Du achtest wahrscheinlich auf alles, nur nicht auf einen Radfahrer auf der gegenüberliegenden Seite.
Genau so ist es. Ich möchte sogar so weit gehen, dass das auch jedem von uns extrem radfahrersensibilisierten passieren könnte, der sich ab und zu mal auf die andere Seite der Windschutzscheibe begibt. Unsere Augen nehmen von einem theoretischen 180°-Blickfeld nur einen sehr kleinen Ausschnitt detailliert wahr und unser Gehirn leistet unglaubliches, wenn es darum geht in kritischen Situationen alle Informationen bis auf die direkt lebensnotwendigen auszublenden. Wenn von links und rechts Stahlkisten mit der kinetischen Energie eines Gewehrschusses angerollt kommen ist klar, worauf sich die Aufmerksamkeit konzentriert. Ein Radfahrer hat in so einer Situation nur dann eine ernsthafte Chance, gesehen zu werden, wenn er
genau dort ist, wo der querende Autofahrer nach den für
seine Sicherheit relevanten Gefahren sucht.
Üblicherweise wird den Radfahrern einfach der Vortritt entzogen.
Und genau diese Vorgehensweise ist es, die aus harmlosen Radfahrern irgendwann direkt unter Umgehung der Krampfadlerstufe echte Veloterroristen machen wird
Das schlimmste an diesen Schildern ist ja gar nicht mal die Tatsache, dass man entrechtet wird (und wenn es nur das Vorfahrtsrecht ist), sondern der Effekt, dass Autofahrer durch diese Beschilderung geradezu dazu
erzogen werden, blind über jeden Radweg zu brettern. Der Unterschied zwischen einem Radweg und einem entrechteten Radweg ist Autofahrern doch noch schwerer zu vermitteln als der zwischen benutzungspflichtigen und sonstigen.
Zugegeben: für nicht verpflichtende Radwege mag eine konsequente Entrechtung womöglich genau das richtige sein. Den "ich trau mich nicht zwischen die Autos"-Radler schützt das davor, mit einem falschen Sicherheitsgefühl ins offene Messer zu rollen und die "Verweigerer" erhalten angesichts 20x "Vohrfahrt achten" auf tausend Meter vielleicht endlich ein wenig mehr Verständnis.