Nibali hat die Leistung gebracht, die vorher von ihm erwartet werden konnte. Dass er diesmal so Souverän auf den Platz ganz oben auf dem Treppchen gefahren ist, das war doch keine Leistungsexplosion, sondern dem Pech der Hauptkonkurrenten geschuldet.
Aber ich versuche mal abseits vom Sieger eine erste Bilanz:
Péraud: Respekt, aber irgendwo eine graue Maus. Er fährt immer vorne mit, aber er gewinnt nie und er greift nie an. Für mich übrigens der Fahrer - bei allem Respekt - der hinsichtlich der einschlägigen Probleme im Radsport die meisten Zweifel aufkommen lässt. Dass sich jemand jenseits der 30 noch mal so verbessert wie Péraud in den letzten Jahren, das gab es zuvor letztmals zu Zeiten eines Bjarne Riis.
Valverde: Hat noch nie die in ihn gesteckten Erwartungen erfüllt und diesmal auch wieder nicht. Das Thema "Treppchen" ist damit wohl ein für alle mal erledigt.
Bardet, Pinot, Gallopin, Dumoulin: Da wird in Zukunft noch mehr kommen, das sind Gewinner dieser Tour. Pinot traue ich nach der Leistung im Zeitfahren zu, dass er als erster Franzose seit gefühlt 2000 Jahren (Hinault 1985, oder?) wieder die Tour gewinnen kann. Bardet vielleicht auch, warten wir ab, wie sich das entwickelt. Dumoulin ist ein erstklassiger Zeitfahrer, das ist die beste Grundlage für weitergehende Ambitionen. Gallopin hat ein Gespür für sich bietende Chancen und nutzt sie, erinnert mich an Voeckler.
Mollema: In den letzten Jahren schnell zu einem Top Ten-Fahrer aufgestiegen, seitdem aber Stagnation mit Trend nach unten. Ich erwarte in Zukunft eigentlich nichts mehr von ihm. Eine positive Perspektive ist nicht zu erkennen.
Ten Dam: Irgendwie fehlt immer das letzte Tüpfelchen auf dem i, zum Schluss hin baut er ab, auch dieses Jahr wieder. Trotzdem (oder gerade deshalb) traue ich ihm in Zukunft noch mehr zu als Mollema, vielleicht bringt ja mal volle drei Wochen Spitzenleistungen, jung genug dafür ist er noch.
König: Vielleicht der eigentliche Gewinner dieser Tour. Aber jetzt muss er zeigen, dass er sich weiter verbessern kann.
Rolland: Da tut sich auch nichts mehr. Natürlich hatte er den Giro in den Beinen, aber dass er wenigstens auf einen Tagessieg aus ist, das hätte ich trotzdem erwartet. Eine Verbesserung im Zeitfahren ist auch nicht zu erkennen. Er wird garantiert nicht der nächste französische Toursieger werden. Vor drei Jahren war von ihm noch mehr für die Zukunft zu erwarten als heute.
Porte: Das Thema Gesamtwertung und/oder capitain bei einer Grandtour ist damit wohl erledigt. Vielleicht der größte Verlierer dieser Tour. Er hatte eine einmalige Chance und konnte sie nicht auch nur ansatzweise nutzen.
Cancellara: Da wird nichts mehr kommen, außer vielleicht noch der Weltrekord. Eine große Karriere neigt sich dem Ende zu.
Sky: Sonderpreis für das am schlechtesten geführte Team.
P.S.:
Voecklers Fahrweise mag ich immer noch. Hat auch diesmal Freude bereitet.
Nochmal P.S.: Den hätte ich fast vergessen:
Sagan: Eine Karriere am Scheideweg. Schwer zu sagen, in welche Richtung das gehen kann. Aber er muss jedenfalls ein netter Kerl sein. Der duldet es sogar, dass irgendwelche Vögelchen auf seinem Kopf ein Nest gebaut haben

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