hier mal einige infos zum thema:
Black Forest statt Tafelberg
1. Jun 2005
von Arthur
Am 18. Juni startet der diesjährige „Black Forest Ultra Bike Marathon“ in Kirchzarten. Dank der Aktion „Ticket to Ride“ ist der Südafrikaner Brinley Hector dabei.
Wenn am 18. Juni der Startschuss zum diesjährigen „Black Forest Ultra Bike Marathon“ ertönt, werden viele Augen auf Brinley Hector gerichtet sein. Der südafrikanische Nachwuchsfahrer ist auf Initiative der Aktion „Ticket to Ride“ im Schwarzwald am Start. Beim letztjährigen Mountainbike-Marathon hatten Besucher Geld für die Aktion gespendet, Sponsoren unterstützen die Initiative zudem finanziell und mit der nötigen Ausrüstung, um dem südafrikanischen Sportler aus Kapstadt einen Start in diesem Jahr zu ermöglichen.
Brinley Hector, erfolgreicher Finisher der „Cape Epic“ 2004 und mit damals 17 Jahren jüngster „Black Junior Rider“, galt der Jury als großes Talent unter den südafrikanischen Bewerbern. Der noch 18 Jährige, der am Vorabend des Black Forest Marathon Geburtstag feiert, will bald Sportmanagement studieren. Ein Start in Europa ist für ihn eine wertvolle Referenz und eine Chance, die er ohne „Ticket to Ride“ wohl nie bekommen hätte.
Ex-Weltmeister Mike Kluge wird Brinley in der Woche vor dem Wettkampf mit professionellen Tipps zur Seite stehen und ihm in einigen Trainingseinheiten die Highlights, aber auch die Tücken der Strecke zeigen. Kluges Kommentar: „Ich bin schon seit Jahren von Kapstadt nicht nur als Urlaubs- und Trainingsziel begeistert, sondern auch von der sich entwickelnden Rennszene. „Ticket to Ride“ ist in diesem Zusammenhang eine sehr gute Idee“. Deshalb stellt Kluge auch das „Arbeitsgerät“ für Brinley zur Verfügung: ein MTB seiner ehemaligen Firma Focus.
Angefangen hat alles am Tafelberg, für Kapstadts Radsportler ein spektakuläres Trainingsareal. Hier begegnen sich normalerweise HiTec und Natur auf hohem Niveau.Doch diesmal ist alles anders. Mühsam windet sich eine Gruppe von zwölf schwarzen Jugendlichen die Serpentinen hoch. Sie tragen trotz b
rütender Hitze reguläre lange Stoffhosen, Sandalen oder Straßenschuhe, Hemden ohne CoolMax-Faktor, Helme und Handschuhe gibt es kaum. Das „Material“ besteht aus Relikten der 70er Jahre, Stahlräder von „Rixe“, „Peugeot“ oder „Raleigh“ mit Schlaufenpedalen oder auch ohne, einige müssen mit Damenfahrrädern vorlieb nehmen. Ein langsam hinter her fahrendes Begleitfahrzeug gibt dem Ganzen einen seltsamen professionellen Touch.
Im Fahrzeug sitzt als Begleitperson ein Redakteur der Frankfurter Rundschau und gibt bereitwillig Auskunft. Um arbeitslose junge Landarbeiter würde es sich handeln, die dieser Tage nur noch ein Ziel im Sinne hätten: die „Cycle Tour“ rund um die Kaphalbinsel, mit 35000 (!) Startern das größte Radrennen der Welt. Und ganz Kapstadt fiebert mit. Zwei Tage später werden genau diese jungen Männer in den offiziellen TV-Sportnachrichten voller Stolz über ihren ersten erfolgreichen Sportwettkampf berichten.
Dieser unauslöschlichen Eindruck bringt mich ein Jahr später an die Quelle zurück. Die Quelle heißt B.E.N. (Bicycle Empowerment Network) und ist nicht nur in Kapstadt aktiv. Hier werden vornehmlich Jugendliche aus den schwarzen und gemischtrassigen Townships von Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Drogen weg- und zum Radsport hingeführt. Der Weg ist alles andere als einfach, doch aus den Medien wissen sie, dass Sport neue Tore öffnen kann. Selbstverständlich kennen sie alle Jan Ullrich und Lance Armstrong und diskutieren genau so hitzig wie wir in diesen Tagen, dass jetzt wohl mal „der Mann mit den roten Haaren“ dran wäre.
Doch Sport ist nicht alles. Längst hat man das Fortbewegungsmittel Fahrrad auch für andere Zwecke entdeckt. Rund um Kapstadt gibt es die ersten von Schwarzen geführten Fahrradwerkstätten, B.E.N. gibt logistische und ökonomische Unterstützung. Hilfe zur Selbsthilfe wird auch hier ganz bewusst in den Vordergrund gestellt.
Doch die Organisation blickt noch viel weiter nach vorne. Selbst für südafrikanische Verhältnisse ungewöhnlich sind lokal durchgeführte autofreie Sonntage, an denen man die oft nicht ungefährlichen Verbindungsstrassen zwischen den Townships per Fahrrad völlig neu erleben darf. Ein einziges multi-kulturelles Straßenfest, welches Menschen zusammenbringt, die sonst oft sehr wenig miteinander gemeinsam haben.
Auf der B.E.N.-Homepage (
www.benbikes.org.za) ist zu lesen, dass inzwischen auch die Krankenschwester und Pflegerinnen der etwas abseits gelegenen Stadt Worcester mit Fahrrädern unterstützt werden konnten, mit dem erfreulichen Ergebnis, dass nun dreimal soviel an Krankenhilfe geleistet werden kann als bisher, da oft lange Wege zu Fuß ein effizienteres Arbeiten verhinderten. Aber die notwendigen Ersatzteile sind dann entweder gar nicht mehr verfügbar oder zu teuer, denn in Südafrika herrscht auch auf dem Radsektor inzwischen europäisches Preisniveau.
Und schon war die Idee geboren: B.E.N. braucht für ernsthaften Radsport hochwertige Radteile und genau die haben wir doch alle in unseren Kellern und Garagen liegen. Bevor wir uns nun zum x-ten mal überlegen, ob wir sie nicht nun doch endlich mal auf den Flohmarkt bringen sollten und es dann doch wieder nicht tun, gibt es nun die Gelegenheit, unsere Radsportkollegen am Ende des afrikanischen Kontinents direkt zu unterstützen.