Heute habe ich alle Hüllen neu gemacht, weiter Entrostungsarbeiten durchgeführt,
Bremsen eingestellt und am Rahmen noch einige Säuberungsarbeiten gemacht.
Die Bremszughüllen nach dem Ablängen sauber mit dem Minipol entgratet und geplant, damit der Innenzug schön sauber läuft - Gruß an
@Andreas P.
Des weiteren habe ich mich die letzten 3 Tage in ukrainischen/russischen Foren eingelesen, wobei mir auch meine Frau behilflich war.
Zwar bietet das web schon gute Übersetzungstools, jedoch werden gerade aus dem Russischen einige Worte oder technische Begriffe völlig falsch übersetzt, so werden z.B. aus Strebenspiegeln "Pfeifen" und ähnliches mehr

Da meine Frau schon in der Schule Russisch lernen musste, konnte sie mir da bei mancher Verwirrung helfen
Immer wieder ergab sich aber, dass auch die "Russen" selbst, Namen, Firmennamen etc. verschieden abkürzen oder auslegen. Ich werde solche "Unsicherheiten" in der Übersetzung erwähnen...
So kann ich nun einige Infos aus "erster" Quelle nachreichen, die den "Experten" hier vielleicht bekannt sind, aber sicher nicht jedem :
- es ist demnach tatsächlich so, dass in der Regel das Baujahr eines Rahmens/Rades der Charkower Fahrradwerke auf dem rechten Ausfaller eingeschlagen ist. Dabei gibt es eine Zahlenfolge oben und eine Zahl unten. Die obere ist die Rahmennummer ( bei mir 2659 ), die untere gibt das Baujahr an ( bei mir "93" ).
- das bei meinem Rahmen verwendete Steuerkopf-Symbol wurde erst bei Rädern, die nach dem Zerfall der UdSSR im Dezember 1991 gebaut wurden eingeführt ( davor gab es die Schwalbe auf Blechschild ), diese Räder sind reine "Ukraine" Räder und tragen dementsprechend auch keinen Aufkleber "Made in USSR" mehr.
- Aber auch hier gibt es wieder Ausnahmen ( in "Russland" ist vieles möglich
) : so wurden sogenannte "Sonderbestellungen" bzw. "Sondermodelle" bereits ab 1988 mit diesem Steuerkopf-Symbol beklebt !
- die mit Abstand grösste Fahrradfabrik in der UdSSR bzw. später Ukraine,war das KhVZ Charkower Fahrradwerk , anzumerken ist hier, dass man auch die Abkürzung HVZ antrifft.
- die zweite "berühmte" Marke ist CDTB. Bekannt wurde CDTB durch die Entwicklung der sogenannten Tachyon Räder u.a für die Nationalmannschaften der UdSSR, Kasachstan, Kirgisien etc.
- CDTB war dabei quasi das Gegenteil von KhVZ, nämlich ein großes Ingenieursbüro mit einer kleinen Produktionshalle für den Bau von Prototypn und Mustern. Man entwickelte dort Konstruktionen für die gesamte Fahrradindustrie der UdSSR
- bei KhVZ war es genau andersrum : ein kleines Entwicklerbüro, dafür aber riesige Produktionshallen für die Massenfertigung
- Verwirrung gibt es speziell für uns "Ausländer" wohl auch immer wieder bei den Modell-Namen bzw. der Identifizierung eines Rahmens bzw. Komplettrades. So war ich bis gestern noch der Meinung, mein Rad wäre einfach ein "XB3 Sport", aber sooo einfach ist das nicht !

- HVZ nutzte das Anhängsel "Sport" geradezu inflationär bei seinen Modellbezeichnungen ! "Sport" konnte vom Tourenrad bis zum maßgeschneiderten Rennrad alles sein! Dazu kommt, dass es innerhalb der einzelnen Modellreihen und Generationen immer wieder "Übergangsmodelle" gab, die Merkmale beider Generationen/Typen in sich vereinten. Ganz zu schweigen von den sogenannten "Sonderbestellungen". Im russischsprachigen Raum sind dazu ganze Fachbücher geschrieben worden.
- Thema "Sonderbestellungen" : es gab bei HVZ das normale Fertigungsprogramm, aber auch immer wieder Kleinserien oder gar Einzelanfertigungen für solvente Einzelpersonen, Vereine etc.. Zumeist beruhten diese auf höherwertigen Serien-Rahmen, die dann aber mit ausgesuchten Komponenten bestückt wurden. Offenbar kam es sogar vor, dass extra dafür Komponenten aus dem Ausland beschafft wurden, z.T. auf privatem Wege !
- Bei diesen "Sonderbestellungen" war auch die Fertigungs-Qualität deutlich höher, während man bei der Serien-/Massenproduktion zumindest starke Qualitätsschwankungen antrifft. Man muss offen zugeben, dass wohl zumindest bis Mitte der 90er Jahre die durchschnittliche Fertigungsqualität so war, dass man solche Räder auf dem westlichen Markt nicht konkurrenzfähig hätte präsentieren können !
- Technisch waren die Räder durchaus in Ordnung, aber das sogenannte "Finish" war oft von einer Qualtät, die man hier nicht akzeptieren würde. Oft genannte Beispiele :
- nicht komplett gelötete Muffenverbindungen/Lötspalte
- oder das Gegenteil : zuviel Lot, welches sich in Form von Tropfen und Spritzern auf den Rahmenrohren verteilt findet
- solche Fehlstellen wurden in der "Endkontrolle" z.B. auch nicht befeilt/entfernt
- schief angelötete Streben !
- schiefe bzw. asymetrische Gabelscheiden ab Werk
- schlechte Gewinde
- zwar dicke, haltbare Lackierungen, die aber oft unsauber ausgeführt wurden bzw. Fehlstellen halt einfach mit überlackiert wurden
- wie gesagt, das trifft nicht auf sämtliche Produktionen zu, sondern war scheinbar auch "Tagesform"-abhängig. Es gibt durchaus Serienrahmen, die auch auf westlichen Niveau waren, aber das war wohl leider eher die Ausnahme
Mein Rad aus dem Jahre 1993 scheint am ehesten ein Modell zu sein, welches im Katalog ab 1988 als "Start Highway" , ab 1991 als "Highway Sport" bezeichnet wurde. Im Internet ( besonders auf westlichen Seiten ) findet man oft die ( falsche ) Bezeichnung "XB3 Sport" , aber wie oben ausgeführt EIN solches Modell gab es nicht, sondern "Sport" war einfach nur ein Marketing-Anhängsel bei vielen verschiedenen Modellen.
Ich möchte das hier alles nicht zu weit führen und euch langweilen - zudem arbeite ich mich selber erst mühsam in diese, hochinteressante, Thematik der russisch/ukrainischen Rennräder ein.
Interessierten kan ich nur wärmsten das krokovod-Forum empfehlen :
Nutzung auf eigene Gefahr, IT-technische Sicherheitsvorkehrungen beachten ( Firewall, Maleware-Blocker etc. )
Mir bleibt noch alle Bremsgummis zu erneuern, neue Schlauchreifen kaufen und das große KB zu richten.
Zugverlegung ist nach Vorbild ebenso das knappe LB, das ich original so übernommen habe. Evtl. werde ich es aber neu und länger wickeln.
Anbei noch ein paar Bilder ...hier ist die Sattelstütze "richtig" gedreht, was an der Optik allerdings nicht viel ändert.
Techn. Infos habe ich aus dem entsprechenden Forum übernommen und nicht selbst gewogen/geprüft :
- Rahmengewicht in 54 : 2200g
- Gabel : 720g
- Tubing : Chrom-Molybdaen-Stahl mit russ. Bezeichnung 30XMA
Euch noch einen schönen Abend ! Michael
P.S.: eine traurige Beobachtung blieb mir natürlich auch im o.a. Forum nicht verborgen : das dortige Forum lebte von den sehr vielen Nutzern aus der Ukraine und speziell deren Fachwissen zu den Rädern von kHVZ und CDTB. Mit Ausbruch des Krieges sind viele Mitglieder "ausgegraut" oder "inaktiv"....entweder weil sie vermutlich schlicht und einfach im Krieg gefallen oder geflüchtet sind

Sowas hinterlässt schon ein beklemmendes Gefühl.....