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Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Knobi

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Renner der Woche
Renner der Woche
Verehrtes Forum, liebe Freunde!

Nun bin ich auch mal an der Reihe und werde über die nächsten Wochen oder Monate den Wiederaufbau eines geschenkten, eigentlich vollkommen ruinierten Durifort-Rahmens dokumentieren.
Wer mich kennt, ahnt bereits jetzt: Historisch korrekt wird es dabei sicher nicht zugehen und von einer Restauration kann auch keine Rede sein - eher schon von einem schrägen Umbau mit Mut zur Lücke und viel Experimentierfreude. :D

Doch zunächst die Vorgeschichte:
Vor einiger Zeit half ich einem guten Freund, seine Werkstatthalle zwecks Umzug auszuräumen. In der Ecke stand ein jämmerlich verdrecktes, rotes Rennrad, ziemlich alt. Da mein Kumpel mich ja nun kennt und in etwa genauso groß ist, zerrte er das Ding ins Licht und meinte "Da - nimm's mit, oder ich schmeiß es weg!".
Die Rahmenhöhe erschien mir auf den ersten Blick passend, bis auf die linke Kurbel und die Pedale war das Rad komplett, also ab ins Auto damit und daheim in Ruhe angeschaut.





Das Ergebnis war ernüchternd:
Rahmen von übelst schlechter Fertigungsqualität, wenn auch nicht grundsätzlich minderwertig. Die Durifort waren als Vitus-Vorgänger ja eigentlich in der Mittelklasse angesiedelt, wozu auch die komplett verbaute 600 Arabesque passt. Oberrohr rot nachgepinselt, an diversen anderen Stellen Rost am Rahmen.










(nein, die Gabel ist nicht krumm - der Gabelkopf ist hinten nur brutal durch eine Art Punktschweißmaschine eingedrückt worden, und zwar werksseitig)

Kein einziges Lager drehte sich mehr, vom Steuersatz mal abgesehen. Felgen? Klassische Weinmänner, einst liebevoll mit Unterlegscheibchen eingespeicht und noch lange nicht durchgebremst - aber huckenkrumm. Naben? Bombenfest zusammengerostet. Innenlager ebenso. Schaltwerk am vorderen Gelenk durchgerissen, so etwas hatte ich vorher noch nie gesehen und kann es mir auch nicht erklären.
Bei näherem Hinsehen sprach jedoch vieles dafür, dass das Rad keine hohe Laufleistung hat - es wurde nur ausgesprochen schlecht behandelt und vorsätzlich zugrundegerichtet. Kettenblätter und Steuersatz dürften kaum über 10 Tkm alt sein, wenn überhaupt - Umwerfergabel und Schaltwerksröllchen passen dazu.

Der Rahmen selbst ist, wie schon erwähnt, äußerst lieblos zusammengebrutzelt und zeigt an fast allen Muffen deutliche Spalten und Lotreste unterm Lack.

Hier der Gabelkopf des Grauens:






Die Zuganschläge für die hintere Bremse sind schief angelötet und obendrein rechts, was aber zur Arabesque-Bremse passt. Obwohl die Räder in der Spur laufen und auch sonst alles fluchtet, liegen die Hinterbaustreben unterschiedlich hoch an der Sitzmuffe an; die rechte steht deutlich über. Würg.





Nun fragt sich der geneigte Leser zu recht, warum dieses Ding nicht auf der Stelle in den Schrott gewandert ist.
Und bekommt dafür gleich drei griffige Erklärungen:

1. Ein Geschenk, und als solches muss ich das Rad leider ansehen, wirft man nicht weg.

2. Der Rahmen hat ein langes Bremsmaß und eignet sich damit für Schutzbleche und fette Reifen. Jetzt schwant Euch bestimmt schon Böses.

3. Ich brutzle zwar schon seit Jahren an Rahmen rum, aber bislang ging es dabei immer nur um sinnvolle Kleinigkeiten oder Reparaturen. Irgendwann will ich mal meine eigenen Rahmen bauen, zumal ich einen größeren Bestand an Rohren und Muffen gewissermaßen "geerbt" habe - und dieses Ding hier eignet sich hervorragend als Opfer zum Üben.
Schlimmer werden kann es schließlich kaum noch.


Da der Rahmen im Vergleich zur Höhe außergewöhnlich lang ist, eignet er sich sowieso nicht als Renner - zumal ich kurze und (sehr) wendige Rahmen ausgesprochen gern mag.
Vor meinem geistigen Auge erschien schließlich ein schlichtes Tourenrad mit "Gesundheitslenker" nach Art eines Cinelli Priest oder Nitto Moustache. Kein überflüssiges Gedöns, keine außen am Rad bammelnden Züge. Canti-Bremsen oder Mini-V, 35er Reifen mit mildem Ackerprofil, eventuell schlanke Schutzbleche und ein ebenso schlanker Gepäckträger.
Nur ein Kettenblatt und damit keine Schaltung vorn - hinten aber eine 10-fach-Kassette mit ordentlicher Bandbreite. Theoretisch müsste das mit einem kurzen Käfig schaltbar sein, optisch bleibt das Rad also schön schlicht. Die RR-typischen Topspeed-Gänge wird man bei so einem Ding ebensowenig vermissen wie die ganz kurzen Gänge eines MTB, also könnte ein 42er Kettenblatt mit einer 12-32 oder 34 Kassette okay sein. Theoretisch würde sogar ein 13er Ritzel ausreichen, wir werden sehen.

Jetzt aber genug gelabert und auf zum ungebremsten Tatendrang!
Die Reihenfolge der Fotos ist dabei nicht unbedingt chronologisch und ein toller Fotograf bin ich noch nie gewesen, ich bitte also um Nachsicht.

Zuerst einmal müssen die unsinnigen Bremszugführungen auf der rechten Seite des Oberrohrs verschwinden. Stattdessen soll der Zug elegant im Rohr verschwinden und dafür besorgt man sich Edelstahlröhrchen in verschiedenen Durchmessern, z.B. im Modellbauladen oder Bastelgeschäft:



Und peilen, wie der Zug möglichst ungeknickt durch's Rohr gehen könnte:



Ein Widerlager/eine Brücke habe ich übrigens nicht geplant. Falls ich Cantis fahre, werde ich diese über Powerhanger ansteuern, ansonsten kommen Mini-V zum Einsatz und die brauchen sowieso kein Widerlager.

Hammer und Körner:



Uuund - zack!



Das kleine Röhrchen für den Innenzug ist 3 mm dick, also wird auch 3 mm groß gebohrt:



Wenn das Loch durch ist, die Bohrmaschine in Richtung des geplanten Zugverlaufs ankippen und ein wenig damit hin und her ratschen:



Ööhhh! A Loooch!



Und noch eins am anderen Ende. Hier sieht man, dass ich vorher schon ein wenig am Übergang zum Sitzrohr gespielt hatte:



Weil die Löcher noch nicht lang und "schräg" genug sind, darf mit Schlüsselfeile oder Dremel nachgeholfen werden.



Dann einen am Ende ordentlich abgeknickten Zug einführen. Hier sieht man, wie bescheiden der Rahmen ab Werk nachbearbeitet war.



Am anderen Loch den Zug so lange hin und her drehen, bis das Ende durchflutscht. Daher auch der Knick.



Röhrchen auffädeln und in den Rahmen schieben.



Am anderen Ende mal kurz am Zug zerren und das Röhrchen aus dem Loch ruckeln. Anschließend einen heilen Zug durchschieben und schauen, ob auch alles schön leichtgängig ist.



Überstand absägen, dabei aber das Rahmenrohr ganz lassen!



Hier sehen wir an einer anderen Ecke, wie die Sache mit dem Anschlag funktioniert: Rohrstückchen Nr. 1 überbrückt den Unterschied zu Rohrstückchen 2, das später die Zugspirale aufnimmt. Gescheit verlötet, entsteht so ein sauberer und belastbarer Anschlag. Die Hülse verstärkt dabei das gelochte Rahmenrohr, weil sie das Loch überlappt.
Selbstverständlich habe ich mich bei der Aktion ordentlich in den Finger gesägt.



So sieht es aus, wenn die beiden "inneren" Teile schon mal verlötet sind. Dabei kann man gut beobachten, wie das Lot in den Spalt zwischen den Röhrchen kriecht.



Jetzt kommt die Hülse drauf. Anschlag, Rohr und Hülse (auch innen) wieder schön mit Flussmittel einpampen!



Und verlöten. Das kann man allein eigentlich nicht gescheit knipsen. Ich verwende dafür 55%iges Silberlot - gar nicht so einfach, mit dem dünnflüssigen Zeug vernünftige Hohlkehlen hinzukriegen...



Damit das innere Röhrchen nicht voll Lot läuft oder mit Flussmittel verstopft, stecke ich eine ordentlich verglühte, "verzunderte" Speiche rein. Die kann man auch noch mit Silikonfett einschmieren - das bringt tatsächlich was, obwohl es beim Löten ja verbrennt. Seltsam.





Mit Schlüsselfeile, Dremel oder Schleifleinen verputzt - wer halbwegs anständig lötet, hat dabei anschließend nicht mehr viel zu tun:



Und so sieht der Anschlag von innen aus:




So, Schluss für heute - und morgen bauen wir uns eine martialische Tretlagergehäuseverstärkung samt durchgelknallter Schaltzugführung!

:cool:
 

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Re: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Knobi

Hilfreich
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AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

sehr cool, da bin ich gespannt wie es weiter geht !!!

Viel Spass dabei !!!
 
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Knobi

Hilfreich
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AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

ziemlich coole Sache, bin definitiv gespannt!!
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

saucool! respekt.
nen ähnlich miesen rahmen hatte ich vor ein paar wochen auch noch hier rumliegen, mangels deiner bastelfähigkeiten hab ich den verschrottet...
tob dich aus an dem teil, wird sicher was cooles rauskommen, die zugführung schaut schon hammer aus!
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Ich mag solche Geschichten! Hol mir schon mal für heute Abend ne Tüte Popcorn und bin gespannt auf den zweiten Teil :D
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Sehr schön,

genau die richtige Serie für die kommenden langen Winterabende... :dope:

Vergiß aber nicht ein paar Pleiten, Pech und Pannen einzubauen, damit das Happyend umso strahlender wird... :p ;)

serielle Grüße

Martin
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Sehr sehr spannend,
das Equipment und Deine Fertigkeit möchte ich haben.:eek:
Respekt :daumen: und weiter so, Ich bleib drann.
Schöne Grüße
Stawaltman
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

bitte weitermachen, ist spaßig zu lesen :daumen:

eine frage: wie viele andere rahmen mit innengeführten zügen haben ein "rohr im rohr"?
ist erst das zweite mal das ich sowas sehe. ein peugeot von meinem bruder hat lediglich löcher, bei meinen beiden italienischen rahmen sind zwar "augen" an den rahmen gelötet, aber die schaltzughülle ist durchgehend.
wobei das gewicht der schaltzughülle ja ganz ähnlich dem eines rohres sein dürfte.
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Knobis kleine Bastelstunde :dope:
Wirklich sehr intressant, was Du immer zurechtimprovisierst!
Auch die Sattelbastelstunde hab ich mit großem Intresse verfolgt.
Man darf gespannt sein, wie es weitergeht.
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Die Reihenfolge der Fotos ist dabei nicht unbedingt chronologisch und ein toller Fotograf bin ich noch nie gewesen, ich bitte also um Nachsicht.

Also, die Fotos sind erstklassig und erfüllen außerdem ihren Dokumentationszweck tadellos. :daumen:

Ich freu' mich auch schon auf die Fortsetzung… :)
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Super,
wird bestimt klasse!
Finde ja vorallem das "Röhrchen in Röhrchen System" genial!
Selber ausgedacht oder wurde das schon immer so gemacht?
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Respekt Respekt! Klingt vielversprechend und spannend. Nun lass das Projekt weiter gedeihen und halt uns auf dem Laufenden.
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

da können der schnauzbärtige Brillenzwerg aus der "Hobbythek" und Peter Lustig aber einpacken!
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Weiter so, mal wieder eine Top-Reportage vom Knobi.:D
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Sehr schöne Sache, und sehr lustig ! Ich bin gespannt, was am Ende dabei herauskommt. :)

Aber man braucht nicht unbedingt eine Säge, um sich kräftig in den Finger zu säbeln - hab's vorgestern sogar mit dem Brotmesser hinbekommen (ja gut, irgendwann ist halt immer das erste Mal :rolleyes:) ...
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Wow, mal wieder ein klasse Projekt von Dir !
Freue mich schon auf ein Treffen in Kassel. Werde wohl nächste Woche mal für 10 Tage hochfahren. Bin schon sehr gespannt, mal deine heiligen Hallen zu sehen :D

viel Spass beim weitermachen auf jeden Fall!
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Mist, hier gibt es leider keine "Respekt-Smileys".
Ganz große Klasse, ich bin gespannt.:cool:
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Gibts schon, nur nicht hier:
respekt.gif
 
AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888

Danke, danke, danke...
Uff. Mit solchen Reaktionen hatte ich wirklich nicht gerechnet und muss jetzt erstmal der Reihe nach antworten.

Zuerst einmal zum "Equipment":
Wie Ihr an der versifften Umgebung und dem eher groben Werkzeug im Hintergrund sicher schon erkannt habt, dient diese Werkstatt normalerweise zum Reparieren und Wiederaufbauen von alten Autos (nämlich unseren eigenen). Zum Löten verwende ich einen kleinen Brenner, der eigentlich für's Autogenschweißen gedacht ist. Die zugehörigen Düsensätze zum Hartlöten probiert man besser gar nicht erst aus, sie sind bestenfalls für filigrane Modellbauaufgaben gedacht. Befeuert wird der Brenner mit Gas aus der Kartusche und Sauerstoff aus der Einwegflasche; langfristig muss auf jeden Fall eine vernünftige Sauerstofflasche her. Das Gas reicht beinahe ewig und kann ruhig weiterhin aus der Eiwegdose kommen, für echtes Schweißen an Karosserien wäre sowieso Acetylen sinnvoller.
Silberlot und Flussmittel hatte ich noch genügend übrig für den Anfang, das hatte ich mal einem Rahmenbauer aus dem Kreuz geleiert. Der ist mittlerweile übrigens pleite. Weil ich nicht wusste, wie das Experiment ausgeht, habe ich mir vorerst noch eine kleine Menge Silberlot bei ebay besorgt, am günstigsten im Verhältnis zur Materialmenge war das als 0,7 mm Draht von der Rolle und damit lässt es sich auch viel feiner arbeiten, als mit den dickeren Stäben. Natürlich möchte ich auch bald mit Nickellot/Neusilber experimentieren, das wird nicht so flüssig und übertrifft von der Festigkeit her sogar manche Stahlsorten, sollte für Auftragslötungen und muffenlose Verbindungen also top sein. Interessant wäre dabei, mit solchem Lot als Draht einfach unser Schutzgasschweißgerät zu füttern - also "MIG-Löten", was die ganze Flussmittelpampe ersparen würde. Ich war mir schon lange sicher, dass das funktionieren muss - und habe nun gelesen, dass es auch tatsächlich angewendet wird. Für dieses Projekt hier ist das aber völlig wurscht.

Aber jetzt zu Euren Fragen im Einzelnen.


(...) eine frage: wie viele andere rahmen mit innengeführten zügen haben ein "rohr im rohr"? (...)

Ich habe so etwas schon öfters gesehen und habe auch einen alten Van Tuyl, bei dem es so gelöst ist. Normalerweise wird für den Anschlag aber wohl ein passendes Drehteil verwendet und nicht mit mehreren Rohrstückchen gebastelt - hätte ich eine Drehbank, hätte ich das auch so gemacht.
Mir erscheint die Lösung, allein den Innenzug durchs Rohr zu führen, aus mehreren Gründen sinnvoller und ich war schockiert, als ich erstmals bei (m)einem Gios die lose mit Gummitüllen im Rohr gehaltene Zughülle gesehen habe.
1. Die Löcher im Rohr sind wesentlich kleiner, das Rohr wird also nicht großartig geschwächt.
2. Man spart ein ganzes Stück der nie wirklich starren Zughülle, die sich doch immer irgendwie zusammendrücken will. Es kommt tatsächlich mehr Kraft bei geringerem Hebelweg an der Bremse an, jedenfalls im Vergleich zu der Lösung mit simplen Löchern im Rohr.
3. Die Lösung mit den filigranen Röhrchen sieht bedeutend besser aus, als die klobigen Verstärkungen für durchgehende 5-mm-Röhrchen oder die ätzenden Gummischnöpel für simple Löcher.
4. Bei Stahlrahmen eigentlich egal, aber selbstverständlich ist ein dünnwandiges 3-mm-Edelstahlröhrchen leichter, als ein gleich langes Stück Zughülle.


(...)
Vergiß aber nicht ein paar Pleiten, Pech und Pannen einzubauen, damit das Happyend umso strahlender wird... :p ;) (...)

Bitteschön, herzlich gern!

Hier der Finger mit einer ordentlichen Schramme, wenn auch nicht mehr blutig. Der feine Schnitt stammt natürlich nicht vom Sägeblatt, sondern vom eingespannten Rest des spitzwinklig abgesägten Röhrchens. Die dünnwandigen Dinger haben verdammt scharfe Kanten.



Viel heftiger aber ist, dass die Dämpfe des Flussmittels die Entspiegelung meiner geliebten, eigentlich unzerstörbaren Zeiss-Brillengläser ruiniert haben. Ich brauche aber sowieso neue, daher ist das nicht weiter tragisch.



Das passierte völlig unerwartet und war so richtig erst nach dem Abspülen der Brille zu erkennen, vorher hatte ich nur einen gaaanz leichten Nebelschleier auf den Gläsern bemerkt (der war nach dem Spülen wie erwartet verschwunden). Als Auflösung der Sache kommt zweierlei in Frage.
1. Entspiegelungsbeschichtungen basieren auf Salzen, könnten also theoretisch irgendwie mit dem Flussmittel selbst verwandt sein, dessen Zusammensetzung ich nicht kenne.
2. Beim Verflüssigen des Flussmittels entsteht eine Säure, die fleißig Gase bildet und die Beschichtung einfach verätzt. Keine Ahnung, was nun stimmt.


Super,
wird bestimt klasse!
Finde ja vorallem das "Röhrchen in Röhrchen System" genial!
Selber ausgedacht oder wurde das schon immer so gemacht?

Sagen wir mal: Ich habe es schon immer so für richtig gehalten und mich über die anderen Lösungen früher ziemlich gewundert. Auf die Idee mit den Rohrstückchen als Führung kam ich dann einfach durch das passende Angebot im Bastelgeschäft meines Misstrauens - um einige Jahre später bei Meister Smolik zu lesen, dass er es genauso gemacht hat.


da können der schnauzbärtige Brillenzwerg aus der "Hobbythek" und Peter Lustig aber einpacken!

Über Peter Lustig möchte ich keine Worte verlieren - von Jean Pütz bin ich allerdings ein großer Fan und muss mir gerade vorstellen, wie er sich live im Studio beim Fahrrad-Bastellöten seinen Schnäuzer oder seine respektable Umterarmbehaarung ansengeln würde. Anschließend wäre natürlich die Entspiegelung der Brille im Eimer. Grandios.
 
Rahmenbasteln, Folge zwei

Und weiter geht's!

Weil der Rahmen keine Anlötsockel für Schalthebel am Unterrohr hat, ging mir als erstes "Singlespeed" durch den Kopf.
Dann, dank des langen Bremsmaßes, "Singlespeed-Crosser".
Dann, dass es kaum etwas Sinnloseres auf der Welt geben dürfte.

Ich musste lachen und beschloss, auch weiterhin beim Radfahren Schalten zu wollen. Dazu wollte ich dieses Mal aber den Zug im Unterrohr versenken und ihn, vor jeglichem Dreck geschützt, bis zum Ende des Hinterbaus auch gar nicht mehr aus dem Rahmen austreten lassen.
So ganz unsichtbar klappt das allerdings nicht, wenn man nicht über Gebühr viel Reibung in Kauf nehmen möchte, denn schließlich soll das Schaltwerk ja später auch wirklich zuverlässig schalten. Kurzzeitig muss das Röhchen für den Zug den Rahmen also wieder verlassen - und oberhalb des Tretlagergehäuses kommen dabei weniger Winkelgrade zusammen, wenn der Zug anschließend wieder im Hinterbau verschwinden soll.
Zuerst einmal wurden die serienmäßigen Dreckfänger-Rostherd-Zugführungen entfernt, wobei ich sie nur auf dem Tretlagergehäuse selbst "abgelötet" habe. Die Lötstellen an den Rohren habe ich lieber aufgesägt, denn zweimal 900° für Messinglot müssen ja nicht sein.

Es folgten die üblichen Löcher in den Rohren, das kennt Ihr ja schon.


(etwas aufgeweitet, um das Röhrchen glatter durchgehen zu lassen)








Weil der Zug hier möglichst gerade verlaufen sollte, fällt der Winkel an den Eintrittsstellen deutlich geringer aus und die Verstärkungsröhrchen liegen entsprechend enger und länger am Rahmen an. Jeder ernsthafte Junkie dürfte diese Bilder lieben.





Mit einer sauberen Hohlkehle verbrutzelt, kommt so ein Konstrukt dann dem seitensteiferen Querovalrohr recht nahe und sieht irgendwie auch ein wenig, nun ja: krass aus.
An den Muffen wurden entsprechende Vertiefungen gefeilt, um das Röhrchen enger anliegen zu lassen und Lot zu sparen.



Und weil es auf der anderen Seite keinen Zug geben wird, muss da halt ein Blechstreifen dran:



Hinten selbstverständlich auch. Rechts und links.
Hier sieht man auch, dass ich der klobigen Muffe einen hübscheren Abschluss verpasst und die unterschiedlich weit überstehenden Streben ordentlich angelegt und verschliffen habe.



Das hier kennt Ihr ja schon:








Und jetzt kommt's.
Am Tretlager muss der Zug ja kurz aus dem Rohr und in den Hinterbau wieder rein. Mit einem einzigen Röhrchen ist das nicht hinzukriegen, es wird also eine Umleitung durch ein etwas dickeres Zwischenstück nötig, das recht genau zugeschnitten werden will (1 Fehlversuch).
Damit der Innenzug auch sauber flutscht, werden die Enden der beiden dünnen Röhrchen leicht aufgeweitet (Körner) und mit einem spitzen Fräser ganz dünn geschliffen, bevor die Verbindung drauf kommt. Beim Löten steckt ein verzunderter Innenzug drin, damit nix festbackt. Tatsächlich flutscht alles ganz problemlos, sogar mit einem dickeren Bremszug.
Weil das Röhrchen so allein aber irgendwie doof aussieht und sich die Verstärkungsbleche am Tretlager wiederfinden sollten, musste ich das ganze unbedingt noch mit kleinen Dreiecken garnieren.



Auf die Schablone folgt das fertig angepasste Blech, hier auf der anderen Seite:



Die grob zugeschnittenen Bleche werden am besten gemeinsam in Form gebracht:



So sieht es nach dem Löten und Abwaschen der Flussmittelkruste aus, ein wenig geschliffen habe ich oben auch schon:



Mit beiden Blechen, jetzt ist auch der hässliche Spalt an der vorderen Muffe zugelötet:



Irgendwie hübscher: Die andere Seite.





Die vorderen Bleche sind ganz leicht "nach unten gekippt", in der Hoffnung, dass Dreck und Wasser dort fleißig ablaufen möchten.

Eigentlich sind die Bleche etwas zu dünn, um wirklich viel Steifigkeit zu bringen - aber ich hatte gerade nichts anderes und das Ganze ist ja auch eher eine Übung.

Jetzt fehlen noch die Canti-Sockel und ein paar weitere Zierbleche - mal sehen, ob die Sockel bis zum nächsten Wochenende bei mir ankommen.
 
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