... Zugegebenermaßen kenne ich mich sehr wenig im klassischen Straßenradrennsport aus, was mich wiederum jedoch als derartigen "Laien" zu einer interessanten Quelle macht, denn: mir waren dafür die Bergetappen der Tour de France wohl bekannt, was mein erster Kontakt bzw. mein erstes Bewusstsein für Radrennsport darstellte - damals hatte ich mit selber Rennradfahren nichts am Hut. Dann kam der Ulle-Skandal, aber das ist eine andere Geschichte...
Auch der Ötztaler Marathon war mir schnell ein Begriff, als ich mit dem Rennradfahren anfing.
Was ich damit sagen möchte: für den aktiven Fahrer im Wettkampf - so wie du es warst/bist - mag das Straßenrennen das non-plus-ultra sein, was auf den Zuschauer nicht zutrifft. Denn all die Feinheiten, die du hervorgehoben hast, um deine Ansicht zu erklären, sind von außen kaum bis gar nicht wahrnehmbar. Und gerade bei den langen Bergrennen trennen sich die guten von den sehr guten Fahrern - eine sehr respektable Leistung mMn.
Das ist ein guter Punkt für mich, um einzuhaken:
Ich habe das lange Zeit haargenau so gesehen wie Du. Dazu muß man wissen, daß ich in einer Zeit zum Rad
rennsport gekommen bin, als der schon dabei war, auf ewig zur Randsportart zu verkümmern. Er war zwar noch um ein vielfaches populärer als heute, aber der Weg war bereits vorgezeichnet - da hat weder ein Didi Thurau noch ein Ulle was dran geändert, da handelte es sich nämlich nicht um "neue Popularität" sondern um Nationalismus.
Also habe ich mich in "mein Schicksal gefügt" und gesagt: dann betreibst du eben eine Randsportart, fertig.
Dabei hat es mir sicherlich geholfen, daß ich schon immer einen Scheiß darauf gegeben habe, ob ein Deutscher oder wer auch immer gewonnen hat. Natürlich habe ich im direkten Duell Olaf Ludwig vs. Gilbert Duclos-Lasalle (Paris-Roubaix) dem Olaf Ludwig die Daumen gedrückt, aber dann hat sich Duclos-Lasalle als der eindeutig bessere erwiesen und das Rennen nochmal gewonnen und war fortan mein Leitbild.
Bei meiner Auffassung schwang dann irgendwann auch sowas wie "Überheblichkeit" mit, das ist ja bekannt, daß ich eine "ganz leichte" Affinität zu dieser Haltung habe: Wie kann Otto-Normalverbraucher die Feinheiten erkennen, die ich auf Grund meiner "Rennintelligenz" (damals genügte mir alles, was nur mit "Intelligenz" anfing oder aufhörte...) so fein zu beurteilen in der Lage bin!! Unmöglich.
Das ist dann sowas wie "Der Fuchs und die Trauben", nur umgekehrt.
Jedenfalls ist es eine Tatsache, daß man die "Feinheiten", die sich bspw. bei Bahnrennen abspielen, oder bei einem sehr taktisch gefahrenen Klassiker usw. als Laie kaum sehen kann. Selbst einer, der zig Radrennen kommentiert hat und da über ein Faktenwissen wie kein anderer verfügte wie Herbert Watterott tappte da Zeit seines Lebens im Dunkeln.
Aber: Das ist bei anderen "populären" Sportarten doch genauso, abgesehen davon, daß die doch immer nur populär waren, wenn Deutsche vorne waren. Das war kurze Zeit beim Eisschnelllauf so, beim Skispringen, beim Tennis usw.
Es kann mir kein Mensch erzählen, daß die plötzlich all die Feinheiten kapiert hätten.
Und beim Fußball ist das auch so: Die "Sachkenntnis" kommt auch da aus der Gemengelage von Kneipen-Gewäsch, BAZ, Sportbild, Dummschwätzerei am Arbeitsplatz usw.
Schwere Verständlichkeit ist überhaupt kein Hindernis für Popularität: Im Besten Falle werden wirklich alle zu Spezialisten oder sie bleiben halt "dumm" und finden es trotzdem geil.
Ich schreibe Dir das jetzt alles, weil du ja auch zu den wenigen gehörst, die neben
@lordad und meiner Wenigkeit konstruktiv im entspr. Thread mitdiskutiert haben.
Zurück zu unserer persönlichen Sicht:
Ich bleibe dabei, daß "richtiger" Radrennsport immer Vielseitigkeit erfordert. Radrennsport
ist Vielseitigkeitssport. Vor 40 Jahren war das noch halbwegs selbstverständlich, Leute wie Eddy Merckx oder der 10 Jahre jüngere Bernard Hinault haben noch Etappen im Sprint gewonnen. Hinault sogar die Schlußetappe auf den Champs-Elysees.
Und, um nochmal auf die Popularität zu kommen: Es wäre ein Trugschluß, sich die durch Hervorhebung von Zeitfahren oder Berg-Marathons zu "erkaufen".
Radsport wird wie die einzelnen Menschen nur immer wegen seiner Besonderheit "geliebt" werden. Und Berge sind da sicherlich attraktiv, ja, aber Zeitfahren, vor allem wenn sie nicht von einem Allrounder wie Fabian Cancellara oder einem "Typ" wie Tim Wellens präsentiert werden, sondern von einem blutleeren Langeweiler wie Tony Martin, machen auf Dauer nicht an.
Natürlich war in meinen Aussagen ein gutes Maß an Provokation. Und die hat ja dann auch funktioniert, indem
@Teutone im Grunde "geständig" war. Treffer.
Ansonsten geht es mir genau wie dir:
...
Jaaa, mag schon sein, aber die Abfahrten... ???
Naja, mich haben halt die Abfahrten angefixt... wer geil abfahren will, muss sich halt hochschinden...
So isses. Ich fahre z.B. sehr gerne meine Runde über die Kreidacher Höhe, da habe ich erstmal den für meine Formentwicklung (man muß natürlich im Training regelmäßig "Berge" fahren, aber nicht nur!) wichtigen ca. halbstündigen "Aufstieg", sondern eine für mich wirklich maßgeschneidete, obergeile Abfahrt.
Und mir fällt das nicht in den Schoß, da ich vom Körperbau her der Typ Xena bin (1,78 m und ~ 75 kg - ich wiege mich nicht). Wenn man aber ein Mittelgebirge vor der Haustür hat, kommt man um die Höhenmeter nicht herum... was war's schön flach, als ich noch im Großraum München lebte...
Also ich finde das schön, daß ich ein Mittelgebirge vor der Haustüre habe. Falls ich aber mal keinen Bock auf Berge habe, habe ich natürlich auch den breiten und flachen Rheingraben zur Verfügung.
Der Vielseitigkeit steht also auch in meinem Falle nicht viel im Wege.
Und jetzt mal wieder was zum Wetten:
Ich biete denen, die jetzt hier zu den ca. 45 - 55-jährigen gehören ein "Forumsrennen" an: Im Spätsommer 2027. Ja, kein Tippfehler. Die Runde wird ca. 15 oder nahe 30 km sein, im ersten Fall also 2 mal zu durchfahren. Man könnte Mörlenbach-Kreidacher Höhe-Mörlenbach nehmen.
Das ganze steht unter dem Vorbehalt, daß ich bis dahin tatsächlich wieder bei meinem idealen Renngewicht bin und auch sonst nicht ernsthaftes gesundheitliches dazwischen kommt. Sollte das der Fall sein, werde ich natürlich ehrlich wie immer meine Niederlage (ggfs. durch Nicht-Antreten) eingestehen.
Für die, die nicht so gut im Kopfrechnen sind: 2027 werden die Großschnauzen annähernd so alt sein, wie ich jetzt. Gut tw. fehlt da noch ein ganzes Stück, aber: geschenkt! Ich werde dann 72 sein.
Wir sprechen uns wieder.