So, hier mal ein Bericht zum Keufelskopf Ultra Trail!
Anfahrt gestern abend nach nem stressigen Tag, dann noch ca. 6 Baustellen unterwegs aber so um 21:45 Uhr war ich in Reichweiler, einem 200-Seelen-Kaff in der Pfalz, welches 1x/Jahr zum Magnet für Trailläufer wird.
Startplätze auf den Ultra-Distanzen 45km und 85km sind rar und begehrt, Wartelisten werden jedes Jahr geführt. Ich hatte mich schon letztes Jahr angemeldet
Vor Ort war alles schnell gefunden, kurze Wege. Campingplätze auf dem Sportplatz, die sanitären Einrichtungen wurden über Nacht offen gelassen, schöner Service. Einen Platz für Zelt und Auto hatte ich auch schnell, es sah überhaupt nicht nach Gewitter und Regen aus, also Zelt aufgebaut. Gleich mit den Nachbar in`s Gespräch gekommen, wir tauschten uns aus über Strecke, Strategie, Verpflegung usw.....und auch in diesem Gespräch fielen, als es um den Organisator des Laufs, Erik Teurlings ging, die Wörter "Sklaventreiber", "Menschenschinder" und "Verrückter Sadist"
Die Nacht im Zelt war zwar bequem aber laut. Direkt am Sportplatz führt die Autobahn vorbei
Memo an mich : nächstesmal Ohrstöpsel mitnehmen!
4 Uhr klingelt der Wecker, schnell alles vorbereiten, nochmal zur Toilette und frisch machen, dann mitsamt der Pflichtausrüstung ( Rucksack mit mind. 1,5L Trinkblase, Trinkbecher, leichte Jacke, Mobiltelefon, Verpflegung ) hoch zum Start/Zielgelände, Startnummer holen.
10min vor Start dann die WK-Besprechung in der einige ( u.a. ich ) erstaunt zur Kenntnis nehmen mussten daß das mitführen des Ausweis ebenso vorgeschrieben ist - hatte ich da was in der Ausschreibung überlesen?? Zusammen mit 4 anderen sprintete ich wie ein Blöder runter zum Sportplatz um den Ausweis zu holen. Unterwegs wurden wir von einem der Organisatoren mit dem Auto eingeholt der uns einsammelte, runter-und wieder hochfuhr. Keine Sekunde zu spät, als wir wieder oben waren fiel auch schon der Startschuss und wir wieder wie die Blöden hinterher. Uffz!
Die ersten 10km waren........ja, eigentlich einfach. Trails ohne Ende aber diese sehr gediegen. Es machte riesigen Spaß, ich hielt mich zurück und ging, wie alle anderen, die steilen Anstiege hoch anstatt zu traben um Kräfte zu schonen. Runter dann zwar mit etwas Zug aber angezogener Handbremse, denn die schwierigsten Abschnitte sollten ja so ab km25 kommen und die letzten 15km wurden als schlicht "brutal" bezeichnet.
Bei km 24 gab es für uns auf dem Marathon-Trail die einzige Wasserstelle ( dieser Ultra ist ein Lauf mit Autonomie, d.h. Essen usw muss jede(r) mit sich führen, gereicht wird nur Wasser ) und danach ging es weiter auf die zweite Schleife. Und die hatte es in sich!
Von nun an ging es nur noch auf Trails bergauf und bergab, viele dieser Trails wurden frisch angelegt, es wurden aber auch uralte Trails wieder freigelegt und reaktiviert ( ich glaube ja daß der Organisator mit dem regionalen Waldschrat persönlich einen Vertrag hat der ihm die besten verstecktesten Trails zeigt ), desweiteren wurden einfach Schneisen in völlig zugewachsene Wiesen geschnitten wobei man das ganze gemähte Gras liegen gelassen hat damit es auch schön schwierig zu laufen ist!
Umgestürzte Bäume mussten bezwungen werden, dazu Holzabfuhrwege auf denen kaum ein Weg erkennbar war, Bachdurchquerungen, Schlammlöcher usw usf. Lauter nette kleine Gemeinheiten.
Einer der Anstiege war bspw. derart steil daß man weit vornübergebeugt fast schon hochkriechen musste, außerdem musste man sich mit den Händen an den Oberschenkeln abstützen damit die Muskeln das überhaupt hinbekommen. Und dabei ist es passiert, ich habe nicht mehr auf Weg geachtet und bin stur weiter bergauf, eine Meute von 8 Leuten hinter mir herziehend. Oben angekommen fiel uns dann auf daß keine Markierungen und Flatterbänder mehr da waren. Mist, wir hatten den Abzweig verpasst! Also alles wieder runter, insgesamt war es 1km, und das macht bei dieser Strecke gleich 7min-9min aus.
Ab dem Abzweig führte ein verblockter Trail an einer Steilkante entlang und dann kam "die Wand" - ein Schieferhang den wir hochmussten, und zwar mit Hilfe eines Seils! Das war oben festgemacht und es war die einzige Möglichkeit, diesen Steilhang zu bewältigen, unglaublich.
Von diesen Steilhängen gab es auf den letzten 15km insgesamt 4. Einmal stand ich in einem Bachbett und blickte verwirrt die Wände an die sich vor mir auftaten, denn auch die waren derart steil daß da selbst auf allen vieren kein hochkommen möglich gewesen wäre.....aber dann entdeckte ich das Seil an dem ich mich hochziehen konnte. Und weiter ging`s.
Man kann sich kaum vorstellen wieviel Kraft das kostet. Überhaupt! Die Kraft! Die war seit km30 einfach weg, kein Wunder bei der Strecke. Ab da hat es eigentlich nur noch der Kopf gerichtet. Die Trails der letzten 15km konnte man sowohl bergauf als auch bergab nur noch gehen oder locker traben. Bergab hätte ich mir das eine oder andere mal auch ein Seil gewünscht!
Ich hab mir dann irgendwann aus lauter Verzweiflung einen stabilen Stock gesucht mit dem ich mich dann bergauf etwas hochgewuchtet habe wenn es mal wieder zu steil wurde. Ich war mittlerweile derart platt daß ich kaum noch die Füße heben konnte, da bin ich an einer Wurzel hängen geblieben und gestürzt. Passiert ist nix aber ich habe daraufhin erstmal den Baum und die Wurzel angeschrien ( als ob die was für meinen Zustand können!

) und den Stock vor Wut auf den Felsen um mich herum zerdeppert
Ich konnte in dem Moment gut so manche Leute verstehen die sich einfach mal grundlos prügeln möchten
Jedesmal wenn ich dachte "JETZT kommt aber endlich kein Anstieg mehr, JETZT geht es bestimmt nur noch bergab" wartete um die Ecke der nächste nette Trail im Steilhang. Unfassbar wo der Erik diese Trails hervorzaubert.
Kurz vor dem Ziel wurden wir über den Sportplatz gejagt ( schön am Auto und dem Zelt vorbei, fieser geht es kaum ) und nochmals einen Steilhang hoch. Die Zeit, die ich anvisiert hatte ( unter 6 Std ) hatte ich mich verabschiedet und es wäre auf den letzten km eh nicht möglich gewesen Zeit reinzuholen weil es eben ständig rauf-runter-rauf-runter ging auf völlig verblockten rutschigen verwurzelten steinigen Trails.
Aber ich wusste ja worauf ich mich eingelassen hatte, das soll hier auch alles keine Beschwerde sein, nicht falsch verstehen!
Nach 6:02 Std waren 47,5km geschafft. Die offizielle Strecke beträgt übrigens nicht 45km sondern 46,5km, plus 1km verlaufen also 47,5km mit 1900hm für mich
Ich muss derart angezählt gewesen sein daß mein Hirn etwas gelitten hat, denn als ich im Zielbereich sitzend mit Frau Adrenalino telefonierte meinte diese nach ein paar Momenten "Schatz, besorg dir mal was zu essen und ne Cola, du redest wirres zusammenhangloses Zeug! Dann rufst du nochmal an, denn deine Sätze jetzt gerade ergeben keinen Sinn!"
Fazit : wenn ich schreibe daß eine LD Kindergeburtstag gegen diesen Ultra ist dann meine ich das absolut ernst! Diese 47,5km haben mir alles abverlangt, und man muss bei diesen Trailläufen mit allen Muskeln arbeiten und dazu hochkonzentriert sein, sonst schmiert man auf den Trails ab oder semmelt, so wie ich, an den Abzweigen vorbei.
Garmindaten klick!
Ein paar Foddos von unterwegs, das Selfie bei ca. km35, sieht man glaube ich auch
Foddos lassen sich ums verrecken nicht drehen, müsst ihr halt den Bildschirm drehen, sorry
Ein harmloser Trail bei ca. km15