschaut, verpasst was: Die Hügellandschaft der Toskana ist wirklich traumhaft schön und übertrifft sogar bei dem eher trüben Wetter am Renntag jedes Postkarten-Klischee. Die Veranstalter haben sich Mühe gegeben, die Strecke an möglichst vielen Zypressen- und Olivenhainen sowie Schlössern mit zugehörigen Weingärten vorbei zu führen. Alle paar Kilometer steht am Straßenrand das Markenzeichen der Gegend (und natürlich des vor Ort produzierten Rotweins bzw. Olivenöls), der schwarze Hahn (ital. = gallo nero).
An den Laben gibt es neben dem üblichen Süßkram wie Riegel, Bananen und - augenscheinlich DAS Lieblings-Sportfutter der Italiener - Nutellabrote auch herzhafte lokale Spezialitäten wie Schinken, Mortadella und Salami. Außerdem schafft es das Catering sogar - wir sind schließlich mitten im Chianti - einem Rotwein zu kredenzen. Dazu übergießen sie einfach Weißbrotscheiben mit Wein und streuen Salz drauf. Pflichtbewusst habe ich probiert, das Zeug ist aber nicht so ganz meins
.
Das sportliche Highlight kam wie immer kurz vor Schluss, der schon erwähnte 6,5-km-Anstieg. Kurz zuvor hatte ich mir noch einen Coffein-Shot von Named reingepfiffen, den ich auf der Eurobike abgestaubt hatte - und der im Gegensatz zur bekannten Flügeldrink-Hexenpisse
nicht nur lecker schmeckt, sondern tatsächlich spürbar Dampf macht
. Mit dessen Unterstützung habe ich den Berg in gefühlten 10 Minuten (in echt wird's wohl eine Viertelstunde gewesen sein) geschafft. Hier war ich übrigens schnellster Deutscher in meiner Altersklasse, und nein, ich war nicht der einzige, falls einer fragt
!
Das eigentliche Highlight kommt nach der Zieleinfahrt in Radda: Ein Aprés-Bici-Dinner, das jede übliche Nach-Marathon-Nudelparty um Längen schlägt. Statt zerkochter Nudeln mit Fertigpampe gibt es hier 'Pasta al Ragout', bei der man schmeckt, dass die italienische Küche einen Ruf zu wahren hat und dazu ... ein Glas, ja ein richtig schickes Glas ... na was wohl? ... Chianti-Rotwein.
. Das Glas gehört übrigens zum Pacco Gara (neudeutsch: Goodie Bag), man darf's also behalten.
War schon ein lustiges Bild: Überall sitzen Radler, entweder an Tischen oder auf Parkbänken mit Tabletts auf den Knien, futtern ihre Pasta mit Plastik-Besteck und trinken dazu lecker Rotwein aus Gläsern. Ein Anblick, der bei anderen Radmarathons eher selten ist.
Wenn Genuss-Radln, dann so! Prost!
