Als ich ihnen noch ordnungsgemäß eine aufs Maul angeboten habe waren sie plötzlich weg, komisch
Nennt man das Berliner Jelassenheit,
@Dynamo72 ? Ich frag nur nach. Nicht dass ich hier einer regionalen Mentalität auf den Leim gehe.
Ich empfinde das als sehr befremdlich und frage mich nach meinen letzten Erlebnissen im asphaltierten Straßenverkehr, ob nicht vielleicht auch Corona dem ein oder anderen mehr zusetzt, als er sich selbst eingesteht. Den Vogel schoss dabei so ein junges Bürschchen im hochglanzpolierten perlweißen Blech ab.
Ein außerstädtischer schnurgerader und damit gut einsehbarer Straßenabschnitt nach der Stadtgrenze. Gleich hinter dem Ortsausgangsschild geht es mit Geschwindigkeitsbegrenzung 50 weiter. Kein Gegenverkehr. Er überholt mit nur ein paar Zentimetern Abstand. War wohl so wenig los, dass ihm so langweilig war, dass er nur darauf gewartet hat, in seinem Rückspiegel zu beobachten, wie ich verärgert meinen Arm in die Luft werfe.
Es folgt seinerseits eine Vollbremsung. Als ich an dem stehenden Fahrzeug einfach links vorbei fahre und ihm nicht die Ehre erweise, neben seiner heruntergelassenen Fensterscheibe anzuhalten, brüllt er mir irgendetwas vonwegen Radweg zu. (Der "Radweg": Ein schmaler unebener Bürgersteig mit blauem Fußgängerschild und der "Fahrrad frei"-Ergänzung.)
Im folgenden Gefällabschnitt habe ich dann freiwillig auf den linksseitigen benutzungspflichtigen Radweg gewechselt, damit ich einen Grünstreifen als neutralen Pufferbereich zwischen uns habe. Er wurde nicht müde, in meiner Geschwindigkeit neben mir herzufahren und über die Gegenfahrspur hinweg mir zuzubrüllen: "Halt an, Du Arxxxxxch, damit ich Dir aufs Maul hauen kann!"
Bei einer kleinen einmündenden Straße hat er sich mit seinem Auto quer über den Radweg gestellt, um mich zum Anhalten zu zwingen. Ich habe ihn umkurvt und einfach stehenlassen. Aber er hatte Blut geleckt. Später, als der Radweg endete, blieb er unbeachtet der anderen Verkehrsteilnehmer mitten auf der Straße stehen. Auch hier zeigte sich wieder einmal, wie unpraktisch - weil total unflexibel - so ein Auto sein kann.
Meinen Weg habe ich dann über den Wanderparkplatz fortgesetzt, mich dahinter an der Schranke vorbeigeschlängelt und die Ruhe der wilden Flußauen eingeatmet. Links eine Fallobstwiese mit Schafherde, rechts ein paar Reiher auf der Futtersuche. Weiter über den Lieblingstrail entlang der Betonzahnreihen des Westwalls. Weit und breit kein Platz für Perlweiss.
Rückblickend frage ich mich, wie es hätte besser laufen können. Im Nachhinein bedauere ich es, dass mir nicht die Idee gekommen ist, das Ganze mit dem Smartphone zu dokumentieren. Der Grünstreifen hätte mir die Gelegenheit gegeben. Schade.
Und nur eine Träumerei: Hätte ich die Nerven gehabt, den Typen im folgenden Anstieg neben mir zu ertragen und hätte ich eine für mich sichere Wegimprovisation gewusst, wie ich ihn die ganze Zeit auf Abstand, aber trotzdem bei Laune halte, weil ich ihn in meiner Nähe lasse, dann würde ich im Nachhinein ein lautstarkes Showdown direkt auf die Kreuzung vor der Polizeiwache legen. Aber so abgebrüht bin ich (leider) nicht.
Passt auf euch auf und bleibt cool!