Guten Morgen auf die Weide!
Der Ötztaler 2017 ist nun auch wieder Geschichte und der Alltag hat mich zurück. Bei eigentlich idealen Bedingungen während des gesamten Rennens fühlte ich mich dennoch irgendwie schwach. Schon am Kühtai bemerkte ich, daß im Gegensatz zu 2016 nicht alle in einer riesigen Gruppe um mich herum quasi von unten bis oben dasselbe Tempo radeln, sondern ich bin permanent überholt worden. Das drückte irgendwie aufs Gemüt und passend dazu konnte ich zwar meine anvisierten um die 200W treten, aber der Puls wollte dabei nicht wie üblich auf knapp 160 rauf, sondern verharrte bei um die 150 und schon bei den kurzen Flachstücken mußte ich die Beine hochnehmen und mich etwas erholen, anstatt runterzuschalten und stoisch die 200 Watt weiterzutreten wie noch 2016.
Die Abfahrt vom Kühtai war ein Genuß und 100km/h am Renner draufzuhaben macht einfach Spaß. Unten in Innsbruck angekommen formierte sich bis zum Einstieg in den Brenner eine insgesamt recht große Gruppe, so daß ich trotz Gegenwinds am Brenner recht gut unterwegs war. Allerdings mußte ich tatenlos zusehen, wie mir drei Kilometer vor der Labe, wenn der Brenner etwas steiler wird, alle davonfuhren und ich da sicher mehr als fünf Minuten verloren habe.
Runter nach Sterzing ist wie immer irgendwie langweilig, also abgehakt, der Jaufen wartet eh schon nach dem zweiten Kreisverkehr. Hier wollte ich nur die Fehler von 2016 vermeiden und nicht zweimal mittendrin stehenbleiben. Dies gelang mir, aber ich fühlte die ganze Zeit über, daß ich irgendiwie nicht leisten kann und langsamer bin als 2016, obwohl mir die niedrigeren Temperaturen eigentlich sehr gelegen kamen. Oben an der Labe habe ich mein restliches Flüssignahrungspulver in frisches Wasser gefüllt, ein Stück Banane und ein Stück Kuchen gegessen und weiter gings.
Die Abfahrt nach St. Leonhard machte dagegen wieder unglaublich viel Spaß. Meine Abfahrerqualitäten haben sich doch etwas verbessert und so war ich es diesmal selbst, die um die anderen herumkurvte und vorbeizog. Insgesamt war ich auf der Abfahrt 3 Minuten schneller als letztes Jahr.
Das Timmelsjoch rauf habe ich mich dann nur noch gequält, der Puls wollte überhaupt nicht mehr über 145 gehen und im Schnitt habe ich am TJ noch 180 Watt getreten. Meine Rettung nach der letzten Labe war dann Annukka, deren Namen ich schon am Kühtai mal gelesen hatte. Sie motivierte mich zur Mit- und überhaupt Weiterfahrt und händchenhaltend durchfuhren wir das Tunnelportal. Ich hatte es fast geschafft! Leider fing es nun auch noch zu regnen an, aber es war ja nicht mehr weit. Der Gegenanstieg war auf den ersten Metern nochmal richtig hart, denn uns blies der Wind ordentlich entgegen, mein Maximaltempo in der Abfahrt bis zur Gegensteigung lag bei gerademal gut 60km/h. Dafür konnte ich trotz Regens und teilweise schlechter Sicht die folgende Abfahrt bis runter nach Sölden so richtig genießen. Ich hatte es erneut geschafft und das Ziel erreicht! Nur in welcher Zeit? Egal, ich fühlte mich heute auf allen 99km Anstieg so richtig scheiße, das waren sicher knapp 12h.
Nach der verregneten Abfahrt fuhr ich so schnell es ging zurück ins Hotel und stellte mich erstmal 20 Minuten lang unter die heiße Dusche. Den
Garmin habe ich keines weiteren Blickes gewürdigt und als ich eigentlich noch immer fröstelnd aus der Dusche kam erreichte mich die SMS von Datasport mit meiner Endzeit. 10h und 55 Minuten stand da und das hieß, ich hatte meine Zeit von 2016 um 16 Minuten verbessert! Ich konnte mein Glück nicht fassen, fünf Monate nach der OP mein Ziel von unter 11h tatsächlich geschafft zu haben und weinte vor Freude erstmal!
Nach der Analyse der Daten war ich am Kühtai knapp drei Minuten schneller als 2016, habe dort mit im Mittel vier Schlägen Puls weniger 51 Watt mehr getreten. Am Brenner war ich 8 Minuten schneller als 2016 und habe dort mit zwei Schlägen weniger im Mittel 64 Watt mehr getreten. Am Jaufenpaß habe ich mit 7 Schlägen weniger als 2016 im Mittel 39 Watt mehr getreten, für das Timmelsjoch fehlen mir Vergleichsdaten, da mir 2016 dort der Akku vom
Garmin leerwurde.
Die Analyse fällt mir etwas schwer, aber ich befürchte, die niedrigen Pulswerte und die fehlende Spritzigkeit sind ein Anzeichen für ein leichtes Übertraining. Derlei hatte ich noch nie, aber ich hatte auch noch nie vorher so vergleichsweise intensiv trainiert wie vor dem Ötzi 2017. Die Auswertung über einen längeren Zeitraum auf Strava unter Berücksichtigung der echten Leistungsdaten zeigen jedoch tatsächlich, daß ich fitter und leistungsstärker bin als 2016 und zwar eine ganze Ecke. Das Training der letzten sechs Wochen war also äußerst erfolgreich. Daraus schließe ich, daß ich das Training in dieser Form nächste Saison unbedingt wiederholen sollte, aber bitte nicht erst wieder sechs Wochen vor dem Ötzi damit anfangen, sondern die Leistungssteigerungen etwas langfristiger angehen.
Ich werde das mit dem Puls beobachten, jetzt aber die nächsten Tage erstmal geruhsam angehen lassen.
LG
Julia