... Aber für mich ist jeder unschuldig, bis ihm die Schuld nachgewiesen wurde. Das ist für mich ein Eckpfeiler der Demokratie....
Das mit der "Unschuldsvermutung" hört sich immer toll an und wird ja auch gerne von nicht oder nur unzulänglich überführbaren Chemie-Dopern in Anspruch genommen. Aber das ist gerade kein Eckpfeiler der Demokratie (auch nicht des Rechtsstaates), sondern es gilt nur im Strafrecht, also wenn der Staat den Bürger für irgend etwas bestrafen will, und auch da nur mit Einschränkungen. Im zivilen, geschäftlichen, gesellschaftlichen Leben, und damit auch sowohl im Amateur- wie im Profisport, hat das aber eigentlich nichts zu suchen. Wenn ich jemand für einen Gauner halte, brauche ich keine Geschäfte mit ihm zu machen, unabhängig davon, ob ihm etwas nachzuweisen ist. Wenn jemand den begründeten Verdacht hat, dass ihn sein Arbeitnehmer bestiehlt, kann er ihm kündigen, auch wenn ihm keine konkrete Tat nachzuweisen ist. Mit Leuten, die ich für charakterlos halte, pflege ich keinen persönlichen oder gesellschaftlichen Umgang und da ist es völlig wurscht, ob diese Annahme nur auf haltlosen Vermutungen oder etwas nachweisbarem beruht. Deshalb nehme ich mir auch das Recht heraus, unabhängig von einer harten Nachweisbarkeit, selbst zu entscheiden, ob ich jemand für einen redlichen oder unredlichen Sieger halte, wobei klar ist, dass es ebenso in Ordnung ist, wenn jemand anderes das anders sieht.
Und was den Nachweis von Doping oder anderen Betrugsmethoden im Radsport angeht: Es muss Sache des Teilnehmers sein, jederzeit nachweisen zu können, dass er Chemie-Doping frei ist. Das ist heute im Kern ja auch so, da gibt es eine "Unschuldsvermutung" nur noch ziemlich eingeschränkt. Und mit konsequentem Vorgehen wäre auch das Problem des Betrugs beim Material in den Griff zu bekommen, eigentlich sogar ziemlich einfach und nachhaltig. Der Teilnehmer ist dafür verantwortlich, dass sein Material den Regeln entspricht. Er muss das nachweisen, nicht ihm muss die Regelwidrigkeit des Materials bewiesen werden. Wenn jeder Teilnehmer vor dem Rennen sein Rad einzuliefern hätte, er es nach Prüfung verplombt bzw. gesiegelt zurück bekommt, dann damit ohne wenn und aber das Rennen bestritten werden müsste, und danach bspw. bei den ersten 10 des Klassements die Räder nochmals untersucht werden, dann wäre das Problem auf einfache und praktikable Weise zu 99% gelöst. Ohne mobile Wärmebildkamera, Röntgenwagen oder unzuverlässige Tablets. Und wenn jetzt das Argument vom Defekt unterwegs kommt, dann würde eben in Zukunft gelten, dass das komplette Rad oder wesentliche Teile unterwegs nicht mehr gewechselt werden dürfen. Wem der Rahmen oder die Felge bricht, für den ist dann halt das Rennen beendet, der hat genauso Pech gehabt, wie einer der stürzt und sich das Schlüsselbein bricht. Der Sport würde es nicht nur überleben, es würde ihm sogar gut tun.