Ich häng mich mal hier dran, weil mich das Thema Nüchterntraining interessiert.
Mich interessiert das vor dem Hintergrund "Verbesserung Fettstoffwechsel" - allerdings nicht zum Abnehmen, sondern im Zusammenhang der Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit vor dem Hintergrund eines beschränkten zeitlichen Trainingsumfangs (~10h/w). Ich habe dazu verschiedene Beiträge gelesen, und versuche, mir meinen eigenen Reim darauf zu machen. Meine Überlegungen dazu möchte ich hier mal teilen.
Zum einen kenne ich die Aussagen verschiedener "Größen" des Leistungssports mit dem Fazit, "kann man machen, bringt aber eigentlich kaum was und man riskiert negative Effekte durch gesteigerte Cortisolproduktion - mach es nicht zu oft und wenn dann max. 1,5h lang". Ich bin mir aber nicht sicher, inwiefern diese Trainer hauptsächlich ihre TdF Schützlinge im Auge haben. Wenn Du >25h/w trainierst, hat Nüchterntraining vielleicht andere Effekte, als wenn Du 10h/w trainierst.
Nun ist mein Ziel, meiner Muskulatur beizubringen, andere Brennstoffe als nur KH zu verbraten. Das versuche ich mit möglichst viel Z2 Einheiten zu erreichen. Da begrenzt mich allerdings mein Zeitbudget massiv - ich bin schlicht nicht in der Lage, jeden Tag 2h GA abzureissen, oder mehrere 3-4h Touren zu fahren. Daher der Versuch mit dem Nüchterntraining - einfach, um vielleicht etwas schneller in einen Bereich der KH Verarmung zu kommen, um dort einen "sanften" Stress hin zu anderen Substraten (bevorzugt Fett) zu bekommen.
Ich habe das jetzt vor 11 Wochen angefangen, und fahre seitdem jeden Freitag früh ca. 90-100 Minuten vor dem Frühstück, danach wird gleich nach der Dusche reichhaltig gefuttert. Bisher vertrage ich das ziemlich gut. Ich versuche, diese Fahrten bei möglichst hoher TF (90-100, ich komme von ~65), geringem Drehmoment und relativ niedriger Leistung zu fahren. Gestartet bin ich bei 57% FTP. Ich hatte relativ schnell den Eindruck, daß ich damit meine Muskulatur auf eine neuartige Weise bewege, an die sie sich erst gewöhnen musste. So waren z.B. die Beine anfangs "erschöpft", obwohl ich deutlich längere Touren bei deutlich höherer Leistung easy wegstecke. Da hat sich also etwas getan, was ich mal als Anpassung interpretiere. Mit der Zeit ging der Leistungsoutput bei derselben RPE langsam nach oben - momentan fahre ich diese Touren bei ca. 63% FTP.
Für die erfahrenen hier sicher langweilig, für mich überraschend, aber eigentlich logisch: Der Puls bei den Nüchterntrainings liegt regelmässig deutlich unter dem vergleichbarer "gefrühstückter" Einheiten. Klar, der Körper muss halt auch verdauen, aber ich war dann doch überrascht, daß der Unterschied so groß ist: bei vergleichbarer Leistung bin ich die nüchternen Einheiten bei 127-130 Puls (HFmax=195) gefahren, die gefrühstückten Touren bei 10 Pulsschlägen mehr. Dass der Puls immer mal variiert ist ja normal, aber mit der Zeit bildet sich da ein Muster heraus.
Jetzt ist natürlich die Million-Dollar-Frage, wie man herausfindet, ob der ganze Zauber irgend etwas bringt. Einerseits fühle ich mich fit, und habe den Eindruck, daß das Trainingsregime mir gut bekommt. Andererseits kann ich mir momentan (noch) nicht vorstellen, ich könnte meine CP20 deutlich schneller fahren. Zumal eine Steigerung der FTP ja gar nicht das (primäre) Ziel ist (grmbl 4W/kg knacken grmbl - andere Baustelle). Die Frage wäre vielmehr, kann man irgendwie herausfinden, ob der Körper Fett besser zur Energiegewinnung nutzt als bisher. Im Prinzip müsste ich jetzt hergehen, und mich mittels einer mittleren Leistung, sagen wir 80% FTP, komplett leerfahren und messen, wie lange das dauert. Und das dann nach einiger Zeit wiederholen. Dazu kann ich mich irgendwie nicht durchringen.

Und die andere Frage wäre, wie weiter machen. Heute früh habe ich mich einfach gut gefühlt und bin spaßeshalber mal mit deutlich höherer Leistung gefahren (100 min, 69% FTP, Puls 68% HFmax), hat gut funktioniert. Ich denke, ich werde das jetzt einfach ein bisschen variieren, ab und zu mal etwas niedriger und etwas höher fahren, wobei die Nüchterntrainings vielleicht besser die niedrigeren Belastungen bekommen. Für mich betrachtet kann ich jedenfalls sagen, daß ich derzeit meine Muskulatur auch nüchtern jedenfalls nicht leerfahre bzw. weit davon entfernt bleibe. Deswegen mach ich mir auch keine Gedanken um etwaig schadhafte Effekte. Die nächste Spiro wird hoffentlich etwas Licht ins Dunkel bringen, aber die mache ich erst im April oder Mai.