Wie einige Foristen hier Werte wie Fairness und Leistungsprinzip offensichtlich verachten, macht mich traurig. Was hat das mit "Gutmenschentum" zu tun, wenn man sich einen fairen Sport wünscht und Doping anprangert?
Ein Sport, der darauf beruht, welcher Sportler oder welches Team die clevereren Ärzte besitzt, ist für mich weder Entertainment noch Sport, sondern einfach nur Verrat an den Zuschauern.
Exakt. Fällt mir auch schwer nachzuvollziehen, woher diese Toleranz für offensichtliche Regelverstöße herrührt.
Wenn sich beim Fußball ein Spieler oder eine Mannschaft einen unfairen, d.h. nicht-regelkonformen Vorteil verschafft (z.B. durch ein Foul oder ein Handspiel), so hofft man doch auch darauf, dass dies vom Schiedsrichter erkannt und geahndet wird, und schlussendlich nicht von Erfolg gekrönt ist. Selbst wenn man es mit der Mannschaft hält, die sich einen regelwidrigen Vorteil verschafft hat, mag man sich zwar kurz freuen, falls der Schiedsrichter dies übersieht, akzeptiert aber natürlich auch die Ahndung, weil das ganze Spiel ja auf Reziprozität basiert.
Wenn beim Boxen einer der Kombatanten seinen Handschuh durch einen Schlagring ersetzt und seinem Gegenüber das Gesicht zerschmettert, oder - harmloser - wenn ein Marathonläufer eine Abkürzung entdeckt und von den Regelhütern unbemerkt 10 km weniger läuft als der Rest, sich dann aber noch für seinen grandiosen Sieg feiern lässt, so bezeichnet man das doch alles nicht als großes Entertainment (was es allenfalls kurzfristig, durch einen gewissen Unterhaltungswert wäre), sondern schlichtweg als das, was es ganz offenkundig ist: Als grob unsportlichen Betrug.
Ob ein solcher Betrug nun in den hier diskutierten Fällen im Radsport auch vorliegt, können wir, auch wenn sich die Indizien daführ mehren, natürlich noch längst nicht mit Gewissheit sagen. Dann aber von einem Extrem ins andere zu verfallen, nämlich potentiellen Tätern a priori einen Blankoschein für ihre Vergehen zu erteilen, halte ich für nicht angebracht. Radsport hat nämlich, in Abgrenzung zu purem inszeniertem Entertainment, tatsächlich den Anspruch eines sportlichen Wettbewerbs und muss sich an diesen Idealen auch messen lassen. Und in dem Moment wo dieser Anspruch verloren geht, verfliegt zumindest mein Interesse rapide. Dann kann ich mir auch gleich einen Wettbewerb zwischen E-Bike Fahrern ansehen, wo dann nicht medizinischer Fortschritt den Ausschlag gibt, sondern vielleicht die Frage, ob ein Fahrer einen Antrieb von Bosch oder
Shimano fährt.