Jeeves
gentleman's gentleman
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Das ist schon lustig, dass hier alle Campa-Teile wie warme Semmeln weggehen und der Rest liegenbleibt. Ich freue mich schon auf die Zukunft, wenn der Markt mit perfekt restaurierten Biancolnasis gesättigt ist, alle einmal gähnen und sich interessanteren Dingen zuwenden.
Oder sind wir schon soweit?
Wenn mich an unserem Hobby etwas zum Gähnen bringt, sind es ehrlich gesagt Kommentare wie dieser. In einem ersten Moment. In einem zweiten werde ich etwas schwermütig. Mich beschleicht dann nämlich das ungute Gefühl, dass ich an einer seltenen Krankheit leiden könnte. Einem psychischen Defekt, der es mir erlaubt, Produkte der einen Marke zu schätzen und mich daran zu erfreuen, ohne sie gegen andere ausspielen zu müssen – oder andere gegen sie. Im Herkunftsland Campagnolos nennt man dieses zweite Phänomen – wie passend, wie passend – "Campanilismo".
Natürlich gibt es unter den Marken, Einzelteilen und Komponentengruppen graue Mäuse oder, wenn Du so willst, Ladenhüter. Auch von Campagnolo übrigens. Das ist gut so. Es gestattet uns allen, mit alten Komponenten ein hübsches Rad aufzubauen, an dem man viel Freude haben kann, ohne gleich Unsummen ausgeben zu müssen.
Als lobenswerte Beispiele für diese "Gut, aber dennoch günstig"-Kategorie fallen mir spontan Suntour VX, einige Modolo-Bremsen und Ofmega-Kurbeln, Gipiemme-Pedale und natürlich die in der Tat grauen Ausführungen von Shimano 105 oder 600 ein. Noch so ein Underdog ist die RX100.
Alles zuverlässiges Material, das sich preiswert erwerben und ersetzen lässt.
Aber wenn hier jemand mit ordentlichen Komponenten von Huret, Simplex, Omas, F.T. Bologna, Pélissier, Zeus oder Mavic um die Ecke kommt, wird er sicher nicht lange auf Käufer warten müssen. Und das zu Preisen, die teilweise deutlich über Campagnolo-Niveau liegen.
Überdies spricht der Ausdruck "Biancolnasis" eher für ein mangelndes Differenzierungsvermögen Deinerseits. Du hast darin die Namen dreier Firmen "verwurstipurstit", die nun wirklich nicht viel miteinander gemein haben, wenn Dir das Merkmal der Nationalität nicht schon ausreicht. Bianchi war zu der für uns interessanten Zeit ein Großkonzern, Colnago ein klassischer Mittelständler und Masi schon immer ein Kleinbetrieb. Die Produktionsbedingungen könnten kaum unterschiedlicher sein. Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen wider.
Und was mich abschließend mal interessieren würde: Wie genau lautet eigentlich der Vorwurf an diese Firmen? Dass man den Kunden Produkte verkauft hat, die ihren Wert in Jahrzehnten gut gehalten, manchmal sogar gesteigert haben? Nein, ich muss schon sagen, schlimm sowas!