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Seltene Franzosen – jenseits von Peugeot und Co. – Infosammelthread

Eine kleine Zeitreise mit diesem Liberia aus den 1950er Jahren.

Wahrscheinlich um 1955 gebaut und einige Jahre später neu lackiert, mit dem Design der Fahrräder des Profiteams aus den späten 1950er Jahren, das nach dem Sieg von Henri Anglade bei der Tour 1959 in Mode kam.

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Wie ist denn das Schaltwerk am Ausfallende befestigt?
 

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Re: Seltene Franzosen – jenseits von Peugeot und Co. – Infosammelthread
Wie ist denn das Schaltwerk am Ausfallende befestigt?
Direkt eingeschraubt.

Simplex_Ausfallende.png


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O.k., vielen Dank !
Meiner Kenntnis nach war Simplex in den 30er bis 50er Jahren ein sehr innovativer Hersteller von Fahrradteilen (vor allem bei der Schaltung) mit hervorragender Marktposition.
In den 60er Jahren verspielten sie diese Rolle jedoch teilweise durch die Fertigung bestimmter Teile aus dem Kunststoff "Delrin" und weil die Konkurrenz auch nicht schlief.
In den 70ern konnten sie ihre Marktanteile teilweise wieder aufholen, gingen in den 80er Jahren aufgrund der immer stärker werdenden Dominanz aus Japan (und dem Konkurrenzkampf von Shimano, SunTour und Campagnolo) dann aber nach und nach unter.
Wann genau Simplex die Fertigung einstellte (ich nehme an in den 90er Jahren), ist mir (aus dem Gedächtnis) nicht bekannt.
Dem Hersteller Huret erging es im Grunde genommen ähnlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Meiner Kenntnis nach war Simplex in den 30er bis 50er Jahren ein sehr innovativer Hersteller von Fahrradteilen (vor allem bei der Schaltung) mit hervorragender Marktposition.
In den 60er Jahren verspielten sie diese Rolle jedoch teilweise durch die Fertigung bestimmter Teile aus dem Kunststoff "Delrin" und weil die Konkurrenz auch nicht schlief.
In den 70ern konnten sie ihre Marktanteile teilweise wieder aufholen, gingen in den 80er Jahren aufgrund der immer stärker werden Dominanz aus Japan (und dem Konkurrenzkampf von Shimano, SunTour und Campagnolo) dann aber nach und nach unter.
Wann genau Simplex die Fertigung einstellte (ich nehme an in den 90er Jahren), ist mir (aus dem Gedächtnis) nicht bekannt.
Dem Hersteller Huret erging es im Grunde genommen ähnlich.
...wobei Huret, unter totaler Verkennung der Marktsituation, hochnäsig und eigensinnig einen eigenen Schaltaugenstandard am Markt etablieren wollte, und das zu Zeiten als Campagnolo hier schon längst das Maß der Dinge darstellte. Viel zu spät ruderte man zurück, dann warf Sachs sein begehrliches Auge auf Huret. Sachs wurde von Sram geschluckt und so ist wenigstens etwas "Genmaterial" von Huret übriggeblieben...!
 
die 90er :rolleyes: Nicht zu unterschlagen, Sinnvoll oder eben -los. Der (Alb-)Traum des Radelns: Grip Shift :D
Ich persönlich fand Grip Shift in den 90er Jahren (am MTB) genial (und fuhr die auch in der 8-fach Version an meinem Breezer).
Aber ja, diese Schaltgriffe waren nicht jedermann's Sache.
 

Vielen Dank an @Andreas P. für seine detaillierten und bebilderten Erklärungen zur Montage des Schaltwerks.

Ein paar Details zur Geschichte dieses Fahrrads, das ich letzten Frühling selbst restauriert habe. Ich fand es auf Le Bon Coin (einer französischen Kleinanzeigen-Website). Es gehörte dem Onkel des Verkäufers (Jahrgang 1947) und wurde Ende der 1960er-Jahre während seines Studiums benutzt. Danach wurde es über 50 Jahre lang sorgfältig auf dem Dachboden gelagert.
Also war es beim Kauf in gutem Zustand, abgesehen von den abgenutzten Bremshebelgummis, dem Lenkerband und den Zughüllen.

Lbrav2122.jpg


Der Rahmen ist gut verarbeitet und besteht aus Nervex-Muffen der Leichtbau-Serie.
Wie @Andreas P. bereits erwähnte, handelt es sich bei den Ausfallenden um Simplex Tour de France.

Lbrav2118.jpg


Sie sind mit zwei Nummern graviert, die den Rahmen identifizieren: Die erste, 57937, entspricht der fortlaufenden Nummerierung des Herstellers und ist der eines Fahrrads aus dem Tonton Vélo-Forum (57820) sehr ähnlich:
https://forum.tontonvelo.com/viewtopic.php?p=41187#p41187

Diese beiden Rahmen weisen viele Gemeinsamkeiten auf: Geometrie, Lackierung, markenspezifische Gabelkrone und Verchromung.
Es gibt einige kleinere Unterschiede: Der BH-Rahmen besitzt verchromte Nervex Professional-Muffen und geschmiedete Simplex Competition-Ausfallenden mit gefräster Oberfläche, was auf ein höherwertiges Modell hindeutet. Der hier gezeigte Rahmen hingegen hat Tour de France-Ausfallenden, die dünner sind und keine gefräste Oberfläche aufweisen.

Der Preisunterschied zwischen diesen beiden Modellen war beträchtlich: In der Preisliste von 1953/54 kostete das Paar Tour-de-France-Ausfallenden (Art.-Nr. 880) 284 FRF, das Paar Competition-Ausfallenden (Art.-Nr. 934) hingegen 773 FRF – fast dreimal so viel!
Simplex - Tarif Pièces Détachées No 18 1953-1954

Die genaue Datierung der Rahmenkonstruktion ist nicht bekannt, doch aufgrund der Geometrie und der verwendeten Komponenten erscheint die erste Hälfte der 1950er-Jahre realistisch.

Lbrap2160.JPG


Die zweite eingravierte Zahl am hinteren und rechten vorderen Ausfallende ist die 12. Dies deutet auf einen weiteren Werkstattbesuch hin, vermutlich zum Lackieren und möglicherweise für eine Reparatur.

Ich vermute, dass damals neue Simplex-Schaltwerke der späten 1950er-Jahre mit dem dekorativen Lorbeerkranz und der weißen Kunststoff-Endkappe für den Umwerfer montiert wurden.

Die übrige Ausstattung dürfte original sein: Idéale 58 Cyclocross-Sattel, AVA-Vorbau, Stronlight 49D Kurbelgarnitur mit LV 45 2 und 48 2 Kettenblättern, Lyotard-Pedale.
Das Vorderrad hat eine Mavic-Felge (Longhi-Lizenz) auf einer Maxi-Car-Nabe mit Vollflanschen und Hohlachse mit Simplex-Schnellspanner, die, wenn ich mich nicht irre, Mitte der 1950er-Jahre aufkam.
Schade, dass das Hinterrad nicht dazu passt; es wurde durch eine gängige Felge aus den späten 1960er-Jahren ersetzt. Es dürfte wohl ein Glücksfall sein, ein identisches Hinterrad zu finden!

Lbrav2126.jpg


Lbrav2127.jpg


Zur Erinnerung: Libéria war ein kleines Unternehmen, das Fahrräder und Mopeds herstellte und 1918 in Grenoble gegründet wurde. In den 1950er-Jahren beschäftigte es rund 50 Mitarbeiter. Um die Krise der Branche Ende der 1950er-Jahre zu überwinden, gründete das Unternehmen 1956 ein eigenes Profi-Radteam, das zweimal das Critérium du Dauphiné gewann. In den Anfangsjahren, insbesondere 1959, wurde das Team von Henri Anglade, dem späteren Tour-de-France-Sieger, angeführt.

Hier ist ein Bericht zu dieser Etappe (leider nur auf Französisch):
https://www.ina.fr/ina-eclaire-actu/video/caf97501626/tour-de-france-13eme-etape-albi-aurillac

Ich habe diese Etappe gewählt, weil sie über kleine Straßen führt, die ich gut kenne. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass die Tour de France damals dort entlangführte – so eng sind sie!

Wenn man sieht, wie sich die Fahrer an den steilsten Anstiegen abmühen, sollte man sich mal die Übersetzung vor Augen führen…

Mein Fahrradrahmen wurde neu lackiert, nicht in den offiziellen Farben Rot und Blau, sondern in Gelb und Weiß. Der Markenname prangt in winzigen schwarzen Buchstaben auf dem Unterrohr und den Kettenstreben.

Ein einzelner, teilweise verblasster Aufkleber mit dem Markenlogo befindet sich in der Mitte des Sitzrohrs.

Lbrav2115.jpg

Nichts am Steuerrohr, keine Embleme, keine Hinweise auf die Rohre an Rahmen oder Gabel.

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Obwohl dieses Fahrrad modifiziert wurde, wurde sein ursprünglicher Charakter bewahrt. Wir können uns bei seinem letzten Besitzer bedanken, der es während seiner Studienzeit unverändert nutzte und anschließend sorgsam auf einem Dachboden lagerte. Dadurch ist es heute so gut erhalten, trotz eines vermutlich recht aktiven ersten Lebens, wie der deutliche Verschleiß am Sattel zeigt, dessen Leder noch relativ geschmeidig ist.
 
...wobei Huret, unter totaler Verkennung der Marktsituation, hochnäsig und eigensinnig einen eigenen Schaltaugenstandard am Markt etablieren wollte, und das zu Zeiten als Campagnolo hier schon längst das Maß der Dinge darstellte. Viel zu spät ruderte man zurück, dann warf Sachs sein begehrliches Auge auf Huret. Sachs wurde von Sram geschluckt und so ist wenigstens etwas "Genmaterial" von Huret übriggeblieben...!

Ein bisschen hart, nicht wahr?
Vor allem, wenn man das Ergebnis des Spiels schon kennt! ;)

In allen wachsenden Branchen mit starkem Wettbewerb versucht jeder Herausforderer, seinen eigenen Standard durchzusetzen.
 
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