Maximale Gangbegrenzung fürs Rennrad SRAM geht gegen UCI Regeln vor

SRAM reichte eine Beschwerde gegen die neuen UCI Regeln zur Begrenzung des größten Gangs in Rennen ein. Die maximale Begrenzung würde für die Profi-Teams meist kein 10er-Ritzel mehr erlauben, das bei SRAM-Schaltungen Standard ist.
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SRAM Beschwerde gegen neue UCI Regeln

Am 12. September 2025 hat SRAM bei der belgischen Wettbewerbsbehörde (BCA) eine formelle Beschwerde gegen den Radsport-Weltverband UCI eingereicht. Anlass ist das von der UCI eingeführte „Maximum Gearing Protocol“. Am 17. September 2025 leitete die BCA nach Prüfung der Beschwerde ein offizielles Kartellverfahren nach EU- und belgischem Wettbewerbsrecht ein, wie SRAM heute mitteilte.

Der Hintergrund der Beschwerde: Im Sommer stellte die UCI neue Regeln für das erlaubte Material im Rennreinsatz vor. Neben der viel diskutierten Begrenzung der Lenkerbreite (auf 40 cm Außen-Außen) soll auch eine Begrenzung der maximalen Übersetzung am Rennrad eingeführt werden. Ziel war es laut UCI das Tempo zu reduzieren und damit die Sicherheit wieder zu erhöhen. Die neue Regel schreibt eine maximale Übersetzung von 54 Zähnen am Kettenblatt zu 11 Zähnen an der Kassette vor oder wahlweise eine maximale Entfaltung von 10,46 Metern pro Kurbelumdrehung im schnellsten Gang. SRAM Rennrad-Schaltungen nutzen jedoch ein 10er Ritzel, das in Kombination mit den bei Profis üblichen Kettenblättern zu einer größeren Entfaltung führt. Unter Entfaltung versteht man den Weg, den das Rad bei einer Kurbelumdrehung zurücklegt. Hier gibt es die Infos zur UCI Regelung.

Demnächst Begrenzungs-Schraube für UCI Rennen bei SRAM Teams?
# Demnächst Begrenzungs-Schraube für UCI Rennen bei SRAM Teams? – Bei Paris-Roubaix adaptierte das Lidl Trek Team so die 13-Gang-Schaltung auf 12 Gänge – wenn es nach der UCI geht, soll das normale 10er Ritzel aber ebenfalls nicht mehr mit Profi Set-ups genutzt werden.

Die maximal zulässige Übersetzung in diesem Zusammenhang beträgt 54 x 11, also 10,46 Meter pro Kurbelumdrehung. Die Begrenzung der Übersetzung soll die im Wettkampf erreichten Geschwindigkeiten einschränken. Es ist erwiesen, dass die heute von den Fahrern erreichten sehr hohen Geschwindigkeiten einen Risikofaktor für ihre Sicherheit darstellen.

Geplante UCI-Neuregelung übersetzt

Die UCI will die Begrenzung des großen Ganges bei der chinesischen Rundfahrt Tour of Guangxi erstmals testen.

SRAM legte nun Beschwerde gegen UCI-Übersetzungsbeschränkung ein, um wie es heißt, einen „Wettbewerbsnachteil“ zu verhindern, den das neue Reglement den Fahrern und Teams verschaffen würde. SRAM sei „der einzige große Hersteller, dessen aktuelles Profi-Setup durch die neue UCI-Regel blockiert wird – eine Regelung, die Innovation hemmt, die Wahlfreiheit einschränkt und SRAM-Fahrer sowie das Unternehmen selbst benachteiligt“, so der Wortlaut in der Pressemitteilung.

SRAM Pressemitteilung im Wortlaut (Übersetzung)

SRAM wandte sich an die BCA, da diese Behörde Erfahrung und Glaubwürdigkeit im Sportumfeld mitbringt. Der Generalstaatsanwalt der BCA wird die Ermittlungen führen und seine Ergebnisse dem Wettbewerbs-Kollegium, dem unabhängigen Entscheidungsgremium der Behörde, vorlegen.

Im Kern richtet sich SRAM gegen die von der UCI eingeführten Übersetzungsbeschränkungen für bestimmte Rennen. Diese legen eine maximale Entfaltung von 10,46 Metern pro Kurbelumdrehung fest – entsprechend einer 54×11-Übersetzung. Damit werden Antriebe ausgeschlossen, die darüber hinausgehen, insbesondere SRAMs Red AXS mit 54×10, die bevorzugte Wahl vieler SRAM-Profiteams.

SRAM ist der einzige große Hersteller, dessen aktuelles Profi-Setup durch die neue UCI-Regel blockiert wird – eine Regelung, die Innovation hemmt, die Wahlfreiheit einschränkt und SRAM-Fahrer sowie das Unternehmen selbst benachteiligt.

Obwohl SRAM mehrfach den Dialog mit der UCI gesucht hat, um die Auswirkungen des Protokolls auf Fahrer, Teams und das Unternehmen darzulegen, verweigerte die UCI-Führung eine inhaltliche Auseinandersetzung. Daher blieb SRAM nur der rechtliche Schritt. Parallel beteiligt man sich weiterhin an technischen Gesprächen, um Teams bei der Anpassung zu unterstützen.

„Dieses Protokoll bestraft und bremst Innovation und verschafft unseren Fahrern und Teams einen Wettbewerbsnachteil. Vor 40 Jahren konnten wir uns die heutigen Antriebe nicht vorstellen, und wir wissen, dass sich die Technik auch in den nächsten Jahrzehnten weiterentwickeln wird. Der Weltverband sollte Innovation fördern – im Interesse der Fahrer von heute und morgen“, erklärte SRAM-CEO Ken Lousberg.

Trotz der UCI-Darstellung als „Test“ hat die Umsetzung bereits spürbare Folgen: SRAMs Übersetzungen wurden öffentlich als „nicht regelkonform“ eingestuft, was Reputationsschäden, Marktverwirrung, Unsicherheit bei Teams und Athleten sowie rechtliche Risiken nach sich zieht. Daher beantragt SRAM auch eine einstweilige Verfügung, die das Übersetzungslimit beim Guangxi-Rennen und allen folgenden stoppt.

Ohne Aufhebung der Regel drohen Fahrern mit unmodifizierten SRAM-Antrieben Disqualifikationen und Geldstrafen. Teams hätten unmittelbare Nachteile im Rennen und bei Sponsoren. Da SRAM und seine Teams keine Möglichkeit hatten, entsprechende Setups ausreichend zu testen, entstehen zusätzliche Risiken für die Athleten.

Die UCI hat die Tour of Guangxi als erstes Rennen zur Durchsetzung bestimmt, weitere Veranstaltungen könnten folgen. Das sorgt für Unsicherheit bei SRAM und den gesponserten Teams.

Lousberg kritisierte: „Nur weil man es einen Test nennt, ist es trotzdem ein Rennen. Alle Fahrer am Start sollten unter gleichen Bedingungen antreten können. Momentan müssen SRAM-Teams mit eingeschränkten Übersetzungen und damit klar im Nachteil fahren – und es ist nicht einmal klar, was hier getestet wird.“

SRAMs Vorwürfe gegen das UCI-Protokoll:

  • Einführung ohne Konsultation oder Transparenz, ohne empirische Belege oder Sicherheitsgründe.
    Benachteiligung von SRAM-Fahrern bei Profi-Rennen.
  • Wettbewerbsverzerrung im Markt für Rennrad-Antriebe durch eingeschränkte Auswahl für Teams und letztlich Konsumenten.
  • Verstoß gegen EU- und belgisches Wettbewerbsrecht (Art. 101 und 102 AEUV).

SRAMs eigene Analyse von Crash-Daten der Tour de France 2025 zeigte keinen Zusammenhang zwischen größeren Entfaltungen und erhöhtem Sturzrisiko. Stürze auf Abfahrten waren selten und auch mit den Übersetzungen aller Hersteller möglich.

„Fahrer fordern sicherere Rennen und bessere Streckenführungen. Daran können wir gemeinsam arbeiten. Aber eine willkürliche Beschränkung einer Übersetzungsoption – die nur wir anbieten – ist unfair gegenüber Teams, Fahrern und SRAM“, so Lousberg.

SRAM hat fast ein Jahrzehnt in seine moderne Übersetzungsphilosophie investiert, die den Straßenradsport verändert hat und sowohl bei Hobbyfahrern als auch Tour-de-France-Siegern beliebt ist. Eine Anpassung an das UCI-Protokoll würde einen technischen Rückschritt und jahrelange Entwicklungsarbeit erfordern.

Die Gefahr: SRAM könnte fälschlich als Anbieter „illegaler“ Technik gelten, Händler und Hersteller könnten Produkte meiden – die Marktanteile im High-End-Bereich wären bedroht.

Als Teil der Beschwerde fordert SRAM:

  • sofortige Aussetzung der Übersetzungsbeschränkungen,
  • Mitsprache von Rad- und Komponentenherstellern bei Regelausschüssen,
  • transparente Verfahren, die künftige UCI-Regeln mit EU-Wettbewerbsrecht in Einklang bringen.

„Heute benachteiligt die UCI mit ihrem Vorgehen gezielt SRAM und unsere Fahrer. Doch angesichts der willkürlichen Regelerstellung – sei es Lenkerbreite, Felgentiefe, Transponder oder selbst Sockenhöhe – weiß niemand, wer morgen betroffen ist. Wir wollen durch diesen Schritt mehr Transparenz und Zusammenarbeit schaffen – für eine bessere und sicherere Zukunft des Sports“, so Lousberg.

SRAM bekräftigt sein Bekenntnis zu Fahrersicherheit, fairem Wettbewerb und offenem Dialog. Fortschritt entstehe durch Zusammenarbeit und Transparenz, nicht durch einseitige Beschränkungen. Man werde weiterhin innovative Produkte entwickeln, die höchsten Sicherheits- und Performance-Standards entsprechen – für Fahrer weltweit, heute und in Zukunft.

Meinung @Rennrad-News

Wieviel langsamer und sicherer werden Radrennen durch eine Begrenzung des größten Ganges eigentlich? Nicht nur die Antwort auf diese Frage bleibt die UCI nach wie vor schuldig. Die ganze Regel wirkt eilig zusammengestückelt und – anders als die UCI immer wieder betont – nicht technisch abgestimmt. Denn nicht nur ist das Limit zumindest so „ungeschickt“ gewählt, dass es nur einen von drei Schaltungs-Sponsoren in der World Tour wegen eines sehr geringen Unterschiedes zum technischen Umrüsten zwingt. In dem Fall 54-11 zu 54-10 reden wir von 63,5 km/h bei einer Trittfrequenz von 100 U/min gegenüber 70 km/h bei 100 U/min.

Relevant wird das ohnehin nur im Sprint. Und sind im Sprint nicht eher andere Maßnahmen wie Streckenführung und Streckensicherung viel entscheidendere Faktoren?

Noch viel weniger verständlich erscheint die Regelung, wenn man die Entfaltung betrachtet. Denn die Begrenzung auf 10,46 Meter beruht auf der Annahme eines 28er Reifens. Aber dickere Reifen sind unbestritten sicherer. Sie bieten bessere Haftung auf schlechten Straßen und verringern durch die bessere Dämpfung die Ermüdung der Fahrer. Ein 32 mm dicker Reifen erhöht die Entfaltung und damit wächst auch die Geschwindigkeit bei 100 U/min auf übr 64 km/h.

Sollen die Teams nun vor die Entscheidung mehr Haftung oder effizientere Übersetzung gestellt werden? Das Ganze wirkt unter dem Strich ebenso unausgegoren wie die Neuregelung der Lenkerbreite, die zu Recht in der Diskussion stand.

Am besten noch einmal von vorn, die UCI Konferenz bei der bevorstehenden Straßenrad WM wäre eine gute Gelegenheit, alles noch einmal zu überdenken.

Was sagt ihr zur SRAM Klage – hat sie eine Chance?

Foto: SRAM

184 Kommentare

» Alle Kommentare im Forum
  1. Das halte ich für ein vorgeschobenes Argument. Wenn man sich die Frauenrennen anschaut, sieht man, dass die Mehrzahl der Frauen beweiten nicht so schmale Lenker wie manche Herren fahren.
    Im XC Bereich nicht anders, liegt es am fehlenden Support der Frauen oder weil Frauen sich darüber weniger Gedanken machen und viele das Bike einfach so nehmen, wie es kommt.

    Also ich glaube ja daran, wenn Frauen im Radsport gleichberechtigt behandelt werden und den selben Support erhielten, wie es bei den Männern der Fall ist, würde sich dahingehend auch viel mehr ändern.

    Sehen kann man das bei den Rädern, früher waren Räder mit angepaster Rahmengeometrie für Frauen undenkbar.
    Wenn eine Frau RR fahren wollte, musste sie das Herren Rad nehmen.
  2. Es gibt keine Frauengeometrien. Es gibt nur große und kleine. Daher haben die Hersteller auch aufgehört, mit wenigen Ausnahmen, spezielle Frauenbike anzubieten. Anders war am Ende nur der Name, die Farbe und der Sattel. Selbst bei den Sätteln hat sich das erledigt, denn es fahren heute die Männer mehrheitlich Sättel, die ursprünglich Frauensättel waren.
    Richtig ist allerdings, dass kleine Menschen benachteiligt sind, weil es wenige Bikes mit guten "kleinen" Geos gibt und natürlich spielt auch die Begrenzung der Lenkerbreite nach unten eine Rolle, aber auch die des Gewichts. Kleine leichte Radler und Radlerinnen dürfen auch keine Bikes unter 6,8 kg fahren.
    Irgendwo hört es halt auf mit den proportionalen Regeln, zu kleine Leute können halt bestimmte Sachen nicht mehr machen, es wird auch nie ein 110 cm großer 100 kg Mann ein Bergtrikot gewinnen. Ist unfair, aber so ist das Leben.

  3. Es gibt keine Frauengeometrien. Es gibt nur große und kleine. Daher haben die Hersteller auch aufgehört, mit wenigen Ausnahmen, spezielle Frauenbike anzubieten.
    Was mit kürzeren Reach und mehr Sloop zum Beispiel einher geht und zu einer Gemotrie gehört.
    Und ganz früher gab es nur die Diamant Geometrie, wo das Sitzrohr die selbe Länge wie das Oberrohr hatte.

    Doku „Die Pionierinnen des Fahrrads“: Teufelinnen im Rock
    Selbst bei den Sätteln hat sich das erledigt, denn es fahren heute die Männer mehrheitlich Sättel, die ursprünglich Frauensättel waren.

    Das mit den Sätteln ist nicht ganz korrekt, es gibt ganz grundlegende Unterschiede bei Herren und Frauen Sätteln und Namenhafte Hersteller wie Trek, Specialized, Scott und sogar Cube. Alle die beim Rennzirkus mitwirken, haben deswegen auch ihr eigenes Spear Part Programm, damit an den Rädern später auch das kleinste Teil stimmig wirkt.

    Die Expertiese, die bei breiteren Sätteln durch den Sitzknochgenabstand hervorgeht, hat SQLab ins rollen gebracht, die haben über Jahre hinweg Aufklärungsarbeit geleistet und ein breites Spektrum an Sättel angeboten. Später hat Ergon mit gemischt und Specialized wollte das Sortiment mit dem Retül-Bike-Fit für seine Teams abrunden.

    Warum das anderer Hersteller nie angegangen sind, hat was mit Kostengründen zu tun und gibt es immer noch, zum Beispiel wenn sich ein Hersteller für ein durchgehendes Loch, statt einem Herren und Frauen spezifischen Shape entscheidet, dann heißt es Unisex.

    Schließlich muss für jede Sattelbreite, eine neue Gusform gebaut werden.
    Bis sich das refinanziert, muss eine große Stückzahl verkauft werden, oben drauf kommt, dass sich Spear Parts nahezu jedes Jahr von der Farbe, Sitzpolster und Form etc.pp. unterscheiden sollen.

    Die meisten Hersteller, die sich unter anderem auf Sättel spezialisiert haben, machen da Unterschiede.

    Ich kann mich gut an die Zeiten erinnern, als der Radsport stagnierte und quasi eingefrohren war.
    In dieser Zeit wurden Frauen Marken wie Liv eingeführt, bis schließlich Heute die meisten Räder angepasste Geomentrien: quasi Unisex Geomentrien erhalten haben, die sich wie du bereits angesprochen hast, bis zu Rahmengrößen XS unterscheiden.

    Die Industrie hat sich das schön zurecht gebogen, damit der Frauenanteil mit ins Boot geholt werden kann.
  4. Naja, das Angebot an anatomischen Sättel ist heute so groß, dass jedem Hintern und anderen betroffenden Teilen jedes Geschlechts was passendes geboten wird. Das haben wir wirklich den Frauen zu verdanken. Im Besenwagen-Podcast gibt es eine Folge, wo ein Hersteller das darlegt, dass die Frauenbikes mit den vorgeblichen Frauengeos im Wesentlichen darin bestand, Frauen anzulocken, mit Farben und Dekos etc., und natürlich mit kleineren Größen. Nachdem die Frauen jetzt auch so kaufen, spart man sich das wieder. Die Unterschiede innerhalb der Geschlechter sind viel größer als die zwischen denen. Gibt ja sogar Frauen die größer sind als der durchschnittliche Mann 😉
    Aber ist ja alles auch OK. Wie mit Schuhen. Frauen und Männerschuhe sind nur modisch als solche verschieden, man schaue sich Jorge Gonzales an. Das könnte jeder Mann. Wer er wollte.

    [Bild]

  5. Das haben wir wirklich den Frauen zu verdanken.
    Und mir, weil ich meinen 14cm breiten Sitzknochenabstand, bei SQLab immer fleißig eingereicht habe.🤣

    Ich bin Gestern wieder mal mit einer Frauen Gruppe gefahren, schon interessant, wie Frauen denken und sich über das Thema Bike unterhalten. Sehr erfrischend.
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