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Dem kokolores seine humorige Durchmessung von Gegend

kokolores

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Der @marcfw ist schuld! Der hat nämlich befo... gebeten, für meinen Kokolo... äh Mumpitz nen eigenen Faden einzurichten.
Nun denn...

Wegen schlechter Dateistruktur war die Freude sehr groß, dass ich noch Reiseberichte fand.
Leider kein Klassiker. Ich mit Aluminium, der andere mit Salsa Küchengerät...

Prolog

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"Heer Halewijn zong een liedekijn,
Al die dat hoorde wou bi hem zijn."


Ich dreh ja ganz gerne mal eine kleine Runde mit dem Rad. Bisken am Rheinufer entlang, Modenschau machen und so.
Der Eisenkumpel weiß das und machte irgendwann den Vorschlag zu einer gemeinsamen Ausfahrt über Ostern.

Er würde gerne mal Brügge sehen, hat er gesagt. Brügge!
Nicht Brüggen am Niederrhein. Brügge! In Belgien! Kurz vor England!
Eine alte Volksweise spricht in einem völlig anderen Zusammenhang

„Och neen, gy dochter, neen, gy niet:
Die derwaert gaen, en keeren niet!“

Das ist Mittelalterdeutsch und heißt soviel wie:

Brügge sehen und sterben... äh, quatsch,
eigentlich heißt es:

„Och nee, Mädchen, lass ma stecken!
Die dorthin gingen, kamen nicht zurück!“

Jetzt waren wir aber keine Töchter...

Ich wäre ja schon mal dort gewesen, hat er gesagt. Und weil er kein Mittelhochdeutsch spricht, was ja dort, zumindest im nördlichen Landesteil, die Landessprache ist, hab ich mich breitschlagen lassen, mitzuradeln.
Da hab ich aber mal gleich das Wanderer mit Blumen geschmückt und mir den Strohhut aufgesetzt.
Brügge hat nämlich nur Kopfsteinpflaster zu bieten und da wäre das Wanderer mit den 40 mm (4 cm) breiten Schluppen ein geradezu prima Fortbewegungsmittel gewesen.

Auf meine Frage, ob denn in des Eisenkumpel Auto auch zwei Fahräder sowie das ganze Gepäckgeraffel Platz hätten und ob man denn nun bis Brügge selbst oder in dessen nähere Umgebung mit dem Auto fahren wolle, da hat er gesagt:
„Wir fahren von Dir aus mit dem Rad nach Brügge!“
Hat er gesagt. Von mir aus bis Brügge...

naja, von mir aus.

Mit einer, bis dato, geschätzten Jahreslaufleistung von immerhin über 50 km fühlte ich mich für diese Reise bestens präpariert.

Jetzt war es aber so gewesen, daß der Eisenkumpel sich einen kapitalen Schnupfen eingefangen hatte.
Und weil die Landschaft hier vor der Tür der Landschaft bei ihm vor der Tür ziemlich ähnlich ist und es damit eventuell zu einer großen körperlichen Anstrengung bei landschaftlicher Langeweile kommen könnte,wurde der Entschluss gefasst: Wir fahren mit der Bimmelbahn bis Aachen und dann weiter nach Maastricht, Tongeren, Tienen, Leuven.
Natürlich nur bis Aachen mit der Bahn. Den lächerlichen Rest hätten wir mit dem Rad zurückgelegt.
Die Nieder...äh.. Holländer und Belgier, die haben nämlich Fahrradfernverbindungen allüberall. FahrradAutobahnen, quasi.
Was Fahrradwege betrifft, da gibt es nur an den Autobahnen keine. Und in Antwerpen auch nicht. Aber da wollten wir auch gar nicht hin. Wir wollten über die LF6 nach Brügge. Bis kurz vor England!
Oder den Tod.

wordt vervolgd...
 
Zuletzt bearbeitet:
Immer noch Prolog...

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Ab|horrem|zieren

So, da saßen wir nun also in der Bimmelbahn nach Aachen, der ollen Kaiserstadt, in der Karl le Grand, oder auch Charles Allemagne, wie der Franzose ihn nennt, 814 zum letzten Mal das Wurstwasser aus den dortigen Quellen trank und sich ein lecker Pflaumenmusbütterken schmierte. Naja, schmieren ließ.
Das Fahrradabteil teilten wir uns mit einer Horde halbstarker Radwandervögel, in Begleitung zweier Pädagogen. Der eine der Pädagogen war, wohl zufällig, nach der neuesten Mode gekleidet! Er trug nämlich einen Vollbart! Den hatte er aber bestimmt schon lange, bevor so ein Gesichtsschmuck hip wurde. Pädagoge NOS*, quasi.

*NOS bedeutet in diesem Fall wahlweise "Never Out of Stock" oder "New Old Stock". Lachgas hingegen scheidet aus...

Kurz hinter Köln erfuhren wir dann, daß der Bimmelbahn in Horrem die Kohlen ausgehen würden.
Das sei lange schon so geplant gewesen und die Deutsche Bundesbahn hätte das auch auf allen Kanälen kund und zu wissen getan.
Tja, leider nicht über CB-Funk! Nachts ist eben keiner QRV...

Bevor sich jetzt hier einige Neunmalkluge mit dem erhobenen Zeigefinger aus dem kissenbewehrten Fenster lehnen und den gutgemeinten Kommentar äußern oder – schlimmer – gar denken mögen: „Na, da hätte man sich ja im Vorfeld mal informieren können...nänänänä“
Dem rufe ich entgegen:
„Was schlau machen? Aufpassen!“

Natürlich könnte ich jetzt hier aus dem Gedächtnisprotokoll rezitieren und ALLE zur fraglichen Zeit vorhandenen baulichen Tätigkeiten und den damit verbundenen Unbequemlichkeiten im Reiseverkehr der Deutschen Bundesbahn nicht nur stehenden Fußes, sondern dazu auch noch stante pede, aufzählen. Allein, es wäre sehr langweilig.
Einzig die Anmerkung im Kleingedruckten des Sonderfahrplans: „Nur bis Horrem bekohlt“, die ist mir wohl entglitten. Bestimmt war da auch überhaupt gar kein Hinweis gewesen. So!
Zumindest nicht über CB-Funk.

Von Horrem sollte dann der Ersatzverkehr (kicher) stattfinden. Mit dem Bus. Bis Düren.
Leider hatte der Bus keinen Platz für Fahrräder.
„Was für ein Stück des Glücks, daß wir keinen Kinderwagen mitführen!“
So freudig ausrufend, lagen wir uns mit den Tränen der Rührung in den Armen. So konnten wir wenigstens mit dem Rad die 30 Kilometer bis Düren überbrücken. Ob die neben uns sich befindliche junge Frau mit Kinderwagen und diversen Kindern unterschiedlichen Alters ein Taxi genommen hat – ich weiß es nicht.
Wir hatten allerdings vor unserer weiteren Reise, welche ja nun die erste Radetappe werden sollte, ein klitzekleines Problem zu lösen, welches sich in zwei Komponenten gliederte.
a) Wo zur Hölle liegt Horrem?
b) Wie kommt man nach Düren?

Umgehend befragten wir einen Droschkenkutscher der hiesigen Taxizentrale, der lässig an sein Taxi gelehnt, auf solche Fragesteller wie uns nur zu warten schien.
Er hatte kaum zur Wegbeschreibung angehoben, da kam leider schon ein weiterer, gerade beschäftigungsloser, Chauffeur dazu und ergänzte die Erläuterungen des Ersteren um seinen Senf.
Das verunsicherte den Ersten natürlich und die Beschreibung des Weges wurde recht konfus und zusammenhanglos.
Wir bedankten uns fein artig und fragten nach 50 Metern eine Passantin.
Die kannte den Weg aber nur über die Autobahn und wünschte uns viel Glück.
Tja. Aufs Geratewohl sind wir dann mal los. Geholfen haben bei der wirren Navigation schlußendlich teils bemooste, teils völlig zugewucherte Wegweiser. Stellenweise war die Strecke und die sie begleitende Gegend recht nett anzuschauen. Wenn mal nicht der Gegenwind gewesen wäre. Dennoch, schön, daß mal gesehen zu haben, bevor in wenigen Jahren dann der Bagger aus dem Braunkohlerevier Hambach...

Ich will die geneigten Leser auch gar nicht weiter mit nicht ganz ungefährlichen Passagen über die Landstraßen langweiligen. Nur noch soviel:
In Düren, kurz vor dem Bahnhof, ertönte von meinem Hinterrad ein „Flapp-flapp-flapp“.
Juchu! Ein Platten! Mein Erster, seit 2012!
Ein Jammer, daß ich das teamgeiststärkende Seminar für Führungskräfte „Fahrradflicken“ seinerzeit aus anderen Gründen versäumt hatte. Was hätte man da auch lernen sollen? Ich meine, „Teamgeist“ und „Führungskräfte“, das ist doch paradox!
Gottlob konnte mir der Eisenkumpel helfen. Ohne ihn säße ich bestimmt noch immer in Düren, mutterseelenalleine auf einem Kilometerstein, das Gesicht in den Händen vergraben, ohne Wasser, weil ich vor dem Umdrehen des Fahrrades zwecks Ausbau des Hinterrades vergaß, die Pulle aus dem Halter zu nehmen...

Nach erfolgreicher Schlauchwechselung erreichten wir dann doch noch irgendwann den Dürener Bahnhof, bestiegen einen Schienenbus, fuhren bis Aachen Hauptbahnhof, und stiegen aus.
An der dortigen Radstation erstand ich einen neuen Schlauch und presste mittels Kompressor noch etwas mehr Luft in den hinteren Pneu. Ich hinterließ den wirklich freundlichen und zuvorkommenden Kollegen ein kleines Trinkgeld und endlich, endlich, endlich, mit lächerlichen 4 Stunden Verspätung, startete unsere eigentliche Radtour nach Westen! Oder den Tod!

Halt!
Am Aachener Hauptbahnhof kamen wir noch in den Genuss einer Vorführung allererster Güte.
Ein Kleinkünstler, der in ausgefeilter Maske einen sozialkritischen Monolog darbot.
Auf einem Teppich befand sich das Genie teils im Schneidersitz sitzend, dann stehend, dann um den Teppich herum schlendernd, bald darauf liegend, knieend und alles und so.
Der Monolog selbst war eine Variation des „Hauptmann-von-Köpenick-Themas“. Weniger Nähe zu Rühmann denn zu Juhnke – wenn sie wissen, was ich meine *zwinker
Nach einer Viertelstunde war der Monolog beendet und der Künstler fing sofort – ohne Pause – wieder von vorne an. Bravo! Da Capo!

Dann kam auch schon das Ordnungsamt.

Aber dann galt es für den Eisenkumpel und mich wirklich:
Nach Westen! Oder den Tod!

wordt vervolgd...
 
Vor Brügge standen aber noch Prüfungen... ;o)

Visé ma tenten und Kipbillen met appelmoes (en mayonnaise)


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Von nun an gings bergab...

Quatsch! Bergauf! Bergauf ging es! Und wie!
Aachen, das ist recht hügelig. Das hängt mit der Topographie zusammen. In Aachen, da fährt man eigentlich immer irgendeinen Hügel hinauf. Nicht schlimm, aber dafür stetig. Und der Gegenwind, der war ja auch noch da. Immerhin lockten vielversprechende Schilder mit dem Hinweis, daß bald mal die Niederl... äh, also, Holland, kommen müsste.
Wir wählten für unsere Weiterfahrt gen Maastricht die gute alte Bundesstraße 1.
Das ist nämlich die älteste und längste Straße der mir bekannten Welt, wenn nicht gar Deutschlands gewesen. Die geht nämlich bis kurz vor Moskau. Und damit meine ich nicht den Großraum Berlin!

Der Holländer hat sich die deutsche Technik dann irgendwann mal zu Nutzen gemacht und einfach, so ganz ohne Beachtung jeglicher Urheberrechte, seine Nationalstraße 278 an die gute alte B1 angebaut. Verlängert, quasi.
Das war für uns dann ganz schön praktisch gewesen. Und weil die Niederl... äh, also, Holland ja topfeben ist, hatten wir uns schon auf ein gemütliches Weiterkommen gefreut.
Ja, denkste!

Aber erstmal ein herzliches Willkommen im Land von Simone.

Was dem Deutschen der Peter, das ist dem Niederländer die Simone (die oben verlinkte Band hat mal freien Eintritt für Mädchen mit dem Vornamen Simone eingeführt. Nach den ersten Konzerten wurde es auf die ersten zehn Simone begrenzt. Wister bescheid...).

Gleich ab Vaals (Vogel-V) gings weiter mit der Steigerei. Und um es den Radfahrern mal so richtig zu zeigen, haben die doch tatsächlich nach jeweils 100 Metern so kleine Schilderkes aufgestellt, auf denen vermerkt war, daß man gerade genau 100 Meter zurückgelegt hatte. Das geht ungefähr 23 Kilometer so. Da muss man die Nerven behalten!

Aber was für Radwege! Der Wahnsinn! 20 Meter breit auf jeder Spur. Sogar an den Hauptverkehrsadern! Da sollte der Deutsche mal ruhig Fünfe gerade sein und den Urheberrechtsschutz Urheberrechtsschutz sein lassen und das mal einfach kopieren.
Man sollte da mal einen Antrag... (wir wissen natürlich alle, daß daraus nix werden kann. Das hängt mit den Strukturen der öffentlichen Hand zusammen – kannste nix machen.) Vielleicht würde es aber auch schon genügen, die vorhandenen Radwege zu sanieren!!! Also, Brennessel wegmachen und Wurzelblasen fräsen. Aber damit kann man ja bekanntlich keine Wahl gewinnen. Dann als Politiker lieber mit den Medien im Schlepptau ein Bändel mit der Schere unbeholfen durchschnippeln und eine neue Route eröffnen, die dann nach 2 Jahren mit Brennessel und Wurzelblasen... ach, egal.

Die Verkehrsverhältnisse in Holland waren recht belebt. Da gab es glückselig lächelnde Senioren, die mit ihrem elektrisch unterstützten Omafiets (Hollandrad) die Hügel stürmten. Es gab auch trainingsanzugbeschürzte Halbstarke auf Rädern mit der vorderen und hinteren Acht in den Felgen und, und, und. Und alle sind sie da hoch pedaliert. Ganz besonders in Erinnerung blieb mir ein vielleicht 12 Jahre altes Mädchen mit einem Rucksack im Schottenkaro-Desseng, daß auf ihrem Omafiets den Hügel erklomm. Sie nutzte dabei die volle Breite des Radweges, pendelnd von links nach rechts und umgekehrt. Respekt!
Naja, irgendwann war die Schneekoppe überwunden und es ging dann doch noch bergab. Hinein in die älteste Stadt der Niederlande:

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Maastricht

D´Artagnan hat sie übrigens nie (weder die Sadt noch das Foto) gesehen. Nur von aussen (die Stadt). Dann wurde er tot gemacht. Aber davon später mehr.
Wichtiger für mich:
Wenn in meiner Kindheit von Maastricht gesprochen wurde (also, eigentlich wurde von „Meschtresch“ gesprochen), dann wurden immer, wirklich immer, im gleichen Atemzug „Bonnefanten“ erwähnt. Menschen, die sich gegenseitig anschauen, wohlwissend zunickend „Aaah, Bonnefanten!“ zurufend.
Ich hab ja immer gedacht, das wäre sowas wie der "Telefant", mit Michael Schanze, oder auf der anderen Seite der Grenze "Bassie en Adriaan", oder "Fabeltjeskrant".

Jedenfalls irgendwas mit bunten Elefanten.
Aber: Keine Zeit für große Erkundungen. Wir lagen ja weit hinter unserem Zeitplan zurück. Also nur kurz die Maas angeguckt und weiter.
Und rubbeldikatz waren wir dann auch schon in Belgien. Hätte man gar nicht gemerkt, weil, Grenzstationen gibbet ja gar keine mehr. Einzig der Straßenbelag verriet das ganz andere Land.
Und natürlich die Musik!

Bonjour Belgique!
Wir waren nämlich über die Wallonie ins Land eingetrudelt. In der Wallonie spricht man übrigens französisch (Merksatz).
Wir durchmaßen die Randgebiete des Städtchens Visé. Dieses Städtchen ist so bemerkenswert, weil es Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden hat.
Und das kam so:
Früher, da war Visé das Zentrum der Bautechnologie für Belgien. Man hat da Zelte gebaut. Weltmarktführer war man. Und das, obwohl die dort keinerlei Logistikzentren besaßen.
Darum mussten die Kunden sich die Zelte dort immer selbst abholen. Eine frühe Form des sogenannten „Outlet“, Fabrikverkauf, quasi.
Aber es gab auch keine Hinweisschilder, wo denn nun der Fabrikverkauf gewesen wäre.
Und darum riefen die Kunden am Stadttor immer: „Visé! Ma tent?“ (Visé! Wo ist mein Zelt?“)
Auch viele deutsche Kunden holten dort, nach einem beschwerlichen Weg, (zum Beispiel über die blöden Hügel von Vaals!) ihre Zelte ab. Und im Laufe der Jahrhunderte kam es dann zu einer Verballhornung im Deutschen: „Fissematenten“
So war das.

Heute ist Visé das Zentrum der belgischen Betonherstellung. Und Belgien braucht viel Beton!
Zum Beispiel für alle Nebenstraßen und Radwege.
Über diese Nebenstraßen und Radwege sind wir dann kreuz und quer durch die Gegend gegurkt.
Es gab auch viel Grün abseits der Wege, sogar in diversen Nuancen.
Wir hätten bestimmt auch das ein oder andere Mal gehalten, für zum gucken. Allein, es fehlte die Zeit.
So haben wir dann nur nach den Radwege-Hinweisschildern geguckt.
Und das, alle Achtung, haben die mal fein hingekriegt, in Belgien. Vielleicht kennt der geneigte Leser die deutsche Variante der Radwege-Hinweisschilder? So blasse, beige-graue Täfelchen in der Größe eines gefalteten Papiertaschentuches.
In Belgien, mein lieber Scholli, da sind die RIESIG! Und überall stehen Zahlen drauf, mit Richtungspfeil.
In Belgien, da hat nämlich jede Kreuzung, wo mindestens zwei Radwege aufeinandertreffen, eine Nummer. Und die ist auf den Schildern immer ausgewiesen. Toll! Braucht man nur noch eine Karte, wo die Lymphknoten aufgezeichnet sind – kannste Dich kaum noch verfahren.

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Knotenpunktschild

Und dann hatten wir die Sprachgrenze überfahren und waren mittenmang in der ältesten Stadt von Belgien:

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Tongeren, gegründet 1680

Steht ja auch so auf dem Haus.

Tongeren ist berühmt für ein einzigartiges Bauwerk der Neogotik, welches es so kein zweites Mal auf der ganzen weiten Welt geben tut:

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Der schiefe Turm von Tongeren, erbaut von Lennard van Wintsje

Dort haben wir dann auch unser Abendbrot zu uns genommen.
Hähnchenschlegel mit Apfelmus und Fritten. Die dazu angebotene Mayonnaise haben wir ausgeschlagen.
Die Hähnchenknochen über die Schulter werfend sind wir dann weiter, wir wollten ja eigentlich noch nach Leuven.
Das haben wir dann aber nicht mehr geschafft. Es war ja schon dunkel und eigentlich muss ich dann immer zu Hause sein. Wir sind dann immerhin noch bei einsetzendem Regen in St. Truiden angekommen. Dort sind wir dann auf der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit 5 Mal um die Kirche gekreist.

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Da war mir schon ganz schwindelig. Das erste Hotel, das wir fanden, war völlig dunkel. Das zweite war völlig überbucht. Der freundliche Portier gab uns aber den entscheidenden Tipp:
Fußballstadion.
Das hatte 11.337 Betten...

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wordt vervolgd...
 
Pak de Velo

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Nachdem wir uns in aller Herrgottsfrühe fröhlich aus den Kunststoffsitzschalen
des Zweitliga-Stadions geschält hatten, genehmigten wir uns zunächst mal ein ausgiebiges Frühstück.
Das ist in Belgien eine ganz besondere Mahlzeit.
Es gibt nämlich nichts Süßes – was man nicht NOCH süßer machen könnte.
Schmalzgebackene Spezialitäten aus süßem Hefe- und/oder Blätterteig.
Mit und ohne Rosinen. Obligatorisch: Marzipanfüllung.
Dazu dann Apfel-Birnen-Dattel-Sirup, wahlweise Marmelade. „Zuckerloading“, quasi.

Im Frühstücksraum befanden sich übrigens lauter Menschen in Radfahrerbekleidung.
Meine Vermutung war ja zunächst, daß dies synonym zu den englischen Fußballtrikots sei.
Der Engländer trägt ja nix anderes. Auch unten rum nicht. Denn wir wissen ja alle, daß es ein
Naturbedürfnis des Engländers ist, der Sonne seinen blanken Hintern entgegenzustrecken...
Aber die Belgier, die waren tatsächlich so angezogen, weil sie mit dem Rad fahren wollten.

Wir wollten dann auch fahren. Um den Zeitplan so einigermaßen einzuhalten, sind wir in
die Eisenbahn eingestiegen. Da! Ein Pfiff!
Auch in Belgien hat nämlich alles seine Ordnung! Da kann man nicht einfach so,
mir nichts, dir nichts, mit dem Rad in einen Waggon klettern! Neeeeeeee, nee, nee, nee!

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Wir wurden vom Schaffner höflich gebeten, das Fahrradabteil zu nutzen. Wir bräuchten uns
aber nicht zu beeilen, der Zug würde warten. Dann hat uns der freundliche Schaffner noch erklärt,
wie man die Räder befestigt, damit sie nicht umkippen. Ach, sowas, der Befestigungsgurt war defekt?
Mit einer beiläufigen Handbewegung deutete der Schaffner an, daß es nichts ausmache,
man könnte das Rad ja auch schräg an die Waggonwand lehnen. Dann klappte er mir noch einen
Klappsitz herunter und bot mir einen Sitzplatz an...
Das bin ich von der Bahn SO nicht gewohnt!!!
Der geneigte Leser kann sich meine Verwirrung bestimmt vorstellen.

Der Zug, kurioserweise und laut einer angebrachten Plakette, das Eigentum einer Stuttgarter
Mobiliengesellschaft, schwebte dann gen Leuven. Und bevor wir es uns in den schweren Fauteuils
gemütlich machen konnten, waren wir auch schon da!
Flugs aufs Rad, quer durch den Bahnhof, über die

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Hauptstraße ins Zentrum,

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das berühmte Denkmal "Männeken Pils" angeguckt und weiter, zum Beginenhof.

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Beginenhof, das ist der Ort, wo Jan Delay seine ersten musikalischen Meriten verdiente.
Das ich das mal sehen würde, fand ich hammerhart.
(Jahahahaha! Üble Kalauer kann ich auch!)

Aber genug vom Backstein – hinein ins nuancierte Grün!
Nicht, ohne zuvor einen neuen Schlauch in mein Hinterrad einzupopeln.
Der alte, vom Vortag, war nämlich kaputt.

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Grün

Ja, und dann hab ich erstmal keine Fotos mehr gemacht....

Ich sag mal so:
Im Grün, ne, da sind wir, der Eisenkumpel und ich, ganz gut durchgekommen. Schotter,
Wurzelwerk, Kopfsteinpflaster, Schlaglöcher (tief wie Granattrichter) – alles kein Problem.
Dann, auf einer Passage mit Split, ertönte wieder dieses ulkige „Flapp-flapp-flapp“,
nee, eigentlich tönte es nun „vlap-vlap-vlap“ vom Hinterrad.
Blind vor Wut, im rasenden und gerechten Zorn, riss ich einige Setzlinge aus dem Waldboden!
Weil meine Hände und Lippen vor Ärger bebten, half mir abermals der Eisenkumpel
beim Schlauchtausch. So langsam gingen ja auch die Vorräte an Schläuchen zur Neige
und dann hatte, zu allem Überfluss, auch noch das Ventil eine Macke, sodaß ich dann mit
gefühlten 0,35 bar Luftdruck die Fahrt (die Fahrt, wohlgemerkt! Das war ja längst keine Reise mehr!)
fortsetzen konnte. Mit Unbehagen, denn wir wussten nun, das der Mantel eines renommierten
Markenherstellers einen hübschen Schnitt aufwies. Da hätte eine Distel genügt, um die Fahrt zu beenden, sag ich mal.

Zum Glück kamen dann erstmal keine Disteln, sondern die hübschen Produkte aus Visé zum Zuge.
Betonplatten. Schön durchnummeriert (manchmal waren aber auch Zahlen vertauscht – hihihi),
bildeten sie den Straßenbelag im ländlichen Raum. Und die Fahrt ging auch erstaunlich gut voran...
Endlich hatte der doofe Gegenwind klein beigegeben...

Nach geraumer Zeit, kurz bevor einer von uns beiden ausrufen konnte: „Kommt mir bekannt vor“,
haben wir es dann gemerkt... der Gegenwind war Rückenwind geworden...
weil wir in die falsche Richt... äääähh, weil, weil, ...
weil wir ja einen Rundkurs um Leuven machen wollten und das auch getan haben.
Jawoll!
Zufrieden ob unserer Leistung sind wir dann

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zurück in die Beginen.

Dort hab ich in einem Fahrradladen im Vorübergehen noch einen Vollgummireifen besorgt.
Und das Schlauchlager aufgekauft – was man hat, das hat man.
Bei einem Brodje Frikandel beschlossen wir, den Reifen alsbald zu wechseln.
Nach dem Brodje Frikandel hatten wir dazu keine Lust mehr.
Wir hatten auch zum Radfahren plötzlich keine Lust mehr, weil da ja jetzt ein schöner Ziegelstein
im Bauch lag. Der wollte erstmal verdaut werden. Im Sitzen. In der Bahn.
Und so sind wir dann zum nächsten Zug. Der war seeeeehr lang. Und wir hatten ja die Transferleistung
erbracht, daß Fahrräder gefälligst im Fahrradwaggon zu transportieren seien.
Da sind wir als Deutsche nun mal sehr eifrig, was das Befolgen von Vorschriften betrifft.
Aber ach! Da war gar kein Fahrradwaggon... Am Ende des Zuges erspähten wir den Schaffner.
Da sind wir dann hin. Recht zügig, trotz des Ziegelsteins.

Der Schaffner, lässig an den Zug gelehnt, mit einer Zigarette in der Hand (trotz Nichtraucherbereich!)
beantwortete meinen fragenden Blick mit der Frage, wo wir denn hin wollten. „Naar Chent“, sagte ich.
Der Schaffner nickte und wir durften unsere Räder in den hintersten Waggon einladen.
Was wir nicht wussten: Es war das Schaffner-Abteil. Der Sozialraum, quasi.
Tief beeindruckt von soviel Gastfreundlichkeit setzten wir uns und ließen den Ziegelstein seine Wirkung tun.
In Gent hat uns dann der Schaffner freundlich geweckt.

Auf dem Fahrradparkplatz haben wir mein Gepäck neu gepackt.
Der noch nicht montierte Vollgummireifen musste schließlich noch tourentauglich an den Rucksack klamüsert werden.

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La troisième roue de mon vélo

Von Gent hatten wir natürlich kein Kartenmaterial mitgeführt und trotzdem hatte es nur
45 Minuten gedauert, bis wir den richtigen Fahrradweg gefunden hatten.

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Und in den Sonnenuntergang hinein, mit einem Lied auf den Lippen,
(das man aber nicht hören konnte, weil ja nun der doofe Gegenwind wieder unser Gast war
und so weiter und so fort) velozipierten wir gen Westen! Oder den Tod!

wordt vervolgd...
 
Zodra het bier kookt, giet je het in de stoofpot.

Davor war aber erst die Ankunft in Brügge zu meistern. Und dann, endlich, endlich waren wir dort,

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mitten in der Nacht, in Brügge!

Die Gastfamilie war ganz bezaubernd nett gewesen, inklusive der 500g Fritten mit
400g Gulasch in Malzbiersoße und Trappisten-Triple...
Dann haben wir im Waschbecken unsere Klamotten gewaschen – natürlich nacheinander.
Dann Heia gemacht. Und wir waren gar nicht tot!
Vonwegen, Brügge sehen und sterben... pff.

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Der nächste Tag ließe sich rennradmäßig in drei harten Fakten zusammenfassen:

Gefahrene Kilometer: 0
Getretene Wattzahl: 0
Höhenmeter: Leck mich doch die Söck´ mit Deinen Höhenmetern!

Ich hatte an diesem Tag nämlich eine Mission!

Weil der Eisenkumpel ja diesen Schnupfen hatte und es ihm nach Snoepjes mit
Mentholanteil gelüstete. Und danach haben wir uns ganz gemütlich im Schutz der anonymen
Menschenmassen in der Stadt getummelt.

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Brügge besticht durch hübsche Reenactment-Architektur.

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Und geduldiges Schlangestehen.

Da ist der Belgier noch besser drin, als der Engländer.
Mir ist da ja mal in grauer Vorzeit im Rathaus von St. Gilles in Bruxelles was passiert:
Ich musste da mal hin. Und auf den Fluren ertönte Mozart als deeskalierendes Hintergrundgeräusch.
Warteschleifenmusik, möchte man meinen. Und da war dann so eine lange Bank gewesen.
Nicht nur zum Ausruhen, sondern auch zum Warten, bis man an der Reihe ist.
Ich setze mich für gewöhnlich nicht direkt neben einen anderen Wartenden.
Kennt der geneigte Leser vielleicht in ähnlicher Form von öffentlichen Toiletten.
Tja, und da saß ich nun. Auf der langen Bank.
Die Tür des Amtmannes ging auf und der links von mir sitzende Mensch stand auf und betrat das Bureau.
Dann geschah erstmal nix...

Dann stand der rechts von mir sitzende Wartende auf, querte meinen starr auf die Wand gerichteten Blick
und setzte sich links von mir auf den vorhin freigewordenen und noch warmen Sitzplatz des sich mittlerweile
im Bureau befindlichen ehedem Wartenden zu meiner Linken.
So ging das ungefähr dreimal, bis ich das überhaupt erst geschnallt hatte, daß ich eigentlich
hätte aufrutschen müssen. Die anderen Wartenden dachten nun bestimmt, ich hätte einen Akt
des zivilen Ungehorsams durchgeführt... weia.

Dann hab ich mir den Rest des Tages das jüngste Gericht von Hieronimonimus Borschtsch (oder so)
angeguckt. Da hatten wir dann ja nicht nur den Westen, beziehungsweise Brügge, sondern auch den Tod – prima!
Das Bild war wirklich gut gemacht und ich musste nur zwei Stellen mit Kugelschreiber nachbessern.

Dann wurde es dunkel, und dann muss ich ja eigentlich immer zu Hause sein.

wordt vervolgd...
 
zu Hause sein,

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Allerdings nicht, ohne zuvor noch einen ordentlichen Schlag Fritten mit Gulasch in Malzbiertunke zu verzehren.

Zu unserem Unglück war die Speise bereits ausverkauft! Ein Skandal!
Wir nahmen dann Filet-o-Fisch mit, natürlich, Fritten. Dazu wählte ich noch Piccalilly-Soße.
Da kann der geneigte Leser sich aber selber schlau machen, was diese Piccalilly-Soße ist. Im Internet, oder so.
Naja, jedenfalls war das Frittenbett noch umfangreicher als bei der Gulaschtunke.
Geschätzte 700g Fritten!
Tjonge!
Mit solch gefülltem und über Gebühr gedehnten Magen haben wir dann den Heimweg

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auf allen Vieren angetreten.

Und das war ein großes Glück, denn aufrecht gehend, wäre uns bestimmt dieses

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Loch im Gehweg entgangen!

Das kannte ich so nur von der Eat-Pray-Love-Insel in Ostindien.
Ich hab da extra mal ein Lichtbild für euch, die Menschen, herausgesucht:

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Loch in einem Gehweg auf der Eat-Pray-Love Insel.
Mit Afterlife-Guarantee, sozusagen.


Ausmalend, wie man noch auf die Schnelle eine Unfallversicherung abschließen könnte, um
dann in den Schacht zu plumpsen um die Reisekasse aufzubessern, verliefen wir uns ein wenig

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in Brügge.

Wir krochen dann zurück zum

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Belfried.
Und von dort aus war der Rückweg ein Leichtes und wir erreichten dann doch wohlbehalten unsere

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Herberge.


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Ich hatte dann aber, als ich bereits in der Heia lag, furchtbare Halluzinationen! Und Bauchweh auch.
War bestimmt eine schlecht gewesen, von den 700g Fritten...

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Buh!
 
Erps-Kwerps

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So, wo war ich? Ach ja, in Brügge.
Das erkannte ich anhand der annen Deckenbeleuchtung unserer Schlafstatt am nächsten Morgen. Froh, daß ich nicht von Vampiren gebissen oder vom Belfried gesprungen war, weil ich ja nun fliegen konnte, wie mir die Halluzinationen versprochen hatten...

Frühstück. Mit schmierfähigem Spekulatius für aufs Brot. Tipp: Prise Salz drauf! Und dann noch der leckere Honigkuchen (Tipp: Kein Salz drauf!)
Davon hab ich mir heimlich gleich zwei Stück unters Hemd geklemmt.
Wir mussten nämlich noch ein ganz schönes Stück Rad fahren. Und da ist so ein kleiner Snack zwischendurch hilfreich, um dem Mann mit dem Hammer zu entgehen.
Gefürchtet hatte ich den Mann eigentlich nicht. Da war auf dem Hinweg ja der permanente Gegenwind gewesen. Der würde uns nun als Rückenwind nach Hause tragen und dann war geplant, den schönen Weg längs des Kanals ohne Steigung entlang zu fahren.

Im Schmierspekulatius oder der Marmelade des Eisenkumpel muss dann aber was drin gewesen sein.
Der Eisenkumpel hatte ja diesen Schnupfen gehabt und führte das große Belastungs-EKG mit sich herum, während ich in meinem 300 Liter Rucksack die Paddles mitführte, für alle Fälle.
Untröstlich war der Eisenkumpel am Vorabend, weil es vernünftiger wäre, die Ardennen auf der Rückfahrt auszulassen und die Kanalroute zu wählen.
Davon war dann nach dem Frühstück keine Rede mehr.
Schulterzuckend beantwortete ich wortlos die Annoncierung der neuen Route und steckte mir noch einen Honigkuchen ein.

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An einer öffentlichen Luftpumpe am Genter Tor haben wir dann noch schnell den in Leuven besorgten und seitdem rücklings mitgeschleppten Vollgummireifen aufgezogen.

Bis Gent ging es dann mit der Bahn weiter.
In gewohnter Manier haben wir uns dann dort erst einmal wieder verfahren.
Ein belgischer Radler fragte uns, wohin wir denn wollten und dann meinte er, er würde uns freies Geleit aus der Stadt gewähren. Dann hat er uns in einen dunklen Hinterhof geführt und uns kalt gemacht... ach nein, das war woanders... da hat er uns bis an den Stadtrand geleitet und erklärt, daß wir nur den Kanal entlang fahren müssten. Aber darauf achten sollten, den Kanal immer zur linken Hand sehen zu können.

Naja, und dann sind wir los. Nach wenigen Metern fiel uns dann was Ulkiges auf:
Gegenwind...

So eine verf*** Sch***, da hatte über Nacht der Wind gedreht!
Die Strecke selber war schnurgerade und eben und da haben wir aus der Not eine Tugend gemacht und ordentlich Radfahren in der Gruppe geübt. Vorderrad seitlich ans Hinterrad des Vordermanns geklebt und belgisch gekreiselt. Zwei Minuten durfte jeder mal vorne fahren, dann wurde gewechselt.
Das ging so gut, daß wir viel schneller (wir mussten ja auch nicht anhalten und gucken, wo denn nun der richtige Weg sei) als gedacht unser erstes Etappenziel erreichten.

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Oudenaarde.

Das ist so ein kleines Dorfstädtchen, wo es ein Museum mit Museumscafé gab. Das war proppevoll gewesen, das Café. Da war nämlich eine Vorberichtsübertragung eines Fußballspie...äh...eines Radrennens. Und alle Gäste haben nicht auf ihre Speisen sondern auf den Bildschirm geguckt.
Vor dem Café stand ein Gebrauchtwagen aus den 1970er Jahren in orangsch.
Während der Eisenkumpel in das Museum hinein ist, um im Museumsshop zu stöbern, hab ich aus Langeweile, ganz nostalgisch, dem Auto die Antenne abgeknickt und die Scheibenwischer umgedreht.
Der Authentizität wegen.
Ich meine, versuchen Sie das mal mit den heutzutagigen Autos! Kommste ja nirgends mehr dran... Schöne neue Welt! Pfff...

Nach einem Reistörtchen im Café sind wir dann weiter in die nähere Gegend.

Und nach wenigen Kreuzungen der Feldwege standen wir am Fuß eines kopfsteingepflasterten Hügels.

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Der berühmte Koppenberg wars gewesen. Rechts sieht der geneigte Leser meinen kompakten Rucksack (mit den Paddles)

Der Hügel ist berühmt, weil da manchmal, zur Belustigung der beiden Bewohner des dazugehörigen Bauernhofes, Kirmesrennen veranstaltet werden. Für den Rest des Jahres ärgern sich die Bewohner, weil sie mit ihren Autos immer sehr langsam hinter den dort hochkeuchenden Freizeitradlern hinterher schleichen und einen Gang herunter schalten müssen.
Ich will ehrlich sein: ich bin da nicht hoch gekommen!

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Der Eisenkumpel schon. Sauber!

Und andere Radfahrer auch.

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Wir haben die strampelnden Recken ausgelacht und „Das kannst Du nicht, das schaffst Du nicht, lass das sein!“ gerufen. Hat aber nix genutzt.

Meine Herren! Ich sag mal so: Mit einem BMX-Rad wäre es mir vielleicht gelungen. Das Kopfsteinpflaster dort, das ist ja wie Treppen herauf fahren. Was für eine Plackerei.
Völlig aus der Puste, die Paddles schon an der Brust, hab ich dann später auch die Kuppe erreicht.
Die Abfahrt war dann leichter. Das ging ohne Treten...

und dann ging es wieder rauf...
...und wieder runter...
...und wieder rauf...
etc.

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ab und zu haben wir mal auf die Karte geguckt.

Wäre aber nicht nötig gewesen. Man musste ja nur gegen den Wind fahren.
Und dann ging es wieder rauf...
...und wieder runter...
...und wieder rauf...
etc.

wordt vervolgd...
 
Das folgende Etappenziel war dann die Wand.
Mittelhochdeutsch, welches die Landessprache dort ist, sagt man: „Muur“ (gesprochen: „Mühr“)
Da war ich dann, nach dem (total) Desaster vom Koppenberg (so sad), aber sowas von motiviert!
Der Eisenkumpel war ja schon auf und davon, während ich noch mental an mir gearbeitet habe.
Und schwupps,

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war ich auf dem Hügel mit der Kapelle.

Dort fiel mir dann ein, daß ich ja noch die Honigkuchen unter meinem Hemd hatte. Schön weichgeschwitzt. Da hab ich dann tüchtig zugelangt.
Eine Reisegruppe, die mit dem Bus angereist war, beobachtete mich dabei und der Führer,
also, der Reiseführer sagte: „Da stärkt sich einer, der gerade die Muur bezwungen hat!“
Das war schöner, als ein Stempel in der Wertungskarte oder ein Wappen, welches man an den Spazierstock nagelt.
Die Kapelle ist übrigens wirklich sehenswert. Wenn der geneigte Leser wissen möchte, was es dort zu sehen gibt, tja, da kann er mal gefälligst selbst dort hoch...

Ein Blick auf die Uhr rief uns dann zur Eile.
Mit beiden Händen an den Bremshebeln ging es nun hinab zu einem Café, wo man auch was zu essen bekam. Der Sinn stand allerdings nicht bei Fritten mit irgendwas. Wir wählten Nudeln.
Ohne Fritten! Das haben wir aber zur Sicherheit extra betont.
Vielleicht hatte die Marketenderin Mitleid mit uns, vielleicht hatte sie auch vom Frittenschmied aus Brügge einen Hinweis erhalten, ich weiß es nicht. Jedenfalls standen nun vor dem Eisenkumpel und mir jeweils 500g Nudeln, verborgen unter 500 ml Fleischsoße, in einer Salatschüssel. 250g geriebener Käse standen separat in einer Schüssel in Habachtstellung.
Das war für mich der zweite Koppenberg an diesem Tage – ich hab nicht aufgegessen!
Und das war auch gut so! Denn als wir uns anschauten, wie der weitere Verlauf der Tour werden würde, da stellten wir jauchzend fest, daß wir über diese Landschaftsblase nochmals hinüber mussten. Verdorrie...

Mit halbgeschlossenen Augen fuhr ich dann weiter.

und dann ging es wieder rauf...
...und wieder runter...
...und wieder rauf...
etc.

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ab und zu haben wir mal auf die Karte geguckt.

Wäre aber nicht nötig gewesen. Man musste ja nur gegen den Wind fahren.
Und dann ging es wieder rauf...
...und wieder runter...
...und wieder rauf...
etc.

Unter anderem kamen wir auch ein Stück durch Wallonisch-Brabant. Das sind dort wahre Künstler mit dem Schalbrett und der Betonmischmaschine.
Leider habe ich davon keine Fotos machen können, aus Angst, meine Kamera wäre verschalt und betoniert worden.
Als es dann dunkel ward, haben wir beschlossen gehabt, ein weiteres Stück mit der Bahn zu fahren.
Und zwar von Halle nach Leuven.
Der Bahnhof in Halle war bereits fertig betoniert und ich hab dann doch noch ein sehr schmeichelndes Lichtbild geknipst:

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Halle, Bahnhof

Etwas ermattet sank ich auf den Sitzplatz der Bahn und hielt die diversen Fahrkarten, die ja auch noch handschriftlich für die Räder personalisiert werden mussten und lauschte der Stimme aus dem Off, welche die Haltepunkte ansagte.
Auf niederl..äh...holländisch. In Brüssel dann zusätzlich mit französischer Zunge. Nach Brüssel wieder nur, na, das kann der geneigte Leser sich nun sicher selber denken.

Ich zuckte nur kurz mit einem Schmunzeln, als der folgende Haltepunkt angekündigt wurde:

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Erps-Kwerps

In Leuven quartierten wir uns rasch in ein Hotel ein. Unsere Frage nach einer Möglichkeit, die Räder zu parken, beantwortete die Rezeptionistin mit dem Hinweis auf das

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Parkhaus (für Räder).
Wir sollten aber nur ja unsere Räder fein ordentlich abschließen, denn sonst würde eine Spitzbübin kommen und die einfach so mitnehmen – ein Skandal!


wordt vervolgd...
 
Been omhoog, been omlaag

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Die letzte und längste Etappe stand am fünften Reisetag an.
Von Leuven über Maastricht nach Aachen, ca. 150 km.
Mit, der geneigte Leser ahnt es, Gegenwind.

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Wir verabschiedeten uns von Goethe und Schiller, die ja ihre besten Jahre in Leuven hatten,
und fuhren in den Wald, den wir schon vom letzten Besuch, genau, der mit dem Rundkurs um Leuven..., kannten.

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Wald

Bein rauf, Bein runter

Kein Blick für das nuancierte Grün der Gegend. Die Augen konzentriert auf die anspruchsvolle Streckenführung gerichtet, mit dem Gedanken: „Mann, bitte nicht schon wieder einen Platten!“
Bein rauf, Bein runter

Ich nehm´s vorweg: Die Schluppen haben gehalten!
Bein rauf, Bein runter

Vielleicht weiß es der geneigte Leser, in Belgien, da sind alle Radwege miteinander verbunden und jeder Kreuzungspunkt hat eine Nummer. Man tut gut daran, sich zumindest die Knotenpunkte zu notieren. Dann kommt man ohne große Unterbrechung voran. Wenn man aber mal auf die Schnaps-Idee verfällt, eventuell 500 m abkürzen zu wollen, dann können daraus auch gerne mal 5 km Mehrweg werden.
Wir haben das empirisch in mehreren Feld(sic!)versuchen getestet und bewiesen!
Nach einer dieser wissenschaftlichen Versuche gelangten wir in Hoegaarden an ein Café (in Belgien heißen die Kneipen immer Café, damit die Männer das besser vor ihren Frauen argumentieren können. Ich meine, was klingt wohl besser: „Schatz, ich geh in die Kneipe.“ oder „Mausi, ich geh ins Café.“ - na also.)
Also, wir da so am Café vorbei, fiel mir ja gleich der Grill auf, der am Straßenrand aufgebaut war. Der Eisenkumpel hatte nur Augen für andere Fahrräder.

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Wir haben uns dann dazu gesellt

und ein wenig smalltalk mit den Bewohnern gemacht und eins dieser Hoegaardener Biere getrunken, welches mit Koriander und Orange „gewürzt“ ist und während man es in aller Ruhe und fern jeder Eile austrinkt, weil die, die da sitzen, das so in aller Ruhe und ferner jeder Eile tun, schlendern die Dorfbewohner vorbei, begrüßen sich, plaudern ein wenig, setzen sich dazu, trinken eins mit, ziehen wieder weiter. Die treffen sich hier um 12:00 und lassen dann den Tag ausklingen, jede Wette!

Andere Radfahrer hatten sehr schicke Trikots mit Brauerei-Aufdruck. Die gibt es aber gar nicht zu kaufen.
So blaue, mit „Hoegaarden“-Druck. Wenn der geneigte Leser zufällig eins hat – her damit!

Im Übrigen möchte ich noch erwähnen, daß ich ein klein wenig enttäuscht war, von Belgien!
Was hatte ich dem Eisenkumpel nicht alles erzählt, von den sanitären Standards!
Ist mir ja bei meinen vorherigen Besuchen dort schließlich nicht nur einmal begegnet, daß das Klo nur durch einen Vorhang vom Rest der Wohnung getrennt ist.
Konnt ich ihm aber nicht zeigen. Alles tippitoppi! In Belgien! Jeck...

Aber im gemütlichen Dorfcafé mit den freundlichen Gästen, da war ich dann wieder mit Belgien versöhnt.

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Sanitär

Jau, und dann wieder rauf aufs Rad.
Nicht, ohne den Gästen ungefragt mitzuteilen, daß wir noch bis Aachen fahren wollten.
Da hatten wir ihnen als kleines Gastgeschenk noch netten Gesprächsstoff hinterlassen.

Bein rauf, na der geneigte Leser ahnt es bereits, Bein runter

Ein paar empirische Feldversuche später entschieden wir dann endgültig, nur noch nach Knotenpunkten zu fahren.
Es hat sich gelohnt! Und weil es so viel zu sehen gab, nämlich Gegend, und wir, der Eisenkumpelund ich, große Freunde von Gegend sind, haben wir öfter mal gehalten und einfach nur geguckt.
Einfach so, und die Gegend wirken lassen. Ohne Foto, ohne Worte.
Einfach mal auf die Streuobstwiese gesetzt und nix gedacht – nur ein Eis geschleckt und Pipi gemacht und so.

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Auch Dorffeste haben wir geguckt.

Dann wieder weiter, Bein rauf, Bein – AUA!

Auf einmal zwickte es ungemein im starken rechten Bein bei mir.
Das war ja blöd.
Das war wirklich blöd, weil, es zwickte wirklich ganz arg doll!

„Fahr weiter, die Mission ist wichtiger! Ohne mich kannst Du es schaffen!“, das lag mir auf den Lippen. Aber dann hab ich mich zusammengerissen und den Schmerz ignoriert.
Erstmal.
„Den fahr ich weg, den Schmerz!“, hatte ich für mich beschlossen.
Bestimmt nur eine leichte Überanstrengung.
Ich glaub, ich hab dann auch gar nicht mehr geredet und nur noch Contenance bewahrt.
Und nur noch ein Bein belastet. Das andere lief dann mehr so mit. Wenn ich nicht die Kurbel bewegte, zum Beispiel beim bergab rollen, dann gings ganz gut. Aber dann wieder zu treten, das war echt nicht lustig. Nach 10 Kurbelumdrehungen wurde es dann besser, mit dem äusseren Meniskusriss.
Da war bestimmt was drin gewesen, in den 250g Nudeln mit 250g Soße und 100g Käse, die wir kurz zuvor noch als Abendbrot in Tongeren verdrückt hatten. Das hat mir das Wadenbein gebrochen.

Naja, dann kamen wir irgendwann bei einsetzendem Regen in Maastricht an.
Da ist ja alles mit glasierten Ziegelsteinen gepflastert. Kann der geneigte Leser sich ja denken, daß das mitunter etwas rutschig ist. Dauernd anhalten, Fuß absetzen, wieder anfahren, mit dem fast amputierten Bein... Leck-o-mio
Ist aber nix passiert.

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Dem D´Artagnan aber schon.

Der hat sich nämlich vor Kummer, weil er auf den glasierten Ziegelsteinen ausrutschte und sich den Steiß prellte, vor den Toren von Masstricht, die Pulsadern mit seinem Butterbrotschmiermessersäbel aufgeritzt. Der Dumas hat daraus einen, dramaturgisch etwas überspitzten, Roman geschrieben und noch das ein oder andere hinzugefügt. Wer will schon lesen, daß sich der Held mit dem Butterbrotschmiermessersäbel...
Jetzt denkt natürlich alle Welt, das der Dumas eine Dokumentation über den D´Artagnan geschrieben hat. Und weil der Roman viel schöner ist, als das echte Leben, hat man auch ein geschöntes Denkmal hingestellt. Allerdings mit dem Butterbrotschmiermessersäbel, als satirische Spitze, glaube ich.

Und dann Bein, so gut es eben ging, rauf und Bein, aua, aua, runter.

Die doofen Hügel nach Vaals (Vogel-Vau) rauf. Einbeinig. Und wieder die netten Hinweisschilder, die alle hundert Meter darauf hinwiesen, daß man gerade genau hundert Meter zurückgelegt hatte.

Im Dunkeln dann Aachen, Hbf. Noch 30 Minuten bis der Zug fuhr. Ich hab dann am Automaten Fahrkarten organisiert. 2 Personen, 2 Räder.
Das hat dann so lange gedauert, daß wir fast den Zug verpasst hätten.
Da kannst DU mal schön nachbessern, DB!!!

So, abschließend schönen Dank an den Eisenkumpel, daß er die Idee zum Ausflug hatte und mich mitfahren ließ.
War aber auch schon gut und nützlich gewesen, daß ich Mittelhochdeutsch, was ja in Belgien die Landessprache...
 
Toll geschriebene Geschichte! Gut zu lesen. So macht Kokolores Spaß. :daumen:
Und dabei sagte mein Großvater immer zu mir ich sollte kein Kokolores erzählen. Aber er hatte halt nicht Deine Geschichten gelesen. :D
Vielen Dank! Unsere Großväter hatten vermutlich ähnliche Leitsätze :) haha
Ich lese Deine Reiseberichte übrigens auch gern!
 
Selbst Goethe und Schiller hätten es kaum besser gekonnt!
Hahaha, dankeschön! Der Goethe war ja literarisch nicht so gut, wenn er als Jurist arbeitete... aber ich glaube nicht, dass ich ihm mit meiner Nonsens-Schlechter-Schüleraufsatz-Literatur imponiert hätte. Aber dem Franz Schubert hat der Goethe auch nie auf dessen Fanpost geantwortet. :D
 
Na gut, ein Rückblick auf eine Vatertagsrunde..

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„Ups! Der Radio is kapott!“
Da war die ganze schöne Zerstreuung perdu... Und nun?
„Ah, die Glotze! Kanal 9, ARD. Da läuft bestimmt ein schöner Heimatfilm.“
Hab ich mal gleich den Universum s/w Apparat von 1982 mit 36 cm (ja, Zentimeter, nicht Zoll) Bildschirmdiagonale angekurbelt. Es hat etwas gedauert, bis das Bild kam...aber da kam gar kein Bild! Nur so „Schnee“. Nicht mal ein Testbild!!!

Da bin ich aufs Rad. Um mich mal ordentlich zu beschweren, bei denen da oben! Die glauben wohl, mit uns könnten sie es machen. Aber nicht mit mir! Nicht mit mir!
Also auf zum WDR. Der WDR hat hier nämlich eine kleine Schreibstube, am Landtag. Wegen der kurzen Informationswege, nehme ich an.
Der Pförtner vom WDR hat mich aber leider nicht reingelassen. Die HerrInnen Redakteure seien alle „VaterInnentag“ feiern. Und er sei nun wahrlich nicht zuständig. Da müsste ich nun schon ganz woanders hin.
„Hm, vielleicht in die tausend anderen Schreibstuben der freiberuflich vom Wohnzimmer aus für den WDR tätigen Redakteure?“, fragte ich den PförtnerIn.
„Nee! Probieren Sie´s mal am SenderIn Langenberg.“, war seine goldwerte Auskunft.

Sender Langenberg! Natürlich! Der stärkste Sender von der ganzen weiten Welt, wenn nicht gar Deutschlands! Die würden meine Beschwerde an einem Feiertag sicherlich gerne entgegennehmen und mir wohl auch Rede und Antwort stehen.
Ich also wieder nach Hause, Kamera und noch ein paar Kleinigkeiten eingepackt und los ging es

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über versiegelte Flächen der Stadt.

Das doofe an diesen Sendeanlagen ist, daß sie immer ganz schön hoch sein müssen, damit nicht nur die drei Dörfer drum herum Empfang haben. Und damit keiner auf den Sendemast klettert und ein Plakat wehen lässt mit, sagen wir mal: „Ich hab Dich lieb!“, oder so.
Der Sender Langenberg liegt auf einer Höhe von ca. 240 m über der Nordsee. Die Metropolregion nur bei knapp 40 m... Dazwischen kommt Velbert, das liegt auf 265 m.
Da war natürlich völlig klar, daß ich ordentlich gebackene Bohnen mit Tomatensoße gegessen habe und mein sportlichstes Fahrrad wählte. Ich meine, hallo? Ich bin doch nicht bekloppt!
Naja, gleich am ersten Hügel musste ich aber eine Pause einlegen, weil ich immer mit den Füßen vom Pedal gerutscht bin. Das war mir zu gefährlich! Echt wahr. Andere Radler fuhren den Hügel hinauf und unterhielten sich dabei miteinander. Die haben bestimmt über mich gelästert. War mir aber egal.
Also den Hügel hinauf, mit trockener Sohle und trockenem Pedal. Schöne Gegend. Vor lauter Gegend ( ich bin ein großer Freund von Gegend) hatte ich fast vergessen, warum ich überhaupt unterwegs war.
Ach richtig, ich wollte dem WDR meinen Unmut kundtun. Das fiel mir auf einer flachen Passage ein.
Einige Kilometer weiter ging es dann nur noch aufwärts. Und aufwärts. Aufwärts aber auch.
„Halt! Ich müsste mal was trinken!“ - hab ich mir dann selbst gesagt

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und bin kurz abgestiegen.

Das Schild war bestimmt für Hochradfahrer gemacht worden oder für Niederländer, damit die sich nicht den Kopf stoßen, weil, das Schild hing in über 3m Höhe. Das mal nur so ganz nebenbei!

Endlich hatte ich mich mit dem Rad den Hügel hochgestrampelt.
Ich war in Velbert! Velbert, das kennen einige von Ihnen vielleicht von den Autobahnschildern.
Da steht nämlich ganz schön oft „Velbert“ drauf. Das hat bestimmt was mit Stadtmarketing zu tun.
Auch in der Metropolregion ist das „Stadtmarketing“ sehr wichtig. So wichtig, daß man sogar eine „Dachmarke“ erfunden hat. Kennen Sie das ulkige Logo von Düsseldorf? Nein?

:D <--- da!

Hat man sich von den Dänen ausgeborgt. Wenn Sie mich fragen: eher "Dach-schaden"...

Aber zurück zu Velbert. Ich glaube, Velbert ist genauso oft auf Autobahnschildern verzeichnet, wie es Einwohner hat. Aber die wenigsten der vielen Autobahnnutzer werden jemals dort abgefahren sein. Warum auch? Wenn man am Radio- und Fernsehprogramm nix auszusetzen hat, muss man auch gar nicht dort die Autobahn verlassen.

Obwohl, als ich ziemlich außer Atem die Hügelspitze erreichte und mich umsah...
Tjonge!

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bis nach England konnte ich gucken!


Velbert selber ist... weiß nicht.
Eine Stadt für Riesen? Ein Feldforschungs-/Experimentierfeld für Architekten?

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Wer, bitteschön, hat denn da von wem geklaut?
Die alte, spannende, abendfüllende Beantwortung der Frage, wer denn nun zuerst das Licht der Welt erblickt habe, der Turm oder der Sammelbehälter, in Anlehnung an das alte Huhn/Ei-Spiel... DAS hatte ich mir noch auf die Handinnenseite gekritzelt, weil, das wollte ich den Langenbergs ja auch noch mitteilen, dass da mal der Herr Maus eine Sendung machen könnte. Kennen Sie vielleicht, der Herr Maus und die Elefantin in blau, mit dem Kastagnettenwimpernklimpern. Der Maus klimpert, nicht die Elefantin. Die pupst nur.

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Die Briefkastenfirma hatte sich hier auch mal ausgetobt, aber, mal ehrlich, da oben an den Briefschlitz, da kommste doch nie im Leben dran! Nicht mal mit Räuberleiter, selbst wenn du nen Holländer bei hast!
Und überhaupt, die werden sich noch wundern, wenn die da mal die gelben Panele abmachen müssen, was die da alles finden werden.
Z´rettenkippen, alte Kaugummis, Schlafmünzen... Schimmel...

Aber sonst:

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Das Panorama ist wirklich großartig.
Und es ist doch auch beruhigend, wenn man sieht, dass es einen Ausweg gibt...

wordt vervolgd...
 
Zuletzt bearbeitet:
Nur vom gucken kommt man aber nicht voran!
Und weil es jetzt erstmal nur bergab ging, hatte ich eine leise Freude in mir.
Allerdings spürte ich nun, daß ich ein klitzekleines Problem mit der Bremse hatte.
Das war da so um die Torpedo herum wie in der Wüste, und ich hab richtig lange geguckt, ob nicht am Ende der Omar Sharif aus der Flimmerei mir entgegen reitet. Kam er natürlich nicht! Aber da kann der geneigte Leser mal sehen, wie fixiert ich auf die Flimmerkiste gewesen bin.
Wenn man Feuchtigkeit auf die Torpedo sprenkelte, dann zischte es ganz doll und es entstand Dampf! Voll Mägic!

Da half alles nix. Ich musste absteigen und bin die doofe Straße zu Fuß bergab gelatscht.
Das war auch gut so, denn da konnte ich wieder meinen Unmut verstärken. War doch klar, daß der WDR daran schuld war. Sonst wäre ich doch niemals auf diese Schnapsidee verfallen, mit dem Rad den Sender Langenberg aufzusuchen. Da wäre ich sonst den ganzen Tag auf der Couch...

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Halber Abgang hätte man es auch nennen können.

In Langenberg war es wieder schön flach und ich konnte ordentlich Zeit gutmachen.
Immer den Sendemast im Blick, habe ich mich nur einmal kurz verfahren, weil ich nicht auf die Hinweisschilder achtete.
Dann kam der Mann mit dem Hammer...
Den letzten Anstieg zum Sender musste ich schieben. Nix ging mehr! Zum Glück hat mich keiner gesehen, wie ich schmählich scheiterte, als ich optimistisch doppelsuperplusgut den Berg...die Beine dachten, es sei eine Wand.

Dann war ich endlich, endlich oben!

Vor mir stand der Sendemast des Senders Langenberg!

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Sender Langenberg

Dankbar mir selbst gegenüber, daß ich diese Tortur überstanden hatte und das Rad auch, ging ich vor selbigem

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auf die Knie.

Dann habe ich noch ein klein wenig Erde aus der Umgebung als Beweis meiner Radtour in den

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kompakten Rucksack eingepackt.

Leider war es schon sehr spät geworden und die Menschen vom Sender Langenberg hingen alle in den Seilen. Und zwar im nebenan befindlichen Klettergarten.
War ja auch Vatertag. Bestimmt sind die mit dem Bollerwagen...

Ach, das war jetzt auch egal.
Ich bin dann wieder zurück. Bergab erstmal wieder geschoben... und die Bökenbuscher Wand ebenfalls. Diesmal aufwärts.

Auf dem Rückweg kam ich noch in eine

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allgemeine Verkehrskontrolle.
Ist aber alles gutgegangen...


Einfache Strecke ca. 40 km, und um die 520 Höhenmeter.
Dann ging es natürlich wieder zurück. Aber das kann man beim Finanzamt ja nicht geltend machen...
 
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