Mir persönlich sind nicht nur gesamte Durchschnittsgeschwindigkeiten auffällig, sondern vielmehr kurzzeitige Beschleunigungen, Attacken, ähnliches. Das kann man wenig greifen, wenig von außen messen, außer man versucht aus einer Videoaufzeichnung mit zeitlicher Entwicklung und Abständen kurzfristige Leistungspeaks zu berechnen.
Aber das ist teilweise brutal. Da kommen manche abgeschlagene Fahrer plötzlich wieder ins Feld zurück und führen wieder (WvA bei der Tour), attackieren plötzlich so brutal (Remco auf La Redoute, wo das Hinterrad durchdreht/ausbricht), diverse Beispiele, wo das Hinterrad ausbricht oder bockt, da gibt es viele weitere Beispiele, die so krass sind und zumindest bei mir Unverständnis auslösen.
Da gab es in den letzten Jahren viele Beispiele auch im Crossrennen, wo auf den ganz wenigen, von Kameras nicht erfassten Bereichen plötzliche Lücken aufgegangen sind oder eben wieder geschlossen worden sind, und das in einer Geschwindigkeit, die echt erstaunlich ist.
Nur mal ein absolut abwegiges Konstrukt: Jede Sport braucht Helden, Geschichten, Spektakel. Diese nähren den Sport, die Medien, die Zuschauer, die Sponsoren. Also will man die auch. Und ggf. erlaubt man die Entstehung von diesen „ungewöhnlichen, übermenschlichen Leistungen“ im Einzelfall. Wenn alle das mittragen, weil alle dadurch auch im Zirkus ihre Gagen bekommen und diesen Beruf betreiben können, ist es irgendwie auch im Sinne von allem, selbst wenn der Sieg, was im Sport zwar ursprünglich doch von jedem eigentlich angestrebt wird, doch nur einigen wenigen möglich bleibt. Man opfert kleine Fische, große Fische machen aber den Show.
Armstrong war z.B. bis zu seinem Fall ein perfekter Botschafter des Sportes. Es gab eine Hintergrundgeschichte, es gab neue Serien-Rekorde, es gab Unterschiede in der Trittfrequenz, das man schön thematisieren konnte (dass Motordoping über kleine Drehmomente und hohe Drehzahlen am ehesten möglich ist, wurde damals natürlich noch nicht thematisiert), es gab eine enorme Popularisierung des Radsports in den USA, damit Erschließung von Märkten für Medien/Zuschauer/Käufer/Sponsoren, das im hohen Interesse der Gesamt-Wirtschaft Radsport war, und jeder sich enorm darüber freute.
Ist es nicht irgendwie verständlich, dass man so was unterstützt und evtl mal ein Auge zudrückt, zumindest solange, bis es nicht mehr anders geht?
Wie waren damals die Beziehungen zu USADA, UCI, einem führenden kleinen innovativen Hersteller von Fahrradmotoren, etc??
Ein anderes Beispiel: wie sind nochmal die ganze Kirmes- und Nach-Tour-Kriterien? Eingeladene Fahrer, vorher feststehende Dramaturgie, jeder bekommt seine Chance, vom kleinen Lokalmatador mittendrin, bis zum Bergfahrer zwischendurch und dann der große Sprinter. Über jeden wird etwas geredet, es gibt Spannung, Unterhaltung, jeder darf mal rausfahren. Am Ende sind alle froh und bekommen ihre Gagen, der Zuschauer bekommt einen feinen Show serviert, ist doch alles fein.
Läuft im großen Zirkus evtl. nicht auch alles mit Absprachen? Keiner will doch, dass das große Zirkuszelt einstürzt. Und wenn mal einer von dem Tiger gebissen wird, ist doch letzten Endes gut für alle (bis auf einen, aber selbst er wird ein Held).