Leider war mein Wochenende nicht von Erfolg gekrönt.
Als sich zum abklingenden Schnupfen am Samstag auch noch eine schmerzhafte Schulterverspannung gesellte, ahnte ich bereits, dass dieses Wochenende unter keinem guten Stern stehen würde.
Glücklicherweise konnte ich in Tannheim eine Physiotherapeutin auftreiben, die ich aus ihrem Wochenende gerissen habe und die mir am Samstag Nachmittag noch prima geholfen hat.
Im Pensionszimmer: Alles einsatzbereit.
Nach einer fast schlaflosen Nacht aufs Rad geschwungen stellte ich erfreut fest, dass ich eine nahezu schmerzfreie Haltung auf dem Rad einnehmen konnte. Daran sollte es also nicht liegen.
05:45 Uhr trafen wir inCUBEus in der Startaufstellung, der quasi mitten in der Nacht aus München angereist ist.
inCUBEus, Vater Huhn und ich in den letzten Minuten vor dem Start:
Vereinbart war, dass inCUBEus für flottes, aber für mich machbares Tempo sorgt und ich mich im Windschatten so gut als möglich schonen sollte und gleichzeitig nicht gleich durchgereicht werde wie im letzten Jahr, als wir noch vor der ersten Verpflegung den Besenwagen im Nacken hatten.
Als es um 06:00 Uhr losging, hatte ich irgendwie kein gutes Gefühl. So sehr ich mir auch Mut machte, es änderte sich nichts.
inCUBEus leistete tolle Führungsarbeit! Ruhig und immer den Überblick behaltend, lotste er uns flott und sicher durch die anfängliche Abfahrt und in der folgenden Ebene entstand eine große Gruppe, die durch seine Arbeit konstant mit 30-35 km/h unterwegs war. Das Tempo empfand ich als angenehm und gut fahrbar, ich fand meinen Platz in der Gruppe und setzte mich im hinteren Drittel fest.
Als ich in einer Welle vom großen auf’s kleine Blatt wechseln wollte, passierte es. Die Kette rutschte vorne durch und verklemmte sich innen.
Meine Rufe verhallten ungehört, die Gruppe raste weiter, durch die Größe der Gruppe und die Anwesenheit einer Fahrerin, die dieselbe Jacke trug wie ich, fiel Vater Huhn mein Fehlen lange nicht auf.
Hektische Versuche meinerseits, die Kette wieder aufs Blatt zu legen, schlugen fehl. Gruppe um Gruppe rauschte an mir vorbei und ich wollte schon verzweifelt kapitulieren, als ein Begleitmotorrad hielt und der Fahrer mir half, die Kette wieder zu befreien.
15 Minuten hatte ich mindestens verloren, als ich mich alleine auf Aufholjagd machte.
Die größeren Gruppen waren bereits alle durch, nur einzelne abgesprengte Grüppchen und Einzelfahrer waren noch unterwegs.
Die Besenwagen waren glücklicherweise noch nicht zu sehen. Das beruhigte mich wieder etwas.
Leider schlugen meine Versuche, eine gut laufende Gruppe zustande zu bringen, fehl.
Das Ende vom Lied war, dass sich 6 oder 7 Fahrer in meinem Windschatten ausgeruht haben und nicht im Traum daran dachten, Führungsarbeit zu leisten.
So bin ich ca. 50 km bei leichtem Gegenwind mit 26-30 km/h bis zur ersten Verpflegung alles von vorne gefahren und hatte somit den Großteil meiner Energie bereits vor den Bergen verpulvert.
Vater Huhn hatte dort gewartet, nach kurzer Stärkung und Befüllen der Flaschen ging’s zu zweit weiter. Das Wetter war bis dato gut, um die 20°C und meist sonnig – optimales Radelwetter also.
Als es dann aufwärts ging, merkte ich, dass die Kraft schon fehlte und ich mich leicht erschöpft fühlte. Keine guten Voraussetzungen für das, was uns noch erwartete.
So konnte ich das Zeitziel, welches ich mir persönlich für das Erreichen der Passhöhe Arlberg gesetzt hatte, bei weitem nicht erreichen.
Auch die schnelle Abfahrt und die anschließende schnelle Fahrt nach Imst konnte das nicht mehr herausreissen. Wir waren zu zweit, eine Gruppe hatten wir nicht, dafür fiesen Gegenwind. Und ich befand mich am Rande der Erschöpfung. Wir fuhren noch einige Fahrer auf, die sich dann an uns hängten.
Kurz vor Imst vertrautes Motorengeräusch hinter mir: Die Besenwagen waren da.
Also hatten wohl die Fahrer, die noch hinter uns waren, aufgegeben. Überholt haben sie uns nämlich nicht und die Vorstellung, noch nicht ganz die Letzten zu sein, hat mich den ganzen Tag über immer etwas beruhigt.
Das Zeitlimit in Imst erreichten wir noch gut rechtzeitig.
Dennoch wusste ich nicht, wie ich, vollkommen erschöpft und gefrustet wie ich war, über das Hahntennjoch kommen sollte.
Ich habe es trotzdem versucht. Habe gekämpft und an derselben Stelle wie im letzten Jahr unter Schweiss und Tränen aufgegeben.
Selbst wenn ich es irgendwie nach oben geschafft hätte, hätte ich dafür viel mehr Zeit gebraucht als bis Kontrollschluss noch zur Verfügung stand.
Das war bitter. Sehr bitter. Kann sich kaum einer vorstellen, wie ich mich gefühlt habe.
Gut nur, dass ich in mein privates BGF steigen konnte (gefahren von meinem Mann und Frau Vater Huhn) und nicht in den blöden Besenwagen musste.
Wir haben dann Vater Huhn’s fulminante Fahrt auf das Hahntennjoch begleitet.
Chapeau! Woher der Mann noch diese Kräfte mobilisieren konnte, ist mir ein Rätsel. Er hat noch einige aufgefahren und überholt.
Oben reichten wir ihm Klamotten und er machte sich in die Abfahrt. Es begann zu tröpfeln und ich dachte „nein, nicht schon wieder wie letztes Jahr…“ Unten angelangt begann es richtig zu schütten und heftiger Wind kam auf.
Aber Vater Huhn zog durch. Er trotzte der Regenschlacht und erreichte das Ziel. Meinen Respekt!
***
Und ich… naja. Klar war ich bitter enttäuscht und bin es noch.
Immer die offene Rechnung vom letzten Jahr vor Augen, habe ich fleißig trainiert und mich im Allgemeinen durchaus gesteigert. Ich hatte mir so sehr gewünscht, das Ziel zu erreichen. Es hat nicht sollen sein.
Und das schiebe ich jetzt nicht nur auf meine versaute Anfangsphase des Rennens.
Ehrlicherweise muss ich mir selbst endlich eingestehen, dass ich’s nicht drauf habe und zukünftig besser meine Finger von solchen Veranstaltungen lasse. Hochgebirge in Renntempo = viele Nummern zu groß für mich. Klassischer Fall von Selbstüberschätzung.
Wenn ich mir Saisonziele setze wie Rhön-Marathon, Alb Extrem und vielleicht noch kleine Dolo-Runde bin ich wohl besser bedient.
Mein Lehrgeld habe ich jetzt jedenfalls zur Genüge bezahlt.
Lieben Dank an inCUBEus für die Hilfe in der Anfangsphase des Rennens und die Versuche, mich wieder aufzubauen.
Und wieder mal ein Danke und ein Sorry an Vater Huhn, der durch mich mal wieder kräftig gebremst wurde.
Eines habe ich mir noch gestern vorgenommen: So bald wie möglich werde ich nach Imst fahren, das Hahntennjoch unter die Räder nehmen und endlich meinen Frieden mit diesem Berg schließen. Er kann ja nichts dafür, dass ich nach 170 km keine Kraft mehr habe, ihn zu bezwingen.