Das ist der Punkt. Als Fahrradwerkstatt muss man dann einfach reelle auskömmliche Preise kalkulieren und das dann klar kommunizieren. Ein Problem ist die Quersubvention vom Verkaufspreis zum Service hin.
Ich hab vor Jahren mit Computern gehandelt und da war das genau dasselbe. Vielleicht sogar noch extremer. Am Anfang war es so das man mit dem Computer informell quasi ein Servicepakt mit gekauft hat. Ne Einführung und auch ein bisschen Telefonsupport war in Preis mit enthalten. Die Marge hat das erlaubt und man hatte als Händler keinen Aufwand kleine Serviceleistungen abzurechnen. Und die meisten Kunden brauchten zu diesem Zeitpunkt ein gewisses Maß an Unterstützung.
Das äderete sich dann aber mit den Aufkommen der Kettten wie Vobis. Die Margen die am Markt bei Privatkunden durchgesetzt werden konnten, sanken soweit, das man mit dem PC keinen Service mehr bundeln konnte. Konsequent war das man für Service dann richtig Geld verlangen musst und das bei Firmenkunden auch ohne Schwierigkeiten durchsetzen konnte. Bei den Privatkunden hat sich das dann so ergeben, das ein Teil sich das Wissen selber angeeignet hat, manche sich mit Studenten durchgeschagen haben und ein kleinerer Teil die hohen Preise für den Service bezahlt hat.
Im Prinzip müssten auch die Fahrradhändler Verkauf und Service kalkulatorisch strikt voneinander trennen. Der Service muss sich dann komplett aus sich heraus tragen. Preise müssen angemessen hoch sein und mal eben war angucken gegen ein paar Euro in die Kaffeekasse gibt es nicht. Jede Dienstleistung muss gezahlt werden und wenns das einstellen der Sattelhöhe ist.
Bleibt natürlich noch das Problem der saisonalen Auslastung, aber auch das ist denke ich über Preise steuerbar.
Aber sowas muss klar kommunizeirt werden und dürfte auch Kunden kosten, aber wer 4K beim Versender für ein rad Bezahlen kann, der kann auch 100 Euro die Stunde für Dienstleitung bezahlen oder im WInter für größere Umbauten meinetwegen 50 Euro.
Jedenfalls aus Trotz grundsätzlich keine Versenderräder zu warten ist m.E. unfunktional. Es sei denn man hat die Expertise dazu tatsächlich nicht. In der Marktwirtschaft ist zu Steuerung der Preis das Mittel der Wahl. Aber klar auch das werden eingige die Preisforderung dann als unverschämt empfinden, aber genau die Kunden braucht man dann auch nicht
Das ist nicht nur Trotz, sondern eben auch Erfahrung:
Es gibt Produkte, die einfach ein wenig unglücklich sein können: System-Laufräder zu reparieren wäre kein großes Ding. Speichenrad ist Speichenrad, die funktionieren im Prinzip alle gleich: Aber an 80% der System-Teile gab es ein paar Überraschungen: Sei es, dass mehr kaputt war, als der Kunde dachte, sei es, dass Ersatzteile einfach auf sich warten lassen oder weil jedes Rad wieder ein anderes
Werkzeug notwendig macht. Ich kann da schon verstehen, dass manche die Dinger dann einfach einschicken.
Versender-Räder sind ja nicht nur Canyon und Konsorten, sondern auch normale Handelsmarken. Und die Montagezustände sind ausgesprochen unterschiedlich. Auch die Erwartung der Kunden.
Ein paar Beispiele:
Ein Canyon "Speed-Bike" oder wie man das auch nennt, stand drei Tage länger rum, als notwendig, weil ich für das Steurlager erst einmal einen winzigen Torx besorgen mußte, der an einem Ende meiner Sammlung immer noch gefehlt hat. Der proprietäre Gabelschaft passt nicht in meine Schneidhilfe. Das sind nur Kleinigkeiten, halten aber auf.
Ein stinknormales Cube Trekkingrad, dass ich mal aus einem Karton ziehen durfte, hatte nicht nur elend lange Züge, sondern auch Laufräder die krumm und schief waren. Klar, die Arbeit habe ich mir bezahlen lassen, aber auch das Ding war länger da als geplant.
Eine anderes Versand-Rad, dass ich mal fertig montieren durfte ( 199,00 Euro Gurke), war aus derart schlechtem Material, dass man die Schrauben nur schief ansehen mußte, damit sie verbiegen und verknaddeln.
Ein Kollege erzählte mir mal folgende Anekdote: Er hat für eine Kundin ein Versandrad fahrfertig montiert. Sein Preis war 59,00 Euro. Er hat sie noch auf ein paar Micklichkeiten aufmerksam gemacht, sollte aber das Ding fertig machen. Die Kundin zahlt und ging. Und kam ein paar Tage später wieder mit einem neuen Karton, weil sie das Ding zurück geschickt hat. Okay, das Ganze noch einmal. Und bat dann um sein Salär: "Wieso, das mußte ich ja zurück schicken und ich habe das doch schon bezahlt? Ich zahle doch nicht zweimal, es ist nichtmeine Schuld, dass das Rad nicht in Ordnung war." Nach ein wenig hin- und her hat sie das dann wohl eingesehen, aber nur widerwillig.
Einmal wurde ich angerufen, ob ich helfen könne, sie hätte meine Adresse von dem Versender ihres Rades. Ich bin nämlich Händler dieser Marke. Der Versand konnte ihr telefonisch nicht helfen und hat über die Herstellerseite einen Händler in ihrer Nähe ausgesucht - okay, das waren 10 Kilometer, aber hier gibt es nur zwei. Hallöchen.
Ihr Freund kam auf die glänzende Idee, das Rad doch bei soundso in UK zu bestellen, weil das viel günstiger ist ( etwa 60 Euro netto und nur wegen des Umrechnungskurses). Und der Zusammenbau ist doch einfach. Also die (hydraulische) Scheibenbremse ging nicht mehr auf, sie kriegen das Vorderrad nicht montiert usw. Okay, komm vorbei.
Ich drücke die Bremsbacken auseinander und in dem Moment läuft mir die ganz Soße über den Latz. leider hat sie mir nicht gesagt, dass die beiden an ein paar Schrauben gedreht haben. Einfach mal probiert. Und leider waren zwei davon die, die die beiden Hälften des Bremssattels zusammen hielten. Und passenderweise war auch die Dichtung innen zerquetscht und es gibt kein Ersatzteil. Neuen Bremssattel geordert und eingebaut. Und eine Rechnung über etwa 100,00 Euro geschrieben.
Also Versand-Schleudern haben einen wirklich geringen Spaßfaktor. Und die ganzen kleinen "Nebentätigkeiten", die die gerne mal mitbringen kann man auch nicht auf die Rechnung schreiben.