Ich habe mir jetzt nicht den ganzen Verlauf der Unterhaltung im Einzelnen durchgelesen. Obwohl ich mich wahrscheinlich gleich darüber ärgern werde, dass ich auf so einen Beitrag überhaupt eingehe, werde ich mir trotzdem die Mühe machen und diesen Beitrag ernsthaft beantworten. Höchstwahrscheinlich vergebene Liebesmüh, aber die minimale Chance, dass hinter dem Ersteller des Beitrags nicht nur ein Troll steckt, sondern jemand, der sich wirklich informieren will, ist es mir wert.
· Warum benutzt Ihr eigentlich nicht die für Radfahrer ausgewiesenen Fahrradwege? Laut Straßenverkehrsordnung gibt es für euch keine Ausnahmeregelung. Unabhängig vom Fahrradtyp (Mountainbike, Trekkingrad, Rennrad etc.). Ich spreche natürlich von den ausgewiesenen Radwegen, welche befahrbar sind. Da ich diese selbst benutze bzw. benutzen würde.
Ja, das mit den Radwegen. Erstmal: Es müssen nur die Radwege benutzt werden, die einen blauen Lolli haben. Das sind inzwischen selbst in Großstädten nur noch wenige Wege und es werden (zum Glück) immer weniger. Zudem sind diese nur benutzungspflichtig, wenn die Benutzung zumutbar ist. Da dürften dann noch einmal ein Großteil der "Radwege" rausfallen; sie sind zu schmal, überwachsen, unterwurzelt, in der Dooring-Zone oder voll mit Fußgängern. Achja, und mit Autos natürlich, die den blauen Lolli mit dem Fahrrad drauf uminterpretieren als "Parkplatz". Die "Befahrbarkeit" der Radwege sieht aus dem Auto leider oft besser aus, als sie es in Realität ist. Zudem sind viele Wege mit einem Trekking-Rad noch befahrbar, jedoch mit einem Rennrad mit schmalen
Reifen und 7-8 Bar Luftdruck nicht mehr wirklich. Bestes Beispiel ist längs verlegtes Pflaster...am besten noch bei Nässe...kann man nicht nachvollziehen, wenn man mit einem Trekking-Rad unterwegs ist. Achso und dann wäre da noch die Kleinigkeit von so ungefähr 1000 Studien die ausweisen (selbst vom ADAC!!!), dass die Straße sehr viel sicherer für Radfahrer ist, als die Straße. Ich persönlich ziehe es damit meist vor, mich ab und zu mal anhupen zu lassen, als alle 200m von einem Rechtsabbieger, der mich "übersehen" hat (sprich: nicht geguckt, weiß gar nicht, dass ich Vorfahrt habe, SMS verschickt, etc.) fast umkarren zu lassen. Und so ist nun einmal in Großstädten die Realität, wenn man die Radwege mit mehr als 15km/h befährt.
· Weshalb haltet ihr euch nicht an die vorgeschriebene Geschwindigkeit in der 20er- oder 30er Zone bzw. in den sog. „Spielstraßen“?
Also ich kenne kaum 20er Zonen, in der 30er Zone dürfte ich meist genau in der Geschwindigkeit liegen. Ich kann mir hier aber den Hinweis nicht verkneifen, dass ich trotzdem von den meisten Autos in solchen überholt werde. Ich verstehe auch den Vorwurf nicht, außer du erstellst diese Frage auch in einem Autofahrer-Forum.
· Warum überquert ihr regelmäßig und ohne schlechtes Gewissen stets rote Ampeln?
Ja, das ist so eine Sache. Auch hier mal wieder: Stelle dich mal im Berufsverkehr in eine Großstadt an eine Ampel und schaue, wie viele Autos "noch schnell" bei rot rüber huschen. War gerade eine große wochenlange Reportage in einer großen Hamburger Zeitung, in der sich Reporter mal den Spaß gemacht haben, die Autos zu zählen. War nicht gerade beruhigend.
So, aber warum machen wir das? Erstmal: Es macht wohl wirklich nicht jeder. Eher die Minderheit. Und warum macht es die? Aus genau 3 Gründen: 1. Man will schnell irgendwo hin - das dürfte auch dem Autofahrer bekannt sein. 2. Man kann die Gefährdung auf einem Fahrrad wesentlich besser einschätzen; man kann besser gucken und hören als in einem Auto. 3. Man gefährdet nur sich selbst und keine anderen. Wenn mich einer umkachelt, bin ich schwer verletzt oder tot, das Auto hat einen Kratzer. Wenn Autos bei rot über die Ampeln rauschen, ist es anders herum.
· Weshalb fahrt ihr über Zebrastreifen, welcher nur für Fußgänger bestimmt sind?
Ein weit verbreiteter Irrtum. Wir DÜRFEN über Zebrastreifen fahren. Es gibt keine Zebrastreifen, die nur für Fußgänger bestimmt sind. Das einzige, was für uns anders ist: wir haben keine Vorfahrt vor Autos, wenn ich also über den Zebrastreifen fahre, muss das Auto mir keine Vorfahrt gewähren. Das müsste es nur, wenn ich mein Fahrrad über den Streifen schiebe.
· Warum drängelt ihr euch in Großstädten vor bis vor zur Ampel und stellt euch vor die Autos, die bereits an der Ampel warten?
Auch hier wieder: ein Irrtum, dass man das nicht darf. An stehenden Fahrzeugen darf mit gebotener Vorsicht (langsam!) rechts vorbei gefahren werden. Ist also unser gutes Recht. Ich halte es da mit Augenmaß. Wenn die Schlange so kurz ist, dass ich bei der nächsten Ampelphase rüber komme, dann warte ich einfach hinten. Wenn die Schlange aber so lang ist, dass ich mehrere Phasen warten muss, dann fahre ich vorbei. Ich sehe es schlichtweg nicht ein, Opfer des Staus zu sein, der Tag für Tag von Leuten verursacht wird, die es für eine gute Idee halten, in der Großstadt die 5km zur Arbeit mit einem Blechkasten zurück zu legen und die Straßen zu verstopfen.
· Warum fahrt ihr durch Parkanlagen o. ä., welche nur für Fußgänger vorgesehen sind?
Kann ich nichts zu sagen. Ich kenne schlichtweg keine Parkanlagen, die nur für Fußgänger vorgesehen sind. Außerdem bezweifle ich, dass dort vermehrt Rennradfahrer anzutreffen sind, da Parkanlagen meist nicht sonderlich für schnelle Fahrten geeignet sind und aufgrund der Bodenbeschaffenheit (Sand, Kies) sich nicht für Rennräder eignen.
· Weshalb benutzt ihr die Bürgersteige, welche für Fußgänger ausgewiesen sind?
Also oben wird sich noch beschwert, dass wir ständig böse auf der Straße fahren und jetzt schlängeln wir uns plötzlich mehrheitlich über Fußwege? Auch hierzu kann ich nichts sagen, da ich persönlich Fuß- und Radwege meide; mir erscheint es aber auch nicht sonderlich plausibel, dass man mit einem Sportgerät, dass für hohe Geschwindigkeiten gebaut wurde, über Fußwege schlängelt. Und es ist mir auch noch nie aufgefallen, dass dies von Rennradlern gemacht wird. Eher von Freizeit-Trekking-Rad-Fahrern, die alle jeden Sonntag 200m zum Bäcker fahren, um dann bei solchen Beiträgen als Disclaimer hinzuschreiben "Ich fahre auch Rad, aber..."
· Warum fahrt ihr entgegengesetzt der Einbahnstraße, wenn es für euch nicht erlaubt ist? Keine besondere Kennzeichnung!
Zum Glück sind ja die meisten Einbahnstraßen inzwischen für Radfahrer freigegeben. Was so manchen Autofahrer trotzdem nicht davon abhält, einen belehrend anzuhupen oder auch einfach mal auf einen zuzuhalten, aber das soll ja - wie von dir gefordert - nicht Thema sein. Wenn Radfahrer durch eine Einbahnstraße fahren, die nicht freigegeben ist, dann wahrscheinlich, weil es der kürzere Weg ist. Klingt doch plausibel. Außerdem stellt sich hier ein ähnliches Problem wie mit den oben genannten Staus. Einbahnstraßen sind Einbahnstraßen, weil 2 Autos nicht aneinander vorbei passen. Was oft auch daran liegt, dass Autos auf der Straße am Rand parken. Irgendwann sagt man dann halt: Löst eure Platzprobleme doch ohne mich.
· Weshalb fahrt ihr auf der falschen Seite der ausgewiesenen Radwege, falls ihr sie doch mal benutzt?
Und täglich grüßt...nein, wir wollten ja ernst bleiben. Im Ernst jetzt, aber mal ganz im Ernst, diese sog. Geisterradler regen mich auch auf. Jeden Tag. Ständig. Aber: viel Unwissenheit (eher von der Trekking-Fraktion), oft ist aber auch die Verkehrsführung für Radfahrer einfach bescheiden. Teilweise müsste man ohne Geisterradeln große Umwege fahren, um überhaupt zum Ziel zu kommen. Weil z.B. Ampeln fehlen, bei denen man 8-spurige Straßen überqueren kann (die es ja nicht geben müsste, wenn...). Oder weil man sog. Radwege benutzen muss (ich nenne sie ja eher Todesstreifen) und ein direktes Links-Abbiegen leider nicht geht. Nur mal so als Denkanstoß.
Achja, und hier der Disclaimer: Ich gehe zu Fuß, fahre (viel) Rad (Rennrad, Mountainbike, Bahnhof-Schrott-Cityrad) und echt, jetzt mal ganz in echt, ich fahre sogar Auto. Ganz im Ernst. Ich habe sogar eins. Bin sogar heute schon gefahren. Und gestern. Ganz entspannt. Ohne Krieg und so.