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Meine Ambition: Langstrecke

Ich mache mal ein paar Schritte zurück und öffne mich einmal ein wenig; das erklärt auch, warum ich an manchen Stellen bewusst andere Wege gehe, vielleicht auch ein bisschen überheblich wirke. Vorweg: Das ist mein Weg und meine Erfahrung, niemand ist gezwungen, das gut zu finden oder dem zu folgen. Jeder ist für sich selber verantwortlich. ;)

Ich habe vor drei Jahren in keiner Weise jemals gedacht, dass ich überhaupt jemals über 200 Kilometer Rad fahre, geschweige denn regelmäßig meine "lütsche" Pendelstrecke radle. Zu dem Zeitpunkt lag ich nämlich dick und rund, mit Chips und Bier auf der Couch. Einhergehend mit den Chips und dem Bier haben sich andere, gesundheitliche Probleme eingeschlichen, die so allgemein unter dem Wort "Zivilisationskrankheiten" zusammengefasst werden. Nur war das bei mir an manchen Stellen so schlimm, dass ich beinahe über die Klippe mit "no return" gehüpft wäre. Und die Argumente, etwas NICHT zu tun, überwogen bei Weitem den Argumenten, etwas zu tun. Und dann noch keine Zeit, soviel Arbeit, die Familie, Haus.... Da fiel es viel, viel, viel leichter, auf der Couch abends nette Radvideos zu gucken und davon zu träumen, wie es wäre, wenn man es täte. Mit der traurigen Gewissheit der Unerreichbarkeit.

Ein Video eines bekannten "Ja Mann’s" – Insider wissen, wen ich meine (Skatepunk2425) – hat mich besonders berührt. Flensburg - Fynshav als Bikepacking Tour; das Video hängt bis heute in meinem Kopf.

Es bedurfte dann noch eines echten Tiefpunktes meinerseits, den ich hier jetzt in der Tiefe nicht beschreiben möchte, aber ich wachte danach morgens auf, saß auf der Bettkante und habe beschlossen: Jetzt änderst Du dein Leben.

Ich bin zum Glück sehr akribisch: Wenn ich ein Projekt habe, dann richtig. Dann studiere ich das Thema. Feste Dogmen und Konventionen interessieren mich nicht; ich sauge alles auf und picke mir das raus, was für mich wichtig ist. Jeder ist individuell, feste Regeln funktionieren nicht für jeden gleichermaßen. Solche "lebensverändernden", teils radikalen Veränderungen müssen maßgeschneidert sein. Sonst ist das Risiko, zu scheitern, enorm hoch. Und darauf hatte ich keinen Bock. Wenn, dann richtig – und "ich" als Projekt hatte höchste Priorität. Also habe ich an dem Morgen angefangen und neue Verhaltensweisen auf ganzer Linie nach und nach integriert und etabliert, zur Gewohnheit gemacht und mir langfristige Ziele gesteckt. Ein paar Monate später haben wir Urlaub wo gemacht?... Richtig... Dänemark, Skovmose. Und ich bin die JaMan-Strecke von Flensburg bis Fynshav auf dem Gendarmstien hinterhergefahren. Ich habe nicht mehr geträumt, sondern ich habe den Traum gelebt. Und von da an habe ich mir jedes Jahr einen neuen Milestone gesetzt. Fehler sind Bestandteil dieses Prozesses, Rückschritte sowieso. Aber die langfristige Steigerung, das ist das, was zählt. Von daher sitze ich jetzt hier, bin gemeldet für die Vätternrundan und möchte um den größten See Schwedens fahren, bei der größten Radveranstaltung der Welt.

Und träume vom RAG. Ob's was wird? Wir werden sehen, aber ich definiere immer den Weg mit als Ziel. Um es mit Tolkien zu sagen: "Es ist eine gefährliche Sache, aus deiner Tür hinauszugehen. Du betrittst die Straße, und wenn du nicht auf deine Füße achtest, wer weiß, wohin sie dich tragen."

Das alles ist für mich mehr als nur der "Middle-Aged Man in Lycra." Es ist meine Energiequelle. DAS ist für mich Ausdauersport.

In dem Sinne, Euch ein schönes Wochenende!
 

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Re: Meine Ambition: Langstrecke
Ein wirklich schöner und berührender Text - klasse!

Ich will Dir auch gar nichts schlecht reden, möchte Dir aber den Fokus für zwei Dinge öffnen.
1. In diesem Forum sind Menschen, die diese Dinge, die Du vor hast bereits mehr als einmal gemacht haben. Die Deine Wege also schon gegangen sind (jedenfalls einen Teil davon). Manchmal ist es sinnvoll auf diese Menschen zu hören - oder jedenfalls ernsthaft ihre Argumente in Erwägung zu ziehen.
2. Zum KT (ich komme ursprünglich aus diesem Bereich): 2x/Woche die richtigen Übungen in der richtigen Dosis reichen aus um Kraftgrundlagen für die besten der Welt zu schaffen. Das wird/würde Dir für Deine Ziele auch ganz sicher ausreichen.

Was Du daraus machst ist und bleibt Deine Sache ... :)
 
Ein wirklich schöner und berührender Text - klasse!

Ich will Dir auch gar nichts schlecht reden, möchte Dir aber den Fokus für zwei Dinge öffnen.
1. In diesem Forum sind Menschen, die diese Dinge, die Du vor hast bereits mehr als einmal gemacht haben. Die Deine Wege also schon gegangen sind (jedenfalls einen Teil davon). Manchmal ist es sinnvoll auf diese Menschen zu hören - oder jedenfalls ernsthaft ihre Argumente in Erwägung zu ziehen.
2. Zum KT (ich komme ursprünglich aus diesem Bereich): 2x/Woche die richtigen Übungen in der richtigen Dosis reichen aus um Kraftgrundlagen für die besten der Welt zu schaffen. Das wird/würde Dir für Deine Ziele auch ganz sicher ausreichen.

Was Du daraus machst ist und bleibt Deine Sache ... :)
Ich möchte darauf mit einer erlebten Geschichte antworten:

Als ich meinen "Wandel", so nenne ich ihn mal, beschlossen habe, brauchte ich ein Ziel. Ich, dicker Mann, dachte mir, ich mache einen Sprint-Triathlon. Der Termin war einige Wochen nach dem Dänemark-Urlaub oben. Ich habe für diesen Triathlon ein halbes Jahr strukturiert trainiert, ich war sogar ein- bis zweimal die Woche schwimmen, was ich hasse wie die Pest. Morgens um sieben im Freibad.. wuuäähhh. Und im Freiwasser – ich habe sogar meine Freiwasserangst bekämpft. Paar Wochen vorher, in Dänemark, knicke ich bei einer Wanderung heftig um. Aber so richtig.

Aber mein Kopf sagte: Der Triathlon wird gemacht, das Ziel wird erreicht. Das war mir super wichtig. Meine Freunde wussten Bescheid, Familie etc., alle wollten als Zuschauer kommen. Einen Tag vorher hat meine Tochter den Kindertriathlon gemacht, ich lief teilweise zu den Wechselzonen mit, merkte den holprigen Boden und spürte... meinen Fuß.... Alle sagten, meine Familie inkl.: "Du machst den Triathlon, der ist dir so wichtig. Ggf. läufst du halt nicht und hörst nach dem Rad auf." Mein Bruder meinte: "Nimmst ein paar Ibuprofen, dann geht das."

Wäre ich an den Start gegangen, hätte ich – gepusht vom Adrenalin – auch durchgezogen. Schwersten Herzens habe ich abgesagt. Und habe auch gut was zu hören bekommen aus der Familie. "Nicht zielstrebig, man muss auch mal was machen, was unbequem ist..." Ich war tief enttäuscht, gedemütigt etc. Erst ein paar Tage später begriff ich: Der Weg, der Aufwand, waren viel wertvoller als dieser Triathlon. Auch der Rückschritt war wichtig. Das Training für den Triathlon hat mich dahin geführt, wo ich damals stand.

Um zu deiner Antwort zu kommen, vielen Dank dafür:

Ich nehme jede Meinung ernst, auch wenn es vielleicht nicht so scheinen mag, sodass der Eindruck entsteht, ich wäre ein wenig beratungsresistent. Ich habe ja einen Grund, warum ich hier öffentlich meine Fragen stelle; das gehört zu meiner Informationsbeschaffung dazu. Und ich freue mich über jede fachkundige Auskunft.

Und genau diese Auskünfte, wie z. B. die Trainingspläne, die ihr fantastischerweise zur Verfügung gestellt habt, haben mir gezeigt, dass es mit meinen aktuellen Voraussetzungen zu früh ist, [damit] einzusteigen. Auch wenn ich es gerne würde – es wäre nicht klug! Ich habe ja oben geschrieben, dass ich Schulterprobleme habe, und diese haben in der Bearbeitung absolute Priorität. Bzw. wir haben sie zur obersten Priorität gemacht. Die Alternative wäre, ich ignoriere den Schmerz, pfeife mir hochdosiert Ibuprofen rein und setze mich aufs Rad, damit ich meinen "Motor" auf Vordermann bekomme, mache mir aber mein "Chassis" kaputt.

Vielleicht stößt das Wort "Krafttraining" ein wenig auf, aber das ist es, was es ist. Wir können es Reha-Maßnahmen nennen. Und bis die Reha-Maßnahmen Wirkung zeigen, wird das Rad passend dosiert, aber nicht strukturiert zum Einsatz kommen. Ich habe leider in den letzten Wochen (wieder) mal Rückschritte hinter mir und muss (wieder) akzeptieren, dass Rückschritte zum Fortschritt dazugehören. Das fällt mir immer schwer, ich möchte auch gerne mit dem Kopf durch die Wand. Aber es ist smarter, mit dem Körper zu arbeiten als gegen ihn.

Passenderweise hat "Pushing Limits" das in seiner aktuellen Ausgabe gerade bearbeitet, habe ich gestern gehört. Da ging es u. a. darum, dass Trainer eher Probleme mit Athleten haben, die "zu viel wissen". Sie oft den Typ "Schaf" bevorzugen, die einfach machen, was ihnen gesagt wird. Ich persönlich halte es aber nicht für klug, Typ "Schaf" zu sein, das rächt sich irgendwann. "Schafe" neigen nämlich dazu, ihre Probleme und Instinkte zu unterdrücken. Das Beste ist, ein "intelligentes Schaf" zu sein.

Von daher hoffe ich, dass sich hier weiter konstruktiv beteiligt wird, gerne auch kritisiert und Impulse gegeben werden. Aber die Verantwortung habe ich selbst und muss abwägen. Das Forum ist hier ein Impulsgeber, aber nur einer von mehreren. Und ich muss abwägen, welchen Impulsen ich folge.

Mir ist das ganzheitliche Projekt zu wichtig. Und ich gebe lieber wegen mangelnder Kondition auf oder fahre eine beschissene Zeit, anstatt im Zweifelsfalle fitgespritzt oder unter Medikamenten zwar gut zu finishen, mich aber damit nachhaltig zu schädigen.

Aber apropos Training, ich saß gestern 3 Stunden in feiner Grundlage auf dem Rad, draußen, endlich mal wieder Gravel, und es hat funktioniert und es war alles gut. Ist nicht viel, aber besser als nichts.

Schönen Sonntag!
 
Wegen Schulterprobleme, die habe ich auch. Da habe ich halt herumexperimentiert bis ich eine Lenkereinstellung fand womit ich noch gut fahren konnte. Die ist viel höher und breiter als das was heutzutage als 'Normal' gesehen wird, ich kann damit aber komfortable fahren ohne Schulterprobleme.
 
@Degger

Hab mal ein wenig diesen Thread überflogen , auch ich bin vor über 30 Jahren zu diesem sehr
schönen Sport wegen Übergewicht BMI 29 gekommen. , Essen alles was reinig 3 Paar Weisswürste um 9 Uhr
zur Brotzeit kein Problem 🤦‍♂️.
Gut das ich Beruflich den ganzen Tag auf den Beinen war , sonnst wäre es noch mehr gewesen.

Bin dann auch zum Triathlon und Marathon laufen.
Wobei ich 2003 mit Marathon nach meiner Wunschzeit unter 3:30 Std dies aufgehört habe.
Das Du nicht mit Schmerzen gelaufen bist , war nur richtig.
Wenn mal was zwickt , Radfahren ist oft dennoch möglich.
Beim Laufen alles ganz anders , dein Körper verzeiht nichts , null.
hab vor 10 Jahren mit 49 Jahren Wettkämpfe (Duathlon/Laufen) aufgehört.
Mit dem Grund , es tut nichts weh und ginge noch einige Jahre.
Fahre nun im Jahr um die 8000km Rennrad , laufe 1 bis 2 mal die Woche 10km in einer Stunde.
 
Wegen Schulterprobleme, die habe ich auch. Da habe ich halt herumexperimentiert bis ich eine Lenkereinstellung fand womit ich noch gut fahren konnte. Die ist viel höher und breiter als das was heutzutage als 'Normal' gesehen wird, ich kann damit aber komfortable fahren ohne Schulterprobleme.

Vielen Dank! Das ist ein Ansatz, den ich auch verfolge. Ich baue mir ja gerade ein Endurance-Rad auf, der Rahmen steht aktuell im Keller.
Ist es ganz interessant, meine "Trainingsmamils" kauften, kaufen sich alle AERO-Räder, damit sie noch 1 km/h schneller im Schnitt sind, ich besorge mir das "Hollandrad" unter den Rennrädern.

Das spannende, auch in diesem Prozess ist, ich war ja sogar vor 2 Jahren beim Bikefitting. Und jetzt, mit dem Abstand weiß ich, die Einstellungen die wir dort erarbeitet haben, funktionieren für mich nicht.

Ob ich damals selber zu ambitioniert war, weiß ich nicht, ob das Fitting selber nicht von hoher Qualität war....sagen wir mal so, im Rückblick weiss ich nun, was für Fragen der Fitter damals nicht gestellt hat oder worauf er nicht eingegangen ist.
Bsp. die ermittelte Sattelhöhe passt für mich nicht. Ich habe hier ja den Thread "Probleme im Glute-Hamstring". Das war ein direktes Resultat aus einer nicht passenden Sattelhöhe in Kombination mit meinen körperlichen Besonderheiten.
Mein Trainingsstand war zu dem Zeitpunkt auch ein anderer. Natürlich kann man jetzt sagen, auch ein Bikefitting ist dynamisch und sollte auch regelmäßig wiederholt werden.
Kostet aber auch immer Geld....

Tja, es ist alles ein Prozess und viele learnings dabei.

Beim Laufen alles ganz anders , dein Körper verzeiht nichts , null.
hab vor 10 Jahren mit 49 Jahren Wettkämpfe (Duathlon/Laufen) aufgehört.
Mit dem Grund , es tut nichts weh und ginge noch einige Jahre.
Fahre nun im Jahr um die 8000km Rennrad , laufe 1 bis 2 mal die Woche 10km in einer Stunde.

Ich würde so gerne laufen, weil es mir Spaß macht und so schön niederschwellig ist. Aber, diese Ambition habe ich endgültig at acta gelegt. Du hast vollkommen recht, der Körper verzeiht das nicht und ich mache mir bei weitem mehr kaputt, als heile.

Meine "Laufprobleme" waren sogar der ursprünglich Grund mir eine Physiotherapeutin zu suchen. Ich hatte Probleme in den Sprunggelenken. Und mit ihr zusammen, als auch mit meinem Orthopäden haben wir dann gesagt: Nix laufen. Fokus Rad, da kann ich auch noch was reissen, wenn ich will.
Dann haben wir eine Anamnese gemacht, andere Baustellen, wie z.B. die Schulter identifiziert, auch falsches Training dabei als Ursache ausgemacht bzw. zu ambitioniertes Training und deswegen gesagt: Stopp, Reset.

Meine Ziele sind ambitioniert, machbar, ich / wir denken das ich kardiovaskulär sehr anpassungsfähig bin, aber halt der "Kadaver" will auf Spur gebracht werden.
 
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