AW: Mein Bohrer und ich ...
Du kannst aber auch mal versuchen, die Geschichte von E. Kishon "Chamsin und Silberrausch"¹ glaube ich heißt sie, zu finden und zu lesen. Dann wirst Du verstehen...
danke für die aufklärung, ich habe verstanden!
ich habe mir tatsächlich die mühe gemacht und den text gefunden:
Chamsin und Silberrausch
Zu den wichtigsten Worten der jiddischen Sprache gehört das Wort "Zores". Es bedeutet soviel wie Sorgen, Kummer, Mißigkeiten, Unglück. Die Juden sind seit der Vertreibung aus dem Paradies besonders reich mit Zores gesegnet. Deshalb heißen sie ja auch das auserwählte Volk. -Man unterscheidet natürliche Zores, die 'sozusagen gottgewollt sind und die man fertig ins Haus geliefert bekommt, und 'künstliche, von Menschenhand erzeugte Zores.
In England zum Beispiel rangiert das 'Wetter unter den hauptsächlichen Zores der Bevölkerung, weil dort tagtäglich alle vier Jahreszeiten miteinander abwechseln. Das ist nicht die Schuld der Engländer, sondern gottgewollt Andererseits haben die Engländer aus freien Stücken ein künstliches Staatengebilde namens Jordanien erzeugt, und dafür müssen sie jetzt büßen.
Was uns Israelis betrifft, so leiden wir sowohl unter dem Wetter als auch unter Jordanien. Aber vielleicht sollten wir über unser Klima nicht klagen. Vielleicht ist es ein Segen, daß die Wintertemperatur unseres Landes ungefähr jener entspricht, die in Kalifornien herrscht, und zwar an einem schönen Sommertag in einer luftdicht abgeschlossenen Telefonzelle.
Außerdem gibt es bei uns einen trockenen, brennheißen Wüstenwind, eine Art von Superschirokko, der auf Erden nur ein einziges Gegenstück hat: das Innere der sinnreich konstruierten Testapparate, in denen die Besatzung amerikanischer Panzerwagen auf ihre Widerstandskraft gegen Feuereinwirkung geprüft wird.
Dieser Wind heißt "Chamsin", nach dem arabischen Wort für fünfzig, weil er angeblich fünfzig Tage im Jahr bläst (In Wahrheit bläst er mindestens hundert Tage, aber die Araber waren immer schon groß im Feilschen.)
Wenn der Chamsin bläst bekommt man keine Luft kann sich kaum auf den Beinen halten und fühlt das Verdorren der Nervenstränge beinahe plastisch. Einem Beduinen, der während des Chamsins eine seiner Frauen umbringt geschieht nichts. Es geschieht ihm auch nichts, wenn er eine seiner Frauen außerhalb der Chamsinzeit umbringt aber das macht den Chamsin um nichts erfreulicher.
Der weiße Mann rottet nur selten seine Frauen aus, wahrscheinlich, weil die Beziehung zwischen Mann und Frau unter den Menschen weißer Rasse so hervorragend ausbalanciert ist. Immerhin tut auch der weiße Mann bisweilen Seltsames. Und davon wollte Ich eigentlich reden.
Ein plappernder Mann ist wie ein Brunnen ohne Wasser
Es war also ein Tag, an dem der Chamsin wehte und die Luft nur noch aus heißem Sand zu bestehen schien, als mein Eheweib tief aufseufzte und sprach:
"Oh. Gott, welche Hitze... Da fällt mir etwas ein. Unser Petroleumofen ist so verrostet daß ich am liebsten vor Scham versinken möchte, wenn wir Gäste haben . . ."
Ich gab keine Antwort denn ein plappernder Mann ist wie ein Brunnen ohne Wasser, der ein Feuer löschen will. Statt dessen beschloß Ich, meiner Frau eine Freude zu machen und den Ofen mit Silberlack anzustreichen. Und selbstverständlich würde Ich das alles selbst machen, wie es neuerdings Mode geworden ist
In einem Farbengeschäft in Jaffa kaufte ich eine große Dose "garantiert feuerfesten Silberaluminiumlack", erzeugt im Kibbuz Tushia, und einen mittelgroßen Pinsel, solcherart meinem Vorhaben alle technischen Grundlagen sichernd.
Am nächsten Morgen täuschte ich mit Hilfe des immer noch anhaltenden Chamsin tiefen Schlummer vor, bis meine Frau sich an die Arbeit begeben hatte (irgend jemand muß schließlich unsere tägliche Einkommensteuer verdienen). Dann stand ich auf. Vorschriftsmäßig öffnete ich die Zinndose mit der glitzemd-silbrigen Flüssigkeit darinnen, sorgfältig strich ich den Ofen.
Der Lack saß ihm wie angegossen und machte allen Schmutz und Rost vollkommen unsichtbar. Meine natürliche Bescheidenheit zwingt mich zu dem Bekenntnis, daß auch ein mittelmaßig intelligenter Schuljunge diese Leistung zustande gebracht hätte, denn der garantiert feuerfeste Silberalunimiumlack aus dem Kibbuz Tushia ist ein so hervorragendes Präparat daß man damit einfach nichts verpatzen kann. Wenn Sie ihn noch nicht versucht haben, tun Sie das bei nächster Gelegenheit Sie werden nie mehr mit einem andern garantiert feuerfesten Aluminiumlack arbeiten wollen.
Die Arbeit machte mir große Freude. Ich wartete gar nicht ab, bis "der erste Belag vollkommen getrocknet" war, folge der bürokratischen Gebrauchsanweisung dürfte man nämlich erst dann die zweite Schicht auflegen. Ich legte sie, um sicherzugehen, sofort auf, und eine dritte obendrein.
Da meine Hände nun schon rechtkräftige Spuren der geleisteten Arbeit trugen und die Büchse noch nicht annähernd leer war, begann Ich Umschau zu halten, ob nicht noch andere Gegenstände in unserer Wohnung der Restauration bedürften.
Ich fand und lackierte zwei schabig gewordene Türklinken, einen tropfenden Wasserhahn und drei Aluminiumkochtöpfe, die nachher wie neu aussahen; ferner einen Kaktustopf samt Kaktus, den Küchentisch, zwei Fußschemel, einen Aschenbecher, einen Schuhlöffel und andere Kleinigkeiten. Dann wollte ich aufhören, denn ich hatte das Gefühl, ein wenig ins Extreme zu geraten.
Aber da fiel mein Blick zufällig auf das von abgeblättertem Lack verunzierte Gestell meines guten, treuen Motorrads, und binnen kurzem erglänzte das Rad in neuer Stromlinienpracht. Jetzt gab es für mich kein Halten mehr. Zweifellos unter der Einwirkung des Chamsin verlor ich jede Selbstbeherrschung und erfüllte mir den lang gehegten Wunsch, das abscheuliche Linienmuster unseres Kachelfußbodens durch reizvoll unrechtmäßige Karos zu ersetzen.
Die Kontrollkapazität meines Hirns ließ immer mehr nach. Schon kniete ich aufs neue vor dem Ofen und applizierte ihm einen weiteren, vierten Silberbelag. Jetzt merkte ich, wie stillos es war, nur zwei silberne Türklinken zu haben, und versilberte auch alle übrigen und die Fenstergriffe dazu. Dann kamen die Bilderrahmen an die Reihe, wobei ich mich nicht enthalten konnte, unseren Kunstdruck der Mona Lisa ein wenig zu verbessern; ich versah sie mit einem Silberlamekleid, das viel besser zu ihrem schwachsinnigen Grinsen paßte.
Warum gibt es noch keine Schuhe aus Aluminium?
Während ich den Radioapparat lackierte, fiel mir auf, daß meine Schuhe mit silbernen Pünktchen gesprenkelt waren, was nicht hübsch aussah; ich bedeckte sie zur Gänze mit Silber. Wie schön sie doch glänzten! Es ist zum Staunen, daß noch niemand auf den Einfall gekommen ist, Aluminiumschuhe herzustellen. Sie würden zum dunklen Anzug hervorragend passen.
Nachdem ich die achtzehn Bände der Encyclopedia Britannica in Silber getaucht hatte, machte ich aber wirklich Schluß und ließ nur noch einigen Stehlampen die Verschönerung zukommen, auf die sie mir Anspruch zu haben schienen. Dazu mußte ich eine Leiter ersteigen. Seltsam: nachher hätte ich schwören mögen, es wäre eine Aluminiumleiter, obwohl ich doch ganz genau wußte, daß es eine gewöhnliche hölzerne Leiter war.
Während ich oben stand, verschüttete ich ein wenig Lack auf unseren Perserteppich. Zu meiner Freude entdeckte ich jedoch, daß der Teppich eine außergewöhnliche Saugfähigkeit für Silberlack besaß, ein neuer Beweis für die wachsende Qualität unserer Kibbuzindustrie. Als mein Vorhaben, unseren Petroleumofen zu lackieren, bis zu diesem Punkt gediehen war, erledigte ich noch rasch die Regale in unserer Küche, die Handtaschen meiner Frau sowie meine eigenen Krawatten und verwandelte den Kaninchenpelz meiner Schwiegermutter in einen Silberfuchs. Jetzt litt es mich nicht länger im Haus.
Der Briefträger entfloh unter heiseren Schreckenslauten
Vor Seligkeit taumelnd, begab ich mich in den Garten, wo ich ein paar jungen Setzlingen täuschende Ähnlichkeit mit kleinen Silberpappeln verlieh und die ersten Silbernelken züchtete. Beim Versilbern unserer Fensterläden überraschte mich der Briefträger, dem ich durch einen leichten Silberbelag auf den Schläfen zu distinguiertem Aussehen verhelfen wollte. Aber der arme Kerl begriff das nicht und entfloh unter heiseren Schreckenslauten, wobei er eine Menge eingeschriebener Briefe auf unserem Silberrasen verstreute.
Ich war gerade dabei, die Wände unserer Wohnung auf den allgemeinen Charakter des Hauses abzustimmen, als die Türe sich öffnete und meine Frau auf der Schwelle stand.
"Entschuldigen Sie", sagte sie höflich. "Ich muß mich in der Türe geirrt haben." Und sie wollte sich wieder entfernen.
Mit knapper Not konnte ich sie zurückhalten, um sie nach und nach davon zu überzeugen, daß sie sich tatsächlich in unserem Heim befinde und daß ich ihr mit diesen kleinen Verschönerungen nur eine frohe Überraschung hätte bereiten wollen. Sie war überrascht, nicht aber froh und ließ mich wissen, daß sie in ein Hotel ziehen werde Zum Glück konnte sie ihre Habseligkeiten nicht packen, weil alle Koffer mit frischem Silberlack bedeckt waren und sich nicht öffnen ließen. Während sie zusammenbrach und haltlos vor sich hin schluchzte, fand Ich noch ein wenig Silberlack für ihre Nägel. Dann war die Dose leer.