Zunächst: Ich hatte dieses Problem auch, insbesondere bei Kälte (so ab 12 Grad abwärts). Was letztendlich die Lösung war, kann ich selbst nicht zu
100% nachvollziehen. Ich kann dir aber aus
meinen Diskussionen mit Bikefittern, Physiotherapeuten, Osteopathen, Orthopäden, und Sportmedizinern berichten. Das ist selbstredend
meine Erfahrung. Die kann dir helfen, oder nicht. Vermutlich nicht mehr als Denkanstösse. Gerade hier im Forum meinen viele Leute bei körperlichen Beschwerden immer wieder, die eindimensionale Lösung für das eindimensionale Problem zu kennen (bestes Beispiel:
Ich fahre Rahmenhöhe X bei Schrittlänge Y, dann passt dir Rahmengrösse Z). Nur leider sind viele solche Fragenstellungen, darunter auch deine, meistens alles andere als eindimensional.
Nähert man sich den Problem "eingeschlafene Füsse" grundsätzlich, dann liest man, dass die eigentliche Ursache (die eingeschlafenen Füsse sind ja nur das Symptom) in der Regel entweder eine Störung/Behinderung der Durchblutung, oder aber eine Einwirkung auf einen Nerv ist. Das Problem bei den Schuhen/Füssen zu suchen, ist naheliegend, und kann zur Lösung führen. Zu kleine Schuhe können die Ursache sein, aber zu grosse auch, indem diese nicht richtig sitzen, und die Belastung der Innensohle auf die Fusssohle (Druckverteilung) falsch ist.
Die ebenfalls schon genannte zu starke Schnürung (selbstverständlich inklusive Boa und derleichen) ist ebenfalls ein Thema. Mit einer (zu starken) Schnürung wird oftmals versucht, Defizite bei der Grösse und der Passform des Schuhs zu kompensieren. Eine vollkommen naheliegende, ja sogar fast automatische Handlung, die aber selten zielführend ist (als kleiner Exkurs: Meine Füsse haben einen gewachsenen Längenunterschied von 1cm, also 1.5 Schuhnummern - kompensiert wurde jahrelang, ohne wirkliche Probleme damals, durch etwas mehr Einlage und stärkere Schnürung).
Ein weiteres Thema sind Einlagen. Selbst bei vielen (ich würde sogar sagen, der Mehrheit) Topmodellen sind die mitgelieferten Einlagen für die Tonne, von minderwertiger Qualität. Die gute Nachricht: Es gibt gute Produkte zu kaufen, sowohl von Radschuhherstellern (Specialized hat, je nach höhe des Fussgewölbes, drei Standardmodelle, dazu noch individuell anpassbare) wie auch von anderen Firmen, welche die Fussform zumindest zu einem gewissen Teil abbilden können. Noch besser, aber natürlich auch teurer (wobei je nach Krankenversicherung allenfalls Zuschüsse möglich sind), sind Massanfertigungen von einem Orthopäden. Hier gibt es riesige Unterschiede! Es braucht meiner Ansicht nach einen Orthopäden, welcher sich mit der Belastung beim Radfahren auskennt und auch gewillt ist, im Detail zu arbeiten und nachzukorrigieren. Die Kenntnis muss nicht zwingend aktiv sein, aber die übliche Ganganalyse mit Fussabdruck hilft nur bedingt. Hier hilft wohl nur Rumfragen... Je nach Beteiligung der Versicherung kann es sogar günstiger sein,
eine massgefertigte Einlage zu machen, anstatt zig Standardprodukte durchzuprobieren.
Die Cleats sind ebenfalls eine Stellschraube. Erfahrungsgemäss (nicht nur auf mich bezogen) würde ich hier von einer "neutralen" (zwischen den beiden Zehengelenken) Position ausgehen, und mich dann probehalber wegbewegen. Was man bedenken muss, sind zwei Dinge: Die Grundposition der Cleats in Bezug auf den Schuh (nicht den Fuss!) ist je nach Hersteller extrem unterschiedlich (und kann, bei einer normalen Herrenschuhgrösse von 43/44 durchaus 1.5cm ausmachen). Des wegen nie auf den Schuh achten. Zweitens ist tendenziell ein (zu) stark nach vorne geschobener Cleat problematisch für das System Fussgelenk/Ferse, da höhere Hebelkräfte wirken, was sich in der Regel nicht durch Taubheit im Vorfuss, sondern durch entsprechende Entzündungen im Fussgelenk bemerkbar macht.
Nicht zu vergessen, wenn auch eingangs schon angetönt, ist die Passform des Schuhs! Und dabei gilt es mehrere Dimensionen zu beachten: Breite von Fersenbereich und Vorfuss (kann je nach Fahrer unterschiedlich sein), Höhe des Schuhs, Form des Vorfusses.
Meiner Meinung nach schneiden die meisten Marken ihre Schuhe im Vorfuss zu spitz (kaum ein Mensch hat, zumal auf der Innenseite, einen derart spitz zulaufenden Fuss!). Lobenswerte ausnahmen mit "flachem" Vorfuss sind Lake oder Specialized.
Nun habe ich etliche Zeilen zum Thema Fuss geschrieben. Aber das Problem kann, wie eingangs angetönt, auch ganz woanders liegen. Ein berühmter Kandidat ist der Ischiasnerv. Aber ganz grundsätzlich sollte man sich zum Thema Sitzposition Gedanken machen. Einmal testen, was passiert, wenn man 5 Minuten Wiegetritt fährt - wird es besser? Dieses Thema ist derart komplex, dass man es nicht einfach abhandeln kann. Nur als Beispiel: Das toll und schnell aussehende Aerocockpit kann völlig ungeeignete Winkel haben, weshalb ich (ev. unbewusst) keine passende Griffhaltung finde. Das wirkt sich dann auf meine Schultern aus und führt zu Verspannungen und einer nachgelagert falschen Sitzposition im Beckenbereich, welche sich letztlich in einem Taubheitsgefühl in den Füssen niederschlagen kann. Sicher, etwas weit hergeholt, aber möglich, und meines Erachtens gut, um aufzuzeigen, dass das System Fahrer/Rennrad alles, nur nicht statisch ist. Sehr wichtig dürfte auf jeden Fall (wie immer bei Fitting-Themen) die Sattelposition sein, inkl. der Sattelneigung (auch hier würde ich, falls noch nicht so, eine möglichst waagerechte Position wählen).
Als Fazit bleibt mir nur der Tipp, die oben genannten Spezialisten aufzusuchen. Das macht keinen Spass. Ist (erstmal) zeitaufwändig und mühsam. Kostet. Aber es hilft, wenn man folgende Rechnung aufmacht: Ich gebe pro Jahr x tausend Euro für Material, Bekleidung, Ernährung, Radurlaube/-trainingslager/-events, Autoanfahrten etc. aus - da darf der Posten Körper/Gesundheit nicht fehlen! Lieber einmal 1000 Euro beim Equipment sparen, und in den eigenen Körper investieren - diesen hat man ein Leben lang. Ohne Gewährleistung/Garantie/Rückgaberecht.
Dabei würde ich Zeit in die Suche der Personen investieren! Auch hier gilt: Es müssen zwingend Personen sein, welche sich mit dem Problem befassen wollen. Das klingt banaler, als es ist - in Zeiten von Fachkräftemangel und Kostendruck sind verständlicherweise zahlreiche Mediziner und anverwandte Berufe (um die es hier letztlich geht) auf "fast in fast out" getrimmt.
Womit du beginnen sollst weiss ich nicht. Gefühlsmässig würde ich aber, getreut dem Motto, die Ursache und nicht Symptome zu bekämpfen, entweder mit einem Arzt, Physio, oder Osteo beginnen. Viel Erfolg!