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Sowjetrennrad

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Re: Sowjetrennrad
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Ebenso eiert auch die Kurbel bzw. die Blätter leicht - wie ich mittlerweile in russischen Foren gelesen habe, scheint das aber fast "Standard" bei diesen Kurbeln gewesen zu sein. Es gibt dort lustige Beschreibungen, wie sich die Besitzer die Blätter "gerade" gehämmert oder gepresst haben ;)
Das ist normal. Zahnkränze eiern eigentlich immer, Kettenblätter kann man richten, bei stählernen aus dem Osten muss man das sogar, da hab ich noch nie gerade gesehen.
 
Ja scheint wirklich fast Standard zu sein - ich werde erst mal evaluieren welches KB eiert und es ggf. nächste Woche auf unserer hydraulischen 2t Zug-Druckprüfmaschine "richten".;) Habe ich schon mal mit Erfolg an einem taumelnden Stronglight-KB praktiziert.:D
 
Über diese Sattelposition muss ich mich kaputt lachen. 🤣
Nochmal als Ergänzung @Andreas P. : bei diesem russischen Sattel ist es auch bauart-bedingt so, dass die Rails so konstruiert sind, dass du wirklich nur in diesem hinteren Bereich klemmen kannst ( einen Verschiebebereich gibt es da praktisch nicht ). Ich kann die Stütze natürlich um 180° drehen, das wird an der "Optik" aber nicht viel ändern.
 
Heute habe ich alle Hüllen neu gemacht, weiter Entrostungsarbeiten durchgeführt, Bremsen eingestellt und am Rahmen noch einige Säuberungsarbeiten gemacht.
Die Bremszughüllen nach dem Ablängen sauber mit dem Minipol entgratet und geplant, damit der Innenzug schön sauber läuft - Gruß an @Andreas P. ;)

huelle.jpg


Des weiteren habe ich mich die letzten 3 Tage in ukrainischen/russischen Foren eingelesen, wobei mir auch meine Frau behilflich war.

Zwar bietet das web schon gute Übersetzungstools, jedoch werden gerade aus dem Russischen einige Worte oder technische Begriffe völlig falsch übersetzt, so werden z.B. aus Strebenspiegeln "Pfeifen" und ähnliches mehr:D Da meine Frau schon in der Schule Russisch lernen musste, konnte sie mir da bei mancher Verwirrung helfen;)

Immer wieder ergab sich aber, dass auch die "Russen" selbst, Namen, Firmennamen etc. verschieden abkürzen oder auslegen. Ich werde solche "Unsicherheiten" in der Übersetzung erwähnen...

So kann ich nun einige Infos aus "erster" Quelle nachreichen, die den "Experten" hier vielleicht bekannt sind, aber sicher nicht jedem :

  • es ist demnach tatsächlich so, dass in der Regel das Baujahr eines Rahmens/Rades der Charkower Fahrradwerke auf dem rechten Ausfaller eingeschlagen ist. Dabei gibt es eine Zahlenfolge oben und eine Zahl unten. Die obere ist die Rahmennummer ( bei mir 2659 ), die untere gibt das Baujahr an ( bei mir "93" ).
  • das bei meinem Rahmen verwendete Steuerkopf-Symbol wurde erst bei Rädern, die nach dem Zerfall der UdSSR im Dezember 1991 gebaut wurden eingeführt ( davor gab es die Schwalbe auf Blechschild ), diese Räder sind reine "Ukraine" Räder und tragen dementsprechend auch keinen Aufkleber "Made in USSR" mehr.
  • Aber auch hier gibt es wieder Ausnahmen ( in "Russland" ist vieles möglich ;) ) : so wurden sogenannte "Sonderbestellungen" bzw. "Sondermodelle" bereits ab 1988 mit diesem Steuerkopf-Symbol beklebt !
  • die mit Abstand grösste Fahrradfabrik in der UdSSR bzw. später Ukraine,war das KhVZ Charkower Fahrradwerk , anzumerken ist hier, dass man auch die Abkürzung HVZ antrifft.
  • die zweite "berühmte" Marke ist CDTB. Bekannt wurde CDTB durch die Entwicklung der sogenannten Tachyon Räder u.a für die Nationalmannschaften der UdSSR, Kasachstan, Kirgisien etc.
  • CDTB war dabei quasi das Gegenteil von KhVZ, nämlich ein großes Ingenieursbüro mit einer kleinen Produktionshalle für den Bau von Prototypn und Mustern. Man entwickelte dort Konstruktionen für die gesamte Fahrradindustrie der UdSSR
  • bei KhVZ war es genau andersrum : ein kleines Entwicklerbüro, dafür aber riesige Produktionshallen für die Massenfertigung
  • Verwirrung gibt es speziell für uns "Ausländer" wohl auch immer wieder bei den Modell-Namen bzw. der Identifizierung eines Rahmens bzw. Komplettrades. So war ich bis gestern noch der Meinung, mein Rad wäre einfach ein "XB3 Sport", aber sooo einfach ist das nicht !;)
  • HVZ nutzte das Anhängsel "Sport" geradezu inflationär bei seinen Modellbezeichnungen ! "Sport" konnte vom Tourenrad bis zum maßgeschneiderten Rennrad alles sein! Dazu kommt, dass es innerhalb der einzelnen Modellreihen und Generationen immer wieder "Übergangsmodelle" gab, die Merkmale beider Generationen/Typen in sich vereinten. Ganz zu schweigen von den sogenannten "Sonderbestellungen". Im russischsprachigen Raum sind dazu ganze Fachbücher geschrieben worden.
  • Thema "Sonderbestellungen" : es gab bei HVZ das normale Fertigungsprogramm, aber auch immer wieder Kleinserien oder gar Einzelanfertigungen für solvente Einzelpersonen, Vereine etc.. Zumeist beruhten diese auf höherwertigen Serien-Rahmen, die dann aber mit ausgesuchten Komponenten bestückt wurden. Offenbar kam es sogar vor, dass extra dafür Komponenten aus dem Ausland beschafft wurden, z.T. auf privatem Wege !
  • Bei diesen "Sonderbestellungen" war auch die Fertigungs-Qualität deutlich höher, während man bei der Serien-/Massenproduktion zumindest starke Qualitätsschwankungen antrifft. Man muss offen zugeben, dass wohl zumindest bis Mitte der 90er Jahre die durchschnittliche Fertigungsqualität so war, dass man solche Räder auf dem westlichen Markt nicht konkurrenzfähig hätte präsentieren können !
  • Technisch waren die Räder durchaus in Ordnung, aber das sogenannte "Finish" war oft von einer Qualtät, die man hier nicht akzeptieren würde. Oft genannte Beispiele :
  1. nicht komplett gelötete Muffenverbindungen/Lötspalte
  2. oder das Gegenteil : zuviel Lot, welches sich in Form von Tropfen und Spritzern auf den Rahmenrohren verteilt findet
  3. solche Fehlstellen wurden in der "Endkontrolle" z.B. auch nicht befeilt/entfernt
  4. schief angelötete Streben !
  5. schiefe bzw. asymetrische Gabelscheiden ab Werk
  6. schlechte Gewinde
  7. zwar dicke, haltbare Lackierungen, die aber oft unsauber ausgeführt wurden bzw. Fehlstellen halt einfach mit überlackiert wurden
  8. wie gesagt, das trifft nicht auf sämtliche Produktionen zu, sondern war scheinbar auch "Tagesform"-abhängig. Es gibt durchaus Serienrahmen, die auch auf westlichen Niveau waren, aber das war wohl leider eher die Ausnahme
Mein Rad aus dem Jahre 1993 scheint am ehesten ein Modell zu sein, welches im Katalog ab 1988 als "Start Highway" , ab 1991 als "Highway Sport" bezeichnet wurde. Im Internet ( besonders auf westlichen Seiten ) findet man oft die ( falsche ) Bezeichnung "XB3 Sport" , aber wie oben ausgeführt EIN solches Modell gab es nicht, sondern "Sport" war einfach nur ein Marketing-Anhängsel bei vielen verschiedenen Modellen.

Ich möchte das hier alles nicht zu weit führen und euch langweilen - zudem arbeite ich mich selber erst mühsam in diese, hochinteressante, Thematik der russisch/ukrainischen Rennräder ein.

Interessierten kan ich nur wärmsten das krokovod-Forum empfehlen :

Nutzung auf eigene Gefahr, IT-technische Sicherheitsvorkehrungen beachten ( Firewall, Maleware-Blocker etc. )

Mir bleibt noch alle Bremsgummis zu erneuern, neue Schlauchreifen kaufen und das große KB zu richten.
Zugverlegung ist nach Vorbild ebenso das knappe LB, das ich original so übernommen habe. Evtl. werde ich es aber neu und länger wickeln.

Anbei noch ein paar Bilder ...hier ist die Sattelstütze "richtig" gedreht, was an der Optik allerdings nicht viel ändert.

Techn. Infos habe ich aus dem entsprechenden Forum übernommen und nicht selbst gewogen/geprüft :

  • Rahmengewicht in 54 : 2200g
  • Gabel : 720g
  • Tubing : Chrom-Molybdaen-Stahl mit russ. Bezeichnung 30XMA

Euch noch einen schönen Abend ! Michael

P.S.: eine traurige Beobachtung blieb mir natürlich auch im o.a. Forum nicht verborgen : das dortige Forum lebte von den sehr vielen Nutzern aus der Ukraine und speziell deren Fachwissen zu den Rädern von kHVZ und CDTB. Mit Ausbruch des Krieges sind viele Mitglieder "ausgegraut" oder "inaktiv"....entweder weil sie vermutlich schlicht und einfach im Krieg gefallen oder geflüchtet sind:(
Sowas hinterlässt schon ein beklemmendes Gefühl.....

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Da beide Laufräder "wackelten" habe ich mir heute das Lagerspiel angesehen und korrigiert. In dem Zuge habe ich mir auch die Konen angeschaut und konnte beruhigt feststellen, dass die Laufbahnen noch sehr gut aussehen. Vom Vorbesitzer weiss ich, dass das Rad nach der Emigration nach D nicht viel bewegt wurde und so sah es auch aus.

Aus Spaß habe ich auch dieses Rad auf die Waage gestellt und mit 10,5 kg für das fahrbereite Rad mit Hakenpedalen bin ich absolut fein. Für ukrainische Landmaschinentechnik nicht schlecht .

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Auf dem folgenden Bild kann man gut das nach vorn abfallende OR erkennen.
11xb3side2.jpg


Und hier das Rad auf der Waage.

gewicht.jpg


11xb3detail.jpg
 
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Nicht verschwiegen werden soll die überaus "rustikale" Fertigungs-Qualität vieler russisch/ukrainischer Räder. Was von weitem eigentlich noch recht hübsch aussieht, lässt einen beim Anblick einiger Details fast erschauern !
So etwas, in Deutschland als Gesellenstück vorgestellt, würde wohl dazu führen, dass man in der Prüfung durchfällt !

Sieht natürlich sehr schlimm aus, hält aber doch ! Nur ein "Finish" im eigentlichen Sinn scheint es kaum zu geben.

Feinschmecker wegschauen, es folgen verstörende Inhalte !

rustikal1.jpg


rustikal3.jpg


rustikal2.jpg


In den dortigen Foren gibt es daher eine Vielzahl von Berichten, wo handwerklich geschickte Besitzer solcher Räder diese selbst nachbearbeitet haben.

Also teilweise komplett entlackt, gestrahlt, Muffen befeilt bzw. mit Hartlot "aufgefüllt" und neu lackiert haben . In Deutschland würde man so etwas als Kunde nicht akzeptieren, anderswo ist man froh, so ein Rad überhaupt besitzen zu können.

Tatsächlich hatte ich selber schon die Idee, den Rahmen entlacken/strahlen zu lassen und alle Löt-/Muffenverbindungen nachzuarbeiten, aber das wäre wirklich Liebhaberei und wirtschaftlich bei so einem Rad nicht erklärbar.

Man kann sich natürlich auch einiges schön reden, dennoch übt ferade diese Urigkeit einen gewissen "Charme" aus.
 
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Nicht verschwiegen werden soll die überaus "rustikale" Fertigungs-Qualität vieler russisch/ukrainischer Räder. Was von weitem eigentlich noch recht hübsch aussieht, lässt einen beim Anblick einiger Details fast erschauern !
So etwas, in Deutschland als Gesellenstück vorgestellt, würde wohl dazu führen, dass man in der Prüfung durchfällt !

Sieht natürlich sehr schlimm aus, hält aber doch ! Nur ein "Finish" im eigentlichen Sinn scheint es kaum zu geben.

Feinschmecker wegschauen, es folgen verstörende Inhalte !

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In den dortigen Foren gibt es daher eine Vielzahl von Berichten, wo handwerklich geschickte Besitzer solcher Räder diese selbst nachbearbeitet haben.

Also teilweise komplett entlackt, gestrahlt, Muffen befeilt bzw. mit Hartlot "aufgefüllt" und neu lackiert haben . In Deutschland würde man so etwas als Kunde nicht akzeptieren, anderswo ist man froh, so ein Rad überhaupt besitzen zu können.

Tatsächlich hatte ich selber schon die Idee, den Rahmen entlacken/strahlen zu lassen und alle Löt-/Muffenverbindungen nachzuarbeiten, aber das wäre wirklich Liebhaberei und wirtschaftlich bei so einem Rad nicht erklärbar.

Man kann sich natürlich auch einiges schön reden, dennoch übt ferade diese Urigkeit einen gewissen "Charme" aus.
Ich weiß ja nicht was Du erwartet hast aber ich finde das gehört zu so einem Russenrad. Das ist einfach "schrottig" verarbeitet.
Hatte zwei Russen Motorräder und würde so ein Rad nicht mitnehmen, wenn es bei mir am Zaun lehnen würde...
Du wolltest ein Russenrad und jetzt hast Du eins 😅, Glückwunsch!
 
Bloß nicht, dann ist der ganze Charme ja weg. Ja, es ist rustikal, aber eben original. Gut verarbeitete Räder hast du doch. Danke fürs zeigen!
Da gehe ich 100% mit Dir, man sollte solche Räder auch nicht von vornherein mit einer gewissen Herablassung betrachten, sondern im historisch/wirtschaftlichen Kontext sehen.
Aus westlicher Sicht könnte man sich auch herrlich über den Trabbi mokieren, denn primitiver gehts kaum. Trotzdem finden auch solche Dinge heutzutage noch ihre Freunde/Liebhaber.

Speziell in solchen Ländern wie dem Russland der Nachkriegsjahre war wohl das vorrangige Ziel, dem "Volk" die Möglichkeit bieten zu können ein preislich erschwingliches Rad/Auto erwerben zu können. Da mussten Feinheiten oft auf der Strecke bleiben bzw. waren, wie von mir schon beschrieben, nur in Form von "Sonderbestellungen" und Einzelanfertigunen für betuchte Bürger vorbehalten.

Diese Räder wurden auch bei den Charkower Fahrradwerken, abseit der eigentlichen Produktionsstrassen in extra Räumlichkeiten produziert.

Das man in Russland/Ukraine auch anders konnte, zeigen ja die Räder von Tachyion, Vorontsov und z.B. das Moskau 80 oder Velo Super. Hier wurde dann ja z.T. auch mit Columbus oder Reynolds-Rohren gearbeitet.

Man muss auch immer bedenken, dass solche spezielle Materialien oft gar nicht vorhanden bzw. nur über Umwege beschafft werden konnten.

Ich war schon immer ein Freund von Exoten und Underdogs und gehe an so etwas mit einer ordentlichen Portion Humor, aber auch Verständnis heran. Mich interessiert so etwas einfach, von daher war es für mich kein herausgeschmissenes Geld, sondern ein interessantes Stück aus einer "anderen Welt" - man sollte ruhig offen für so was sein und nicht mit einer westlichen Arroganz auf solche Dinge herabschauen.

Und ja- ich werde mit diesem Rad auch fahren - einige kurze Testrunden gab es ja schon, allerdings wegen der alten Reifen eher vorsichtig langsam. Wie ihr seht ist das Rad auch nicht sofort unter mir zusammengebrochen und geknarrt hat auch nichts;)

Von daher alles locker angehen.

Und wie gesagt: für echte Rennradausflüge oder längere Touren habe ich ja anderes Material.
 
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Diese Räder, oder auch Motorräder, Autos (Lada-Niva) sind mit den zur Verfügung stehenden Mitteln, auf keinen Fall mit westlichen Standards zu vergleichen, produziert worden. Da kam es nicht auf Optik an, sondern auf Robustheit, Alltagstauglichkeit, Reparturfreudig, einfachster Aufbau, ohne Firlefanz. Ja interessant diese Räder, nix für mich, weil null Beziehung zu den Rädern, aber Respekt Micha vor deiner akribischen Recherche 👍😎.
 
Anlässlich der olympischen Spiele 1980 in Moskau erging an die Charkower Fahrradwerke 1979 der Auftrag, für die russischen Athleten ein konkurrenzfähiges Rad zu entwickeln. So begann die Entwicklung des Modells "Moskau 80", welches schließlich im Zeitraum von 1979-1981 gebaut und verkauft wurde.

Es wurden verschiedene Prototypen angefertigt, u.a. auch mit Einsatz von Aluminium und Titanrohren. Aus welchen Gründen auch immer, schaffte es das Moskau-80 nicht in die "Endauswahl", sondern diente einigen sowjetischen Nationalfahrern lediglich als Trainingsrad. Offenbar gab es vermehrt Probleme mit Brüchen der Titanspeichen. Serienräder wurden dann aus importierten Stahlrohren hergestellt. Diese Räder wogen für die damalige Zeit erstaunlich leichte 8,25 kg.

Für die russische Natiolmannschaft wurden dann letztendlich Tachyon Räder des Konstrukteurs Vorontsov verwendet.

Hier ein "Moskau 80"

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und hier als Bahnversion

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