AW: RRN Triathleten - Trainingsgruppe(n) - - - - - - - Teil 16
So, jetzt habe ich auch endlich meinen Rennbericht fertiggestellt:
Mein vermeintlich längster Tag begann mit dem Weckerklingeln um 4 Uhr morgens. Ich hatte fast die ganze Woche Frühschicht und hatte dort so meine Probleme mit dem frühen Aufstehen, aber an diesem Tag war ich hellwach. Meine Nervosität hielt sich noch in Grenzen und nachdem ich schon mein Wettkampfdress angezogen hatte, habe ich noch schnell einen Kaffee getrunken und zwei Nutellabrote gegessen. Dann hat mich meine Freundin schon an den Langener Waldsee gefahren. Dort herrschte schon reges Treiben, viele Athleten machten sich mit mir auf dem Weg vom Parkplatz in die Wechselzone. Einige plapperten wie ein Wasserfall, andere schliefen noch halb und wieder andere waren so nervös, das man den Eindruck bekommen konnte, sie drehen gleich auf der Stelle um und hauen ab.
Als ich in die Wechselzone kam, nahm ich erstmal das übergroße Plastikcover von meinem Rad, dass es vor dem nächtlichen Regen schützte und packte meine befüllten Trinkflaschen in die
Flaschenhalter. Dann holte ich mir eine Luftpumpe und brachte meine
Reifen auf den gewünschten Druck. Ich glaube, ich war einer der wenigen, die am Vortag beim Bike Check-Inn etwas Luft aus den
Reifen gelassen haben, aber es gab mir nachts ein sichereres Gefühl. Es ist für mich eine absolute Horrorvorstellung, am Renntag morgens an sein Rad zu kommen, und beide
Reifen sind geplatzt, weil der Reifendruck durch die Sonneneinstrahlung über das Maximum gebracht wurde. Nach noch ein paar kleineren Checks am Rad, brachte ich Radschuhe und Radtrikot so in Position, dass ich sie beim Wechsel leicht finden und greifen konnte.
Um 6:45h wurde dann im Lautsprecher der Start der Profis verkündet. Den Neoprenanzug hatte ich schon zur Hälfte an, jetzt war es an der Zeit den Anzug komplett anzuziehen und an den Strand runter zu gehen.
Der Bereich, in dem man sich einschwimmen konnte war viel zu klein. Daher verzichtete ich aufs Einschwimmen, das war mir lieber als noch einen Wassercrash kurz vor dem Start zu haben.
Dann Punkt 7 Uhr war dann der Startschuss, mit dem ich mit 2500 anderen Athleten ins Rennen geschickt wurden. Der erste Wendepunkt lag ca. 700m nach dem Start. Bis dahin gab es wilde Positionskämpfe, Schläge und Tritte. Ich habe auf diesem Teilstück einen schönen Pferdekuss auf die linke Wade bekommen, allerdings habe ich auch ordentlich ausgeteilt. Am Wendepunkt selbst war erstmal Stau angesagt, weil jeder innen schwimmen wollte. Auf den restlichen Wendemarken hatte sich dann das Feld schon soweit gestreckt, dass man flüssig durchschwimmen konnte. Nach 2100m kam dann der Landgang vor Massen an Zuschauern. Wahnsinn, aber nur von kurzer Dauer. Die zweite 1700m lange Schwimmrunde wartete. Die lies sich richtig easy schwimmen. Ich konnte sogar noch kurz mit einem bekannten auf dem DLRG Boot kurz quatschen. Dann kam nach 1:20h der Schwimmausstieg. Auch dort war noch alles voller Zuschauer, da war es grade mal 8:20 Uhr an einem Sonntag morgen, bei miserablem Wetter. Kurz vor meinem Wechsel begann es dann auch noch zu regnen. Der Wechsel verlief reibungslos. Neo aus, Radtrikot und Radschuhe an,
Helm und Brille auf, Rad geschnappt und auf gings auf die Radstrecke.
Auf dem ersten Stück vom See in die Frankfurter Innenstadt stand auf meinem Tacho nie eine Zahl, die kleiner war als 35. Der Rückenwind und der noch vom Schwimmen nasse Körper haben dafür gesorgt, den Beginn der Radstrecke sehr schnell anzugehen. Der erste Anstieg in F-Bergen-Enkheim, „The Beast“ genannt, hat meine Geschwindigkeit dann nach unten gedrückt. Danach wollte ich das Radfahren ein bisschen kontrollierter angehen und habe es etwas ruhiger angehen lassen. Nach 30km auf dem Rad kam das geführchtete Kopfsteinpflasterstück in Maintal-Hochstadt. Dort habe ich einige Plätze gut gemacht, Kopfsteinpflaster scheint mir zu liegen. Auf den nächsten Kilometern kam dann noch der „Hühnerberg“. Dort habe ich den ersten, zitternden Athleten mit Rettungsdecke gesehen. Es sollte nicht der letzte sein. Es ging wellig weiter bis Bad Nauheim. Auf diesem Weg muss vor mir ein fürchterlicher Massensturz passiert sein. Da lagen einige auf der Straße. Ersthelfer waren schon an der Unfallstelle gewesen, daher bin ich weitergefahren. Am nördlichsten Punkt, den Salinen in Bad Nauheim, war auch wieder ein unglaubliches Stimmungsnest. Aber ab diesem Punkt war der Spaß vorbei, bis Frankfurt gab es nur noch heftigen Gegenwind. Ein kleiner Lichtblick war der „Heartbreak Hill“ in Bad Vilbel. Dort standen die Zuschauer in Dreierreihen und peitschten jeden durch eine schmale Gasse den Berg hoch. Ein unglaublicher Moment! Nach dem „Heartbreak Hill“ ging es bergab nach Frankfurt, wo es durch die Stadt an der Wechselzone vorbei auf die zweite Radrunde ging. Auch in der zweiten Radrunde war die Stimmung in den Ortschaften ungebrochen, auch wenn das Wetter immer öfter Regen hervorbrachte. Es stellte sich als die für mich richtige Wahl heraus, über meinen einteiligen Triathlonanzug ein Radtrikot und Armlinge anzuziehen. Ich fand das Wetter mit Temperaturen um die 12°C nicht grade angenehm, aber gefroren habe ich auch nicht. Blöderweise musste ich ständig pinkeln, weil ich nicht so stark schwitzte. Insgesamt musste ich sechs mal beim Radfahren einen „Boxenstopp“ einlegen. Während ich an den Verpflegungsstellen auf der ersten Runde mir jeweils eine Radflasche mit Iso und eine mit Wasser sowie einem Gel und einem Riegel, nahm ich mir in der zweiten Runde Flaschen mit Cola sowie Iso und nur noch Gel. Ich hatte im Training und bei vorhergehenden Wettkämpfen festgestellt, dass das für meinen Magen am verträglichsten ist. Kurz vor dem zweiten Wechsel gab es dann nochmal eine Schrecksekunde. An einer Kreuzung in Frankfurt ist so eine blöde Kuh mit Dolce&Gabbana-Einkaufstasche ohne zu schauen auf die Straße gelatscht und hätte fast zwei Radfahrer direkt vor mir zu Fall gebracht. Ob ich da noch hätte ausweichen können….. da mag ich gar nicht drüber nachdenken. Beim zweiten Wechsel wurde mir das Rad von einem Helfer abgenommen und zu seinem Stellplatz gebracht und ich konnte mir gleich den Beutel mit meinen Laufsachen nehmen und mich im Wechselzelt umziehen. Und dort habe ich wirklich alle nassen Klamotten gegen trockene, leichte Laufsachen getauscht. Blöd war nur der Knoten in den Bendeln meiner Laufhose. Das hat mich Minuten gekostet, den wieder zu entknoten. Aber dann ging es schon los.
Während ich mir in der Wechselzone noch sagte: „So, nur noch ein Marathon“, dachte ich am 2km-Schild: „Scheisse, noch 40km“ Ich versuchte auch beim Laufen, es nicht zu schnell anzugehen, lieber auf Nummer sicher. An den Verpflegungsstellen bin ich dann gegangen, um nicht zu viel zu verschütten und mich richtig zu verpflegen. Es gab Stellen an der Laufstrecke, an denen ist man von den Zuschauern echt angetrieben worden. Unter meiner Startnummer stand ja auch mein Name gedruckt. Ich weiss nicht, wie viele Leute an diesem Tag meinen Namen geschrien haben, es müssen unzählige gewesen sein. Nach vier Runden konnte ich dann endlich zum Römerberg abbiegen. Und diese 200m waren für mich der tollste Lohn, für das ganze Training im Winter, bei Kälte, Schnee, Regen, Wind, Hagel, für alles, was ich in diesen Wettkampf investiert habe. Der lange, rote Teppich, der Zielbogen mit der Zeit.Ein geiles Gefühl! Das war sicher nicht mein letzter Ironman! Ich hatte mit einer Zeit zwischen 12:30h und 13h spekuliert. 14h wären auch okay gewesen. Ankommen war das Ziel.
Ich habe 12h39min19s gebraucht, davon 1h20min25s beim Schwimmen, 6min59s beim ersten Wechsel, 6h12min19s beim Radfahren, 7min06s beim zweiten Wechsel und 4h52min29s beim abschließenden Marathon. Das war ein Wettkampf, an den ich mich mein ganzes Leben erinnern werde, mein erster Ironman, mein erster Marathon, bei so schlechter Witterung und dabei nie das Gefühl zu haben, irgendwo mental oder körperlich einzubrechen.
P.S.: Ich kann jetzt erstmal keine Dixiklos, Powerbarprodukte und Regen sehen
