AW: Rund um`s DIAMANT - Technik-Touren-Typen.
Es fiel mir gerade ein, hier einmal Bilder genau solcher Dekoren gesehen zu haben, die einForumsmitglied in Handarbeit mit dem Pinsel auf die Rohre gemalt hatte, entweder, weil er die originalen Aufkleber nicht finden konnte, oder der Idee folgend, daß auch zu DDR-Zeiten Restaurationswilligen nicht viel anderes übrigblieb, als zum Pinsel zu greifen.
Einer meiner beiden 167er wurde übrigens vom Vorbesitzer in Handarbeit mit dem Pinsel von Dunkelblau zu Weiß befördert; eine Vorliebe, die mit beachtlichem Schichtaufbau erkämpft werden mußte, denn wie wir alle wissen, deckt weiße Farbe nicht sehr gut. Stimmt es wirklich, daß Sprühdosen in der DDR nur Personen käuflich zugänglich waren, die einen Bedarfsnachweis vorlegen konnten, also Maler oder Lackierer waren? Alle unsere westlichen Sprayer hätten in der DDR also erst einmal eine "ordentliche Fassadenmalerlehre" machen müssen.
Auch von dem handgemalten Schriftzug auf diesem Rad habe ich ein Foto (vorerst nur ein Telefonfoto von der Abholung mit dem Zug):
Das Rad kaufte ich vor gut einem Jahr auf
ebay und holte es gegen Zahlung von 10 Euro zu mir. Zum Glück hatte es der Vorbesitzer damals mit in den Westen gebracht und sein Lager nicht weit von mir aufgeschlagen. Die meisten Leute in den östlichen Bundesländern sind ja doch etwas versandunwillig, geht es um Kompletträder. :duck:
Hier mehr Fotos:
http://www.rennrad-news.de/fotos/showgallery.php/cat/2805
Übrigens, der Rost an Anbauteilen ließ sich durch die Messingdrahtbürste und Bronzewolle beinahe spurenlos entfernen, lediglich an einigen wenigen Schrauben hatte er den Chrom oder die Verzinkung völlig getilgt.
An pinselbemalten DDR-Räder ist mir bisher immer aufgefallen, daß, sobald der Plan der Renovierung Verläufe vorsah, etwa an Bandagen am Unter- und Sitzrohr, eben diese Verläufe stark gesprenkelt erschienen, also keinesfalls mit einer Spritzpistole ebenmäßig aufgebracht wurden, sondern eher die Verwendung des klassischen "Sprührohres" (Strohhalm in der Mitte anritzen, umknicken, in die dünnflüssige Farbe tauchen und hineinblasen) oder der auch in Schulen im Kunstunterricht eingesetzten Kombination von Sieb und Zahnbürste vermuten ließen.
Ist es wirklich unumgänglich, ein DDR-Rennrad (oder jedes andere) neu zu lackieren; etwa, weil der Vorbesitzer bereits allen Lack entfernt hat, würde die Beschränkung auf die damals für jedem verfügbaren Techniken das Ergebnis der Restauration in Hinblick auf den abwägenden Umgang mit dem Original vor seinem historischem Hintergrund aufwerten, in jedem Fall aber, dem bereits erfolgten Kahlschlag am Originalzustand zum Trotze, ein zeitgeschichtlich glaubwürdigeres Ergebnis zustande bringen, als es die perfekte Oberfläche vermag, die durch die Verwendung moderner Lackiertechniken entsteht. Moderne Lacke sind einfach so gut, wie sie damals weder in Ost und West waren, die durch eine Pinselackierung geschaffene Oberfläche dagegen kann durchaus wie eine alte, verwitterte Pistolenlackierung wirken.
Ein wenig "schummeln" könnte man bei der Wahl einer modernen Grundierung auf 2-Komponenten-Basis und vor allen Dingen einem vorangehenden Rostschutz durch Tanninbehandlung. Dem Einwurf, die mit dem Pinsel aufgebrachte Farbe wäre nicht haltbar, könnte man dadurch begegnen, daß sie immer wieder ausgefleckt werden könnte. Pinsellacke können während jahrelanger Trocknungszeit eine beachtliche Härte erzielen und besteht durch eine gute Grundierung ausreichende Haftung mit Untergrund, ist das Ergebnis recht dauerhaft.
In welcher Verfassung ich meine Räder bekomme, kann ich mir nicht aussuchen, denn ich sammle nicht nach Zustand, sondern nach der Frage, ob sie technisch originell sind und mir aus diesem Grunde gefallen. Vier meiner Räder wurden von Vorbesitzer total entlackt und anschließend mit dem Pinsel lackiert, dabei aber so mangelhaft, daß ich die Lackierung werde erneuern müssen, wofür ich wohl am ersten Projekt die klassische Pinselmethode versuchen werde. Wichtig ist hier die Verwendung dunkler Farben, damit die nötige Deckung bereits mit einem relativ dünnen Farbauftrag zustande kommt, Muffen also nicht unter einer See von Farbe ertrinken.
Gruß
Peter