Vorab: Ich bin kompletter Anfänger, was das Thema Fahrradcomputer angeht. Trotzdem will ich mal meine Erfahrungen mit meinem kürzlich gekauften ROX 12 schildern. Die Intention mir so ein Teil zuzulegen, war, meine Aktivitäten etwas besser „überwachen“ zu können und vielleicht etwas mehr Struktur ins Training zu bekommen. Außerdem wollte ich eine Navigationsfunktion, da der ständiges Rückgriff auf mein iPhone eher suboptimal war (hier war es v.a. das bei Sonne unlesbare Display, der Stromverbrauch und die Tatsache, dass es immer dann in Ruhezustand ging, wenn ich es gar nicht brauchte). Außerdem hatte ich Befürchtungen dass das iPhone dem rauen Fahrradalltag nicht stand hält.
Meine ersten Erfahrungen mit Fahrradcomputern hatte ich mit dem Pure GPS gemacht. Das ist natürlich ein Einsteigergerät, das mich schnell enttäuschte: Die Geschwindigkeitsaufzeichnung/-Anzeige ist vom GPS-Signal abhängig und bricht konzeptbedingt bei jedem Baum, an dem ich vorbeifahre ein. Als Tacho ist das Gerät also nicht wirklich zu gebrauchen. Bleibt das Tracken der gefahrenen Strecken - o.k., das ist brauchbar. Die rudimentäre „Navigationsfunktion“ ist allerdings ein schlechter Witz.
Der ROX 12 mag das andere Ende der Fahnenstange der
Sigma-Geräte darstellen. Eigentlich habe ich mich für dieses Gerät entschieden, weil ich den Namen
Sigma schon kannte und weil ich sehr günstig an ein gerade mal zwei Mal genutztes Gerät gekommen bin. Es hätte auch ein
Garmin,
Wahoo oder Teasi sein können, aber auch diese Geräte hätten mich erst einmal überfordert und wirklich beurteilen hätte ich weder das eine noch das andere Gerät können.
Der ROX 12 ist relativ kompakt, macht einen halbwegs robusten Eindruck, das Design ist allerdings eher auf dem Niveau eines alten Nokia. O.K. - Geschmacksache. Das Display hingegen ist deutlich zu klein und nutzt nicht die Möglichkeiten der Gehäusegröße - was soll dieser große schwarze Rand...?
Sigma, das geht besser!
Die Bedienung als solche ist intuitiv, das Meiste erschließt sich per Trial-and-Error und darüber hinaus gehende Informationen bekommt man über Video-Tutorials. Im schlimmsten Fall bietet
Sigma Support (und der ist tatsächlich auch recht engagiert und duckt sich nicht weg). Eine geschriebene Gebrauchsanweisung braucht man eigentlich nicht.
Der Touchscreen funktioniert halbwegs gut, allerdings wird die Qualität der Touchfunktion eines iPhone nicht annähernd erreicht. Glücklicherweise kann man die Anzeige auch über Tasten steuern und die funktionieren (ohne Handschuhe) ganz ordentlich.
Die Qualität des Displays ist enttäuschend - zumindest wenn man ein Retina-Display gewohnt ist. Die Darstellung ist pixelig, das fällt insbesondere bei der Kartenansicht auf. Nicht annähernd vergleichbar z.B. mit der Kartendarstellung auf dem iPhone. Dadurch dass das Display dann auch noch so pupsig klein ist, ist die Kartendarstellung alles andere als befriedigend.
Der angebliche Rückgriff auf das OSM-Kartenmaterial macht es nicht besser, immerhin mag mit dem Open Source-Material eine gewisse Aktualität gewährleistet sein - vorausgesetzt,
Sigma arbeitet die Aktualisierungen dann auch ein. Obwohl: Hier in Heidelberg wird eine Eisenbahnbrücke und eine Eisenbahnlinie angezeigt, die beide bereits in den 50er Jahren abgebaut wurden und eine Strassenbahnlinie, die derzeit noch nicht mal in der abschließenden Planung ist, ansonsten wir eine Bahnlinie angezeigt, die schon seit 30 Jahren ein reiner Radweg ist - in der aktuellen OSM-Karte finden sich diese Fehler nicht! Von daher frage ich mich, ob
Sigma tatsächlich OSM-Karten nutzt. Eigene Karten lassen sich wohl nicht nutzen (oder ich habe es noch nicht herausgefunden)
Die Touchbedienung auf dem Display ist teilweise brauchbar, teilweise unterirdisch. Die Zugangsdaten für Komoot & Co eingeben zu müssen, brachte mich an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Ich weiß überhaupt nicht, was
Sigma sich dabei gedacht hat. Ist das für Mäusefinger? Und auch die „Draw-a-Route-Funktion“ ist lieb gemeint, aber angesichts der schlechten Displayqualität und der geringen -größe kaum brauchbar.
Die Navigation geht im Großen und Ganzen in Ordnung. Es gibt bei der Routenanzeige ein paar verschmerzbare Fehler, die hier auch schon beschrieben wurden, aber die Navigation soll einem ja nicht das Denken abnehmen. Recht unbefriedigend ist das Anlegen von Routen direkt am Gerät - ich mache das lieber über Komoot und importiere die Routen dann, zumal Komoot eine exzellente Darstellung der Routenqualität hat.
Die Tachofunktion hat die gleichen konstruktionsbedingten Probleme wie der Pure GPS, aber immerhin kann man beim ROX 12 Trittfrequenz und Geschwindigkeit mit einem Sensor direkt am Rad abgreifen - das ist mit Sicherheit die bessere Lösung. Die Erfassung sonstiger Daten geht für meine Ansprüche in Ordnung.
Die Erstellung von Trainingsvorgaben (wenn man das überhaupt so nennen will) ist rudimentär. Da ist jede Excel-Tabelle praxisgerechter. Da hatte ich mehr erwartet.
Was die Einstellungen angeht, muss man bei den Displayeinstellungen aufpassen: Wenn man die Displaybeleuchtung auf "ausgeschaltet" stellt, bekommt man ein Problem: Die Beleuchtung ist dann nämlich ausgeschaltet und das Display ist dermassen dunkel, dass man Schwierigkeiten hat, diese Einstellung überhaupt rückgängig zu machen
Die Synchronisation mit einer Desktop-App ist möglich, aber unbefriedigend, es funktioniert nicht über WLAN, sondern man braucht ein Kabel (es liegt übrigens ein viel zu kurzes USB-2- und kein USB-C-Kabel bei, ich brauche als MacBook-Nutzer also noch einen Adapter). Oder man synchronisiert über die
Sigma-Cloud, was leider nicht gut funktioniert, weil der Sync häufig instabil ist.
Mit einer iOS-App zu synchronisieren geht ohnehin nur über die Cloud, denn iOS-Geräte verstehen kein NFC. Hätte man hier nicht optional einen Sync via Bluetooth anbieten können? Eine Verbindung via OTC-Kabel geht mit iOS-Geräten ja nun auch nicht. Angesichts der Tatsache, dass iOS-Geräte nicht gerade Nischenprodukte sind, hätte man das anders lösen können.
Die Apps, sowohl für Desktop wie für das iPhone/iPad bieten übrigens reichlich Raum für Verbesserungen. Hier hapert es an der Nutzerführung, die Konfiguration ist teilweise hanebüchen, die Oberflächengestaltung hat der Praktikant gemacht und die Stabilität v.a. der iOS-App ist unzuverlässig (die App hat mir beim Start schon mehrfach das komplette iPad abstürzen lassen).
Die Stabilität des ROX 12 bietet übrigens auch Raum für Entwicklungen, das Ding bleibt für meinen Geschmack zu oft hängen, besonders wenn man zu schnell hintereinander irgendwelche Aktionen auf dem Display ausführen möchte. Einmal musste ich bereits den Recovery Mode bemühen und auch ein Rücksitzen auf Werkeinstellungen brachte hinsichtlich Stabilität wenig Verbesserungen
Fazit: Ja, der ROX 12 geht halbwegs in Ordnung. Aber hätte ich den vollen Preis zahlen müssen, hätte ich mich wohl geärgert - v.a. über die schlechte Displayqualität, aber auch über das suboptimale Kartenmaterial. Wie das bei
Garmin & Co ist und ob das dort besser ist, kann ich mangels Vergleichsmöglichkeit nicht sagen.
Übrigens habe ich noch nicht herausbekommen, wie ich die testweise eingesteckte SD-Karte wieder herausbekomme. Die wird auch nirgends angezeigt - weder am Rechner noch im Gerät selbst